Erdwind
hinauf, doch er sah nur schwankende Pflanzen und wi r belnde Wolken. „Ja, ich erinnere mich an die Männer, von d e nen du sprichst.“
Er dachte jedoch an etwas anderes; an eine Konsultation mit Schiffs-Meister Karl Gorstein; an eine Voraussage, die er erst vor ein paar Stunden gemacht hatte und die sowohl den Schiffs-Meister als auch den Rationalisten erschreckt hatte, obwohl As h ka sich nichts hatte anmerken lassen.
Er verbirgt seine Schande , hatte das ching gesagt, und Gorstein hatte gesagt: persönliche Katastrophe, die von einem Fehlschl a gen dieser Mission herrührt. Und Gorstein ging ni e mals gegen schlechte Trends an, leitete niemals den Strom der Wandlungen und der Zeit um, damit er ihn näher an die sichere Küste trüge, weg von den todesträc h tigen, tieferen Gewässern. Seine Untätigkeit oder sein g e dankenl o ses Handeln beim Versuch, persönliches Unheil zu vermeiden, könnte durchaus zum Fehlschlagen der Mi s sion führen.
Die Oberen.
Ja, Gorstein war ein Oberer – die Autorität an Bord –, er füh r te das Schiff, bestimmte das Leben derer an Bord, und er bestimmte über Ashka, so wie Ashka über seine korrelat i ven Programme bestimmte. Ashka stand zu diesem Manne in einem totalen Dienstverhältnis, wie das auch bei der g e samten Besatzung der Gilbert Ryle der Fall war. Und doch war das irgendwie richtig; es verbitterte den Asiaten ke i neswegs, er hatte überhaupt nicht das Gefühl, daß dabei e t was nicht stim m te.
Alle Menschen waren Schachfiguren, Partikel, aufta u chend, hin und her geschoben auf der Oberfläche des tao. Äußere Ordnung kam aus innerer Ordnung, und Gorstein war ein Mann, der Or d nung schuf. Mit der Art, wie er das Schiff füh r te, wie er sich der Autorität bediente, Aufsicht über Leib und Seele der Menschen seiner Umgebung führte, schuf er Or d nung und Ruhe. Gorstein war kein Symbol der Autorität – er war die konkrete, personif i zierte Autorität, und für Ashka war er die Verkörperung der Gr ö ße, war er alles, was Ashka an Führung auf dem irdischen Plan brauc h te – Gorstein und das ching, das vollkommene Duett der gleichgewichtigen Kräfte.
Die Oberen werden zwischen uns stehen. Schiffs-Meister Go r stein! Das mußte es sein.
Jemand rief Iondais Namen; die beiden Seher traten in den Win d strom hinaus und starrten auf die einsame Gestalt eines nackten Mädchens, das reglos auf dem Grat stand und zu ihnen herunte r sah.
„Das ist Moir, von der Familie, die ich erwähnte. Die ne t teste von ihnen. In ein paar Jahren wird sie eine große Jäg e rin und eine große Kriegerin sein.“
Ashka sah das Mädchen an und fragte sich, ob Iondai das aus einer Prophezeiung hatte oder ob er es nur aus Wohlg e fallen an ihrer kraftvollen Körperlichkeit sagte: Sie war muskulös, fast maskulin – aber maskulin nur nach dem in Ashkas Kultur gelte n den Kanon.
„Laß uns allein“, sagte Iondai, und Ashka, wenn auch enttäuscht, gehorchte. Er trat gebückt in den Gang hinein und t a stete sich zurück in Iondais Wohnkammer.
Ein paar Minuten später kam Iondai selbst, traurig und e r regt. „Es hat ein Duell gegeben, einen Ehrenhandel“, sagte er hastig. „Wir müssen zum Feuer.“
Ohne weiter zu fragen, doch neugierig, worum es bei di e sem Duell gegangen sein mochte, folgte Ashka dem Seher den dri t ten Gang hinauf zu dem niedrigen Altar am Rande der Feuer-Halle.
Als sie in das trübe Licht hinaustraten, war das erste, was Ashka sah, eine große Blutlache auf dem Boden. Erregung lag in der Luft.
Was war dort geschehen? Wer war gefallen – und wa r um? Er suchte in dem düsteren Feuerschein nach irgend e t was, das ihm Antwort auf seine unausgesprochene Frage geben konnte.
Dann hörte er eine bekannte Stimme, einen zornigen Au s ruf, unmißverständlich genauso einen, wie er ihn gestern am Fluß gehört hatte, als dieser junge Steinzeitler Elspeth Mue l ler ve r prügelt hatte.
Er ging hinter Iondai her zu der Gruppe der Jünglinge. „So etwas würde kein gutes Orakel verlangen!“ sagte die Stimme erregt.
Hatten sie es bereits erfahren?
„Es hat es aber verlangt“, sagte Iondai gelassen, und die Menge wich zurück.
Erschrocken fuhr Ashka zusammen, als er Elspeth Mue l ler dort sitzen sah, angstvoll und verstört. „Und das ching verlangt es auch“, sagte er zu ihr, „ich habe es befragt.“
Ihre Augen blieben ausdruckslos. Irgendwo wimmerte e i ne Frau. Ashka wandte sich um; er wollte wissen, was da vorging, doch er konnte
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