Erfindung der Violet Adams
einen Schritt zurück, um Pallas zu bewundern.
»Mein Gott«, sagte er, »das ist brillant. Aber hast du keine Angst, dass du die Hässlichere sein wirst, wenn du in einem Kleid aus ihr heraustrittst und neben ihr stehst, Frau neben Frau, bereit zum Vergleich?«
»Das Risiko gehe ich gerne ein. Sie ist vielleicht schöner als ich, aber ich werde einen Mann nicht so leicht zerquetschen. Nicht ganz so leicht.«
Ashton lachte und sah sich Pallas noch eine Weile an. »Hör zu«, begann er schließlich. »Ich muss dir etwas sagen.«
»Ja?«
»Vater wird hierher kommen.«
»Wie bitte?«, fragte Violet. Sie spürte ein leichtes Klingeln in ihren Ohren und wie ihr Rücken verspannte.
»Offensichtlich vermisst er uns schrecklich und hat genug von Amerika gesehen, sodass er nach Hause gekommen ist, um den Sommer hier zu verbringen, statt sich die Südstaaten anzusehen. Er hat gesagt, dass er im September zurück zu der Konferenz fährt. Und weil er uns so vermisst, will er uns mit auf die wissenschaftliche Ausstellung in Illyria nehmen . Heute Morgen hat ein Bote die Nachricht gebracht.«
»Wann wird er hier sein?«, fragte Violet. Ihr Puls raste, und sie spürte, wie Schweiß ihre Brauen hinunterlief.
»Kurz vor der Teestunde, glaube ich.«
»Das ist in Ordnung«, sagte Violet. Ashton sah sie neugierig an. »Die Königin will die Ausstellung nach dem Essen besuchen, hat man uns gesagt. Der Duke wird sie persönlich an jeden Stand führen, und wir sollen uns unsere beste Darbietung für dann aufbewahren. Vater wird danach eintreffen, sodass das ganze Drama bis dahin vorbei ist.«
»Du willst deine wahre Identität wirklich vor der Königin aufdecken?«
»Kannst du dir eine verständnisvollere Person vorstellen, um meine wahre Identität zu enthüllen?«
Ashton legte den Kopf schief, dann nickte er zustimmend. »Stimmt. Direkt nach dem Essen?«
»Dann geht es los.«
»Bis dahin bin ich zurück. Ich sollte wohl mal nach Antony sehen. Ich habe ihn an Tobys Stand zurückgelassen und bin mir nicht sicher, zu was das führen kann. Ich bin kein Wissenschaftler.« Violet lachte. »Oh«, meinte Ashton, als er weiterging, »noch eins – hast du das Ausstellungsstück des Dukes gesehen? Am anderen Ende der Halle?« Violet schüttelte den Kopf. »Du solltest es dir ansehen, bevor du gehst«, grinste Ashton und verschwand in der immer dichter werdenden Menge.
Am Vormittag sahen sich immer mehr Laien die Ausstellung an, viele Gouvernanten und Mütter mit Kindern. Mehrere kleine Mädchen kamen an Violets Stand und starrten verwundert zu Pallas hoch, was Violet grinsen ließ, doch als sie sich zu ihnen hinunterbeugte, um sie zu fragen, ob sie Pallas in Aktion sehen wollten, liefen sie schnell zurück zu ihren Aufsichtspersonen.
»Kann sie tanzen?«, fragte ein Mann und blickte zu Pallas hoch. »Sie ist viel zu groß, um zu tanzen.«
»Nein«, antwortete Violet, »sie kann nicht tanzen. Sie arbeitet. Sie kann sich in alle Richtungen bewegen, und jede ihrer Hände kann ein Gewicht von der Schwere eines Pferds hochheben.«
»Sie kann also nicht tanzen?«, fragte der Mann. Violet schüttelte den Kopf. Der Mann zuckte mit den Schultern und ging weiter. Violet sah ihm stirnrunzelnd nach.
»Zeigst du mir, was sie kann?«, ertönte eine dünne Stimme hinter ihr. Violet schaute sich um und sah eins der kleinen Mädchen, das eben weggelaufen war. Eine Frau in einem strengen marineblauen Kleid stand ein paar Fuß entfernt und blickte misstrauisch zu ihnen herüber.
»Natürlich«, sagte Violet und führte vor, wie Pallas einen der Stühle hochhob. Das kleine Mädchen klatschte in die Hände, als Violet wieder aus Pallas herauskam.
»Wie haben Sie sie gebaut?«, wollte das kleine Mädchen wissen.
»Das war harte Arbeit«, sagte Violet. »Ich musste mir überlegen, welche Teile wohin kommen, und sie anfertigen. Ich wette, wenn du älter bist, wirst du noch etwas Besseres bauen.«
Das kleine Mädchen steckte den Daumen in den Mund und schüttelte den Kopf, sah zu Boden und kicherte.
»Sara«, rief das kleine Mädchen der blau gekleideten Frau zu, »die Dame sagt, wenn ich größer bin, kann ich Erfinderin werden wie Sie!«
»Das ist ein junger Mann, Carlotta!«, sagte Sara mit flachem amerikanischem Akzent. Carlotta drehte sich verwirrt wieder zu Violet um. Violet kniete sich hin, sodass nur Carlotta sie sehen konnte, legte einen Finger auf ihre Lippen und blinzelte ihr zu. Carlotta kicherte erneut und rannte zurück zu Sara, die
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