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Erdzauber 03 - Harfner im Wind

Erdzauber 03 - Harfner im Wind

Titel: Erdzauber 03 - Harfner im Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia A. McKillip
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wieder auf, wanderte wieder nordwärts, dem endlosen Ufer des Weißen Sees folgend.
    Die Gestaltwandler ließen sich nicht wieder sehen, und er erreichte schließlich die brodelnden weißen Wasser des Flusses Cwill, dort, wo er schäumend aus der nördlichsten Spitze des Sees hervorbrach. Von hier aus konnte er den Rücken des Isig- Passes sehen, das ferne, gewellte Vorgebirge, die kahlen Gipfel des Berges Isig und des Erlenstern-Bergs. Und hier machte er noch einmal einen verzweifelten Versuch, sich die Freiheit zu erringen. Er ließ sich in die unbändige Strömung des Cwill fallen, ließ sich von ihr herumwirbeln, bald als Fisch, bald als dürrer Ast eines Baumes, ließ sich durch tiefe, strudelnde Wasser gleiten, Stromschnellen und donnernde Wasserfälle hinunter, bis er alles Zeitgefühl und alle Orientierung verlor. Die Strömung jagte ihn durch endlose Strudel und Stromschnellen, bis sie ihn schließlich in ein sanftes, grünes Becken hineinspie. Er kreiselte noch eine Weile, ein Stück wasserdurchtränkten Holzes, und dann zog ihn die sanfte Strömung zum Ufer hin, in ein wirres Geflecht welker Blätter und dürrer Äste. Er zog sich schließlich hoch, eine nasse, glitschige Bisamratte, und suchte sich seinen Weg über das Gitterwerk von Ästen zum Ufer.
    Draußen in den Schatten wechselte er wieder die Gestalt. Er war nicht so weit östlich gekommen, wie er geglaubt hatte. In abendliche Schatten getaucht, stand der Erlenstern-Berg massig und starr in der Ferne. Doch er war jetzt näher an Isig, das wußte er; wenn er es sicher erreichen konnte, dann konnte er sich auf endlose Zeit im Gewirr der unterirdischen Gänge auf dem Grund des Berges verborgen halten. Er wartete, bis die Nacht hereinbrach, ehe er wieder aufbrach. In der Gestalt eines Bären dann trottete er in die Dunkelheit hinein, den Sternen entgegen, die über dem Berg Isig funkelten.
    Er folgte ihnen, bis sie beim Morgengrauen verblichen. Dann kam er, ohne es zu merken, von seinem Weg ab. Die Bäume rückten näher zusammen um ihn herum und verwehrten ihm den Blick auf den Berg; undurchdringliches Unterholz und Dornengebüsch zwangen ihn, immer wieder abzuschwenken. Jäh senkte sich das Land abwärts; er folgte einem ausgetrockneten Flußbett durch eine Schlucht und glaubte, er wanderte nordwärts. Doch als der Graben wieder in ebenem Gelände mündete, sah er vor sich den Erlenstern-Berg. Wieder nahm er Kurs nach Osten. Mit dem Wind flüsternd, umdrängten ihn die Bäume; Dickicht und Unterholz versperrten ihm den Weg, zwangen ihn, die Richtung zu ändern, bis er, als er durch einen seichten Fluß watete, durch eine Lücke in den Bäumen vor ihm wieder den Erlenstern-Berg sah.
    In der Mitte des Flusses blieb er stehen. Die Sonne hing tief im Westen, flackerte wie eine heiße Fackel am Himmel. Ihm war heiß unter dem zottigen Bärenfell, und er war hungrig. Er hörte das Summen von Bienen und schnupperte in die Luft, in der Hoffnung, Honig zu riechen. Ein Fisch glitt im seichten Wasser wie ein Pfeil an ihm vorüber; er schlug nach ihm und fehlte. Ein undeutliches leises Grollen in den Tiefen des Bärengehirns schärfte sich zu Sprache. Im Wasser fuhr er zurück, während sein Kopf von einer Seite auf die andere schwankte, und krauste die Schnauze, als könnte er die Gestalten riechen, die sich um ihn herum geformt hatten und ihn von Isig wegdrängen wollten.
    Er spürte, wie sich in ihm etwas aufstaute, und blies es frei: ein tiefes, brennendes Brüllen, das die Stille zerriß und von den
    Hügeln und Felskaminen zu ihm zurückprallte. In Habichtgestalt dann brannte er einen goldenen Pfad hoch in den Himmel hinein, bis das Hinterland sich endlos unter ihm dehnte, schoß auf den Berg Isig zu.
    Die Gestaltwandler lösten sich aus den Bäumen und flogen ihm nach. Eine Zeitlang jagte er ihnen in einem betäubenden Tosen von Geschwindigkeit voraus, dem fernen grünen Berg zu. Doch als die Sonne unterging, kamen sie ihm näher. Sie waren von namenloser Gestalt. Ihre Schwingen waren aus dem Rot und dem Gold der untergehenden Sonne; ihre Augen und Klauen waren aus Feuer. Ihre scharfen Schnäbel waren knochenweiß. Sie holten ihn ein und umringten ihn, stürzten sich hackend und pickend auf ihn, bis seine Flügel zerfleddert waren und seine Brust mit Blut befleckt. Er schwankte in der Luft; sie stürzten sich auf ihn, nahmen ihm mit ihren Schwingen die Sicht, bis er einen einzigen durchdringenden, verzweifelten Schrei ausstieß und sich vom Berg Isig

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