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Erfolg

Erfolg

Titel: Erfolg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Franzose Poincaré sei ein rechter Teufel und Hundling; er habe schon so viele hingemacht, er werde keine Ruhe geben, bis er auch ihren Sohn Rupert hingemacht habe. Wie die Alte mit ihrem damischen Gered gar nicht aufhörte, war es dem Rupert schließlich zu dumm geworden. Er packte einen Teller, einen aus dem schönen Geschirr mit dem blauen Enzian- und Edelweißmuster, und er schmiß ihn auf den Boden und rief: »So wie diesen Teller, so werde ich auch Juda und Rom zerschmettern.« Damit entfernte er sich und fuhr ab mit seinem grauen Auto. Der Alois übrigens, der nicht sehen konnte, daß was kaputtging, hatte die Scherben hernach aufgelesen und mit Mühe wieder zusammengekittet.
    So großartig der Führer abgefahren war, an seinen Nerven hatte das Geflenn der Alten arg gerissen. Waren nicht auch andere Führer feinnervig gewesen? Napoleon zum Beispiel, oder war es Cäsar?, konnte das Krähen des Hahnes nicht vertragen. Jedenfalls setzten sich die Warnungen der Alten und ihre Geschichte in der Seele des Führers fest. Er brauchte Begeisterung um sich, Bestätigung; der leiseste Zweifel in seiner Umgebung machte ihn kribbelig.
    Wie Klenk jetzt drängte auf Festlegung eines bestimmten Tages, spürte also der Führer ein starkes Bedürfnis, die Stunde des Absprungs hinauszuschieben. Er redete großartig daher, wie der innere Feind von Stunde zu Stunde mehr zerfalle; man brauche nur noch Wochen abzuwarten, bis ein Kind ihn umblasen könne. Er bot für den einzigen Klenk Mittel auf wie für eine große Volksversammlung. Klenk aber wollte nicht Allgemeines. Daß der Feind zermorscht sei und es nur eines einzigen Sieges bedürfe zu seiner völligen Zerschmetterung, wußte er eh schon. Er wollte Details. Er wollte festgelegt wissen, zu welcher Stunde welches Korps welches Gebäude besetzen solle, wer verhaftet, wer an die Wand gestellt werden, welche Männer das Direktorium des erneuerten Reichs bilden sollten. Kutzner wich aus. Klenk drängte. Klenk redete einen Sturzbach, Kutzner einen Wasserfall. Der Raum war zu klein für die Stimmen der Männer, die dröhnende des Klenk und die nasal schmetternde des Kutzner, und für ihre großen Gesten. Wie Klenk gar nicht aufhörte, präzise Einzelpunkte zu verlangen, wies Kutzner mit großem Ernst und Geheimnis auf die Schublade seines Schreibtischs. Hier, sprach er, in dieser Schublade liege ausgearbeitet bis in die feinsten Details der Plan des neuen Reichs. Wenn es an der Zeit sei, werde er damit herausrücken. Klenk war ungläubig; aber die Geste des Mannes war so groß, daß er seinem Unglauben nicht Wort zu geben wagte. Alles, was er schließlich erreichte, war, daß für den Tag der Fahnenweihe die Dinge so vorbereitet werden sollten, als schlüge man wirklich los.
    Klenk legte sich in die Riemen. Er hoffte: ist nur der Start richtig vorbereitet, dann wird er den Schisser, den Kutzner, schon dahin kriegen, auch den Startschuß zu geben. Was man an Bewaffneten nicht fürs offene Land brauchte, wurde für den Tag der großen Fahnenweihe in die Stadt beordert. Die Reichswehr sympathisierte mit den Wahrhaft Deutschen, versprach Unterkunft für ihre Militärverbände, auch Artillerieverstärkung. Die kleine Stadt Rosenheim wurde zur Etappe und Rückendeckung ausgebaut. Für den Vorabendder Fahnenweihe wurden in München vierzehn große Volksversammlungen angekündigt. Überall prangten riesige, blutrote Plakate; Pfaundler und Druckseis strengten sich an, dem Tag der Befreiung den würdigen Rahmen zu geben.
    In seinem hübschen, gelben Biedermeierpalais saß der neue Ministerpräsident Dr. Franz Flaucher, igelte sich ein, witterte. Er war seinerzeit der erste im Kabinett gewesen, der den Wahrhaft Deutschen das Wort redete. Er sah gleich: sie waren ausgezeichnet zu brauchen. Sie schnappten den Roten Leute weg, sie dienten als großartiges Dreh- und Druckmittel gegen Berlin, ihr Kutzner war ein hervorragender Trommler. Mit der gleichen Deutlichkeit aber sah der Flaucher, wie der Kutzner anfing, seine Stellung zu verkennen, sich aufzumandeln, üppig zu werden. Den Flaucher schreckte das nicht. Er hatte keine Angst vor den Wahrhaft Deutschen; je üppiger sie wurden, so sicherer fühlte er sich. Er dachte an den hochfahrenden, pomadig gescheitelten Kopf des Kutzner; Gott verstockte das Herz des Pharao, dachte er, und verblendete ihn.
    Wie nun Kutzner seinen Parteitag ankündigte und die große Fahnenweihe, wie die blutroten Plakate zu den vierzehn Versammlungen luden, wie der Zuzug

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