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Erfolg

Erfolg

Titel: Erfolg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Wort.
    Um diese Zeit machte sich ein etwa dreißigjähriger Metzgergehilfe an sie heran. Er war ein derber Bursche. Sie gefiel ihm anscheinend, er führte sie sonntags aus, das Verhältnis mit ihm dauerte länger als mit ihren andern Liebhabern. Sie war glücklich. Nur schade, daß man sich so selten traf. Alle zwei Wochen den Sonntag hatte sie Ausgang; sonst war es nicht leicht, auf mehr als ein paar Minuten und ungestört zusammenzukommen. Jetzt freilich herrschte geschäftige Bewegung im Haus des Generals. Die Generalin war verreist; wenn man genau wußte, daß gewisse Besuche kamen, dann konnte man sich vielleicht auf ein oder zwei Stunden in der Nacht frei machen. Der Metzgergehilfe also, um das nächste Rendezvous mit Amalia vereinbaren zu können, mußte vorher wissen, wann wieder diese gewissen Besucher kämen. Amalia war gut informiert. Man konnte disponieren.
    Den Wahrhaft Deutschen fiel auf, daß man in Linkskreisengenau wußte, wer bei dem General Klöckner verkehrte, wann Zusammenkünfte stattfanden. Das war nicht weiter schlimm; der General konnte empfangen, wen er wollte. Immerhin, ein Verräter mußte im Haus des Generals sein. Das Wort Verräter war beliebt in den Kreisen der Wahrhaft Deutschen. Einer ihrer romantischen Vereinsartikel lautete: Verräter verfallen der Feme. Die Feme war eine Einrichtung des deutschen Mittelalters gewesen, eine Vereinigung, die, ohne viel Wirkung übrigens, die umständliche offizielle Gerichtsbarkeit ersetzen wollte durch eine raschere, volkstümlichere. Die patriotische Strömung ließ diese Einrichtung neu aufleben: aber umgedeutet nach dem Vorbild gewisser Indianer- und Knabenbücher, verwandelt in eine romantisch unheimliche Institution, die alle diejenigen, die ihr nicht genehm waren, auf den Befehl undeutlicher Vorgesetzter erledigte. Durch diese finstere Gerichtsbarkeit der Wahrhaft Deutschen fanden mehrere hundert Menschen ihr Ende. Irgendwelche nun unter den Patrioten warfen Verdacht auf das Dienstmädchen Amalia Sandhuber, sie sei schuld an den Verrätereien im Hause des Generals. Als gar nach einer Zusammenkunft bei dem General ein heimliches Waffendepot den Behörden denunziert wurde, so daß die Vertrauensleute der Patrioten bei der Polizei die Waffen kaum mehr rechtzeitig für die Partei retten konnten, verurteilte die Feme die Hausgehilfin Amalia Sandhuber kurzerhand zum Tode. Den General behelligte man nicht erst; es genügte, daß jemand das Mädchen zusammen mit einem Metzgergesellen gesehen hatte, der der Kommunistischen Partei angehörte.
    Nun hatte das Verschwinden mehrerer von der Feme Verurteilter Aufsehen gemacht. Die Linkszeitungen brachten empörte Artikel, die Behörden machten die Wahrhaft Deutschen darauf aufmerksam, daß sie nicht länger untätig zusehen könnten. Es war also die Vollstreckung des Urteils an der Hausgehilfin nicht ohne Gefahr. Erich Bornhaak sah hier die Möglichkeit einer finster strahlenden Tat. Er übernahm den Auftrag, das Fräulein heimlich und doch so, daß es eine Drohung für alle Verräter war, zu erledigen.
    General Klöckner hielt mehrere Hunde, die das Dienstmädchen Amalia Sandhuber ab und zu hinausführen mußte. Auch sonst ergab sich oft Gelegenheit für das neugierige, geschwätzige Geschöpf, zur Besorgung einer beruflichen Aufgabe auf die Straße hinauszuwischen. Der General wohnte in einem Villenviertel, einem stillen, vornehmen Stadtteil. Die Häuser standen, jedes für sich, in ihren Gärten; die Straße war wenig belebt, so daß der einzelne einem auffiel. In den letzten Tagen fiel der Amalia ein hübscher Bursch in der Lederjacke eines Chauffeurs auf. Kaum trat sie auf die Straße, war gleich auch er da, strich um sie herum, hatte offenbar Scheu, sie anzusprechen. Wie sie ihn ermunternd anlachte, tat er schließlich doch den Mund auf, derbgalant, etwas unbeholfen. Im Gegensatz zu den landesüblichen Sitten ging er nicht gleich aufs Ganze, sondern ließ mehrere Tage verstreichen, und es war immer noch nichts geschehen. Das schien der Hausgehilfin kavaliermäßig; auch hatte sie eine fast mütterliche Neigung für den in Liebesdingen offenbar unerfahrenen Jungen. Zwar der Metzgergeselle warnte sie: der Kerl habe ein verdrucktes, hakenkreuzlerisches Geschau, und sie solle sich in acht nehmen, von dort komme nichts Gutes. Er glaube nicht, daß der Hundshäuter sich ohne bestimmte Absicht an sie heranmachte, und diese Absicht liege wahrscheinlich weitab von den Träumen der Hausgehilfin. Allein Amalia

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