Erfolg
Sandhuber hielt das Gerede des Metzgergesellen für Eifersucht, sie freute sich, daß sie immer noch Kavaliere anzog, und als der junge Mensch in der Lederjacke sie aufforderte, an einem der nächsten Abende mit ihm im Auto nach Starnberg zu fahren, nahm sie strahlend an.
Leider war man im Auto nicht allein. Der Lederbejoppte, er hieß Ludwig und sah auch so aus, hatte zu seinem Bedauern zwei Freunde, die ihm die Benutzung des Autos verschafft hatten, nicht wohl von der Lustfahrt ausschließen können. Der eine Freund war ein besonders Feiner, fast gigerlhaft, ein Kavalier. Der andere gefiel der Amalia weniger; er war ungeschlacht, traumhappig, und während der Feinebei der Vorstellung der errötenden Amalia die Hand küßte, schaute dieser sie nur schwer an und nickte kaum mit dem Schädel.
Es war spät am Abend, als man losfuhr. Ein Südwind hatte sich aufgemacht; man merkte nicht, daß es Dezember war. Der meiste Schnee war weggeschmolzen. Die Freunde saßen vorn. Die Amalia und der Ludwig saßen im Fond, es war eine hübsche Limousine, und die Amalia war stolz auf den Ludwig und auf die Fahrt; doch nicht ganz so froh, wie sie erwartet hatte, weil nun die andern dabei waren. Es war gut, daß der Ludwig kein so Frecher und Zudringlicher war, aber etwas mehr das Maul auftun hätte er schon können. Die vorne freilich schienen noch schweigsamer. Sie fuhren langsam, dem Süden zu, über die Vorstadt Sendling gegen den dünnen, weiten, menschenleeren Forstenrieder Park.
Ja, die vorne, Erich Bornhaak, der am Steuer saß, und der Boxer Alois Kutzner, hatten einander wenig zu sagen. Denn alles war gesagt. Der Boxer schaute stumpf auf den Weg, den der Lichtkegel des Autos heraushob. Er schwitzte in der Dezembernacht; der Föhn war beklemmend. Er war froh, daß man nun endlich eine klare Tat vor sich sah, etwas, das Hand und Fuß hatte. Es dauerte auch schon gar lang mit der Angelegenheit des Königs Ludwig II. Die Jungen redeten und versprachen; aber der alte Herrscher saß noch immer in gemeiner, niedriger Haft. Der Boxer Alois, wie der Erich ihn aufforderte, bei der Erledigung eines Verräters mitzumachen, war gleich dabei. Wenn man auch nicht genau sah, wie: schuld waren sie alle, daß der König eingesperrt war, die ganze Verräterbagage war schuld. Es war gut, daß nun endlich etwas geschehen sollte, daß man den Kutzner Alois brauchen konnte, seine Kraft, seine Hände. Einem an die Gurgel können, einem den roten Saft auspressen können, das tat wohl, das erleichterte.
Das Fräulein Amalia Sandhuber mittlerweile saß neben ihrem Ludwig, schob ihre Hand in die seine, aber er reagierte nicht recht. Er war immer so genant. Heute war er ein besondersSchweigsamer. Das war wohl auch, weil er an seinen Vater dachte, und wie er als Knabe mit ihm durch eben diesen Wald schwarz gefahren war, die Wildsäue der Königlichen Jagd aufstöbernd. Aber das wußte die Amalia nicht. »Schad ist«, sagte sie, »daß die andern dabei sind.« – »Eine größere Gesellschaft ist alleweil fideler«, wich er aus. »Ja schon«, sagte sie, »aber schad ist es doch.«
Die gute, gepflegte Straße war leer an diesem unangenehm föhnigen Winterabend, der einen in allen Gliedern kitzelte. Kaum daß man einmal einem andern Wagen oder einem Radfahrer begegnete. Jetzt, kurz hinter einem Forsthaus, bog der Wagen gar noch von der Straße ab in einen Seitenweg, der aufgeweicht war von dem schmelzenden Schnee. Der Wagen schaukelte, umspritzt von Kot. »Wohin fährt er denn?« fragte das Mädchen. »Ich dachte, wir wollen nach Starnberg.« –»Hier ist ein näherer Weg«, sagte der Ludwig. »Aber kommt er denn da durch?« fragte das Mädchen. Er kam offenbar nicht durch, denn jetzt hielt der Wagen. Die vorne stiegen aus. »Was ist denn?« fragte das Mädchen. »Das hätte ich den Herren gleich sagen können, daß wir hier nicht weiterkommen.« – »Wir kommen schon weiter, wenn wir wollen«, sagte der Ungeschlachte, Traumhappige; er gefiel der Amalia immer weniger. Der andere sagte gar nichts. »Ja, was ist also?« fragte das Mädchen. »Müssen wir nicht zurück, wenn wir nach Starnberg wollen?« – »Ach was, Starnberg!« sagte der Boxer und dachte finster an den See, in den sich sein König angeblich hineingestürzt hatte. »Alles aussteigen, Herrschaften!« rief jetzt fröhlich der Feine. »Sie werden sehen, Fräulein, hier ist es viel heimlicher.« – »Ja«, mischte sich jetzt auch ihr Ludwig ein, »hier wird’s zünftig.« Das Mädchen
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