Erfindung der Violet Adams
sie an der Hand nahm und zum nächsten Stand führte.
Violet war so damit beschäftigt, Pallas’ Können zu demonstrieren und Fragen zu beantworten, dass sie keinen Moment übrig hatte, sich den Stand des Dukes anzusehen. Bis zum Mittagessen, als es langsam leerer wurde, war der Kristallpalast viel zu voll. Schließlich konnte sie wieder durch die Menge blicken und sah zu den Ständen ihrer Freunde hinüber: Toby schien kein Bier mehr zu haben und sehr verärgert darüber zu sein, und Fionas Frisur stand – wahrscheinlich durch ihr fortwährendes Niesen – kurz vor dem Einsturz; doch ansonsten sahen alle glücklich, stolz und müde aus. Violet winkte Jack zu, der sie anlachte. In diesem Moment entdeckte sie die große Menschenmenge am anderen Ende der Halle. Sie wurde von Wachen und Leuten in außergewöhnlich feinen Kleidern flankiert, bewegte sich bedächtig und blieb an jedem Stand stehen. Es musste sich um die Königin und ihr Gefolge handeln.
Violet schluckte. Ihre Handflächen schwitzten – würden sie zu glitschig sein, um die Steuerung zu bedienen oder das Kleid anzuziehen, das sie in Pallas versteckt hatte? Und was war mit ihrem Haar? Fiona hatte ihr gezeigt, wie sie es schnell zu einem falschen Knoten hochstecken konnte, und sie hatte geübt, bis sie es in weniger als einer halben Minute schaffte, doch sie hatte es nie mit schwitzigen Fingern versucht. Würde der Duke sie mit kurzen Haaren lieben? Sie blickte kurz zu Tobys Tisch hinüber. Er hatte definitiv kein Bier mehr. Alle starrten jetzt dem Gefolge der Königin entgegen, das die Große Halle des Palasts betrat. Alle Bürgerlichen waren hinausbeordert worden, und der Adel und die Wissenschaftler gruppierten sich um die Königin, um einen kurzen Blick auf sie zu werfen oder sich ihr zu Ehren die Vorführungen anzusehen.
Die Zeit verging langsam. Sie sah sich jeden Stand an, nachdem ihr Gefolge weitergegangen war. Der entsprechende Schüler sah jedes Mal aus, als hätte der Adel ihn in Panik versetzt und nicht nur ausgefragt. Als sie Tobys Stand verließen, war er ganz rot im Gesicht und machte einen nervösen Eindruck, und als sie sich Drews Exponat angesehen hatten, musste Fiona Drew Luft zufächeln, der offenbar in ihren Armen in Ohnmacht gefallen war. Bemerkenswerterweise schien Merriman unversehrt und glücklich, als sie mit ihm fertig waren, doch Violet hatte wenig Zeit, ihn auszufragen, denn sie war die Nächste.
Die Königin war keine große Frau, noch sah sie sonderlich beeindruckend aus. Sie erinnerte eher an eine liebevolle Großmutter als an die Herrscherin des Imperiums. Mollig, die Krone auf den dünnen, weißen Haaren, blickte sie Violet mit gütigen Augen erwartungsvoll an. Sie hielt einen großen offenen Fächer in der Hand, mit dem sie sich gelegentlich Luft zufächelte. Um sie herum standen diverse Berater und einige Mitglieder des Parlaments. Und der Duke, der offenbar die ganze Zeit geredet hatte, während Violet die Königin anstarrte.
»Mr Adams?«, ermunterte sie der Duke.
»Ja«, sagte Violet. »Es tut mir leid, Eure Majestät. Entschuldigung, Eure Majestät.« Die Worte kamen Violet schwer über die Lippen. Ein paar der Adligen kicherten, doch die Königin lächelte ihr beruhigend zu.
»Nehmen Sie sich Zeit, mein Lieber«, sagte sie, »und seien Sie nicht nervös. Wir möchten uns nur gerne ansehen, was Ihre Erfindung kann. Sie ist wunderschön, nicht?«
»Ja, Eure Majestät«, meinte einer der Berater. »Sie hat Ähnlichkeit mit Eurer Hoheit, wenn ich mir die Freiheit erlauben darf.«
Die Königin kicherte und sah den Berater kurz an. »Sie sollten die Königin nicht anlügen.«
»Was kann sie?«, fragte ein sehr unwirsch aussehender Mann, der neben der Königin stand.
»Lassen Sie es ihn erklären, Mr Gladstone«, sagte die Königin, und alle drehten sich zu Violet um, die schluckte.
»Ich habe sie Pallas genannt«, begann Violet, räusperte sich und sprach mit so männlicher Stimme, wie sie vermochte. »Sie wird von einer Person gelenkt, und ihre Handhabung ist leicht erlernbar. Sie kann sich in jede Richtung drehen, sich so schnell wie ein Pferd im ruhigen Trab bewegen und mit jeder Hand das Gewicht eines großen Hengstes heben. Darüber hinaus läuft sie mit einem Aufziehmotor, den ich selbst entworfen habe und der ihre eigene Energie wiederverwertet, sodass es nur einiger Schlüsseldrehungen bedarf, damit sie mehrere Tage funktioniert. Das Material, aus dem ich den Motor gebaut habe, wurde von Miss Cecily
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