Erfolg
Menschen der Steinzeit zerbrechen ihre Werkzeuge und gehen über zur Anwendung von Bronzegerät. Tüverlin fand die Idee nicht übel; aber, meinte er lächelnd, in der Revue »Kasperl im Klassenkampf« könne sie schwerlich untergebracht werden. Herr Potter, Pfeife im Mund, ohne ihn anzusehen, schlug vor, dann solle er eben eine neue Revue, eine aristophanische Revue, schreiben für New York. Er selber würde da gern mittun. Tüverlin kenne besser die Bücher, er, vielleicht, kenne besser die Menschen. Er wolle das gern starten, sagte er beiläufig.
Der überraschte Tüverlin fragte, was er sich von einer solchen Revue verspreche. So was könne, auch geglückt, kaum verstanden werden. Der Dreißigjahrdanny zog sein Notizbuch heraus, rechnete eine Weile, schweigend. Dann erwiderte er, er spreche nie ernster, als wenn es sich um einen Spaß handle. Er lud Tüverlin ein, nach Amerika zu kommen. Tüverlin erwiderte nachdenklich, er wolle es sich überlegen.
Wieder in der Villa Seewinkel erzählte das Mammut, er habe mit Herrn von Grueber verhandelt wegen einer Anleihe zur raschen Elektrifizierung Bayerns. In diesen Zeiten sei schon eine relativ geringe Summe bedeutsam für ein kleines Land. »Sie können für eine relativ geringe Summe Zugeständnisse aller Art haben«, sagte er. Tüverlin blinzelte, wurde schweigsam. »Verlangen Sie Zugeständnisse von meinen Bayern?« fragte er, als Herr Potter längst von anderm sprach. »Ich wüßte nicht welche«, meinte Herr Potter.
»Ich hätte allenfalls ein Ansinnen an die bayrische Regierung«, tastete behutsam Herr Tüverlin. Er dachte daran, daß an Gruebers Unternehmungen der bayrische Staat stark beteiligt war. »Eine große Sache?« fragte Herr Potter. »Keine große Sache«, erwiderte Tüverlin. »Nur die Amnestierung eines Mannes, den ich für unschuldig halte.« – «Darüber wird sich reden lassen«, meinte Herr Potter. »Kommen Sie nachden Staaten, Herr Tüverlin«, forderte er ein zweites Mal. »Ich glaube, ich werde kommen«, sagte Tüverlin.
Bald nachdem der Amerikaner sich verabschiedete, kehrte Johanna zurück von der Unterredung mit Messerschmidt. Sie fand Tüverlin aufgeräumt. Das Mammut hatte ihm gefallen; er freute sich auf Amerika, freute sich über die Möglichkeit, Martin Krüger zu amnestieren.
Er überlegte, ob er Johanna von den Aussichten sprechen solle, die sich Martin Krüger geöffnet hatten. Nein, Enttäuschungen hat sie genug erlebt. Er wird erst dann sprechen, wenn seine Aussichten greifbarer sind. Er ging neben der schweigsamen Johanna her, blinzelte sie von der Seite an, spitzbübisch, jungenhaft, schwatzte munter mit seiner gequetschten Stimme.
Sie zürnte ihm, weil er offenbar nicht den Versuch gemacht hatte, das Mammut für Martin Krüger einzuspannen. Er hätte spüren müssen, wie sehr sie das wünschte. Sie liebte ihn; aber es war bitter, daß er neben ihr herging und nichts spürte, was sie wünschte.
17
Kaspar Pröckl verbrennt
Das Bescheidene Tier
Benno Lechner stand vor einer unangenehmen Entscheidung. Die Kassierin Zenzi nämlich hatte Gelegenheit, eine gutgehende elektrotechnische Werkstätte in die Hand zu kriegen. Sie wollte sie kaufen, und der Beni sollte sie leiten. Sie verdiente gut, sie hatte ihr Gerstel beisammen, sie war, in Anbetracht der schlechten Zeiten, geradezu reich. Sie hat jetzt genug von der Tiroler Weinstube, sie will nicht länger die Kassierin machen. Ihre Gesundheit hat sie sich eh schon ruiniert; die Plattfüße, an denen sie wie alle ihre Kolleginnen infolge ihres Berufs leidet, bereiten ihr wachsende Schmerzen. Jetzt will sie heiraten, Sicherheiten haben, ein ehelichesKind zur Welt bringen. Eine Gelegenheit wie der Kauf dieser Werkstatt kommt kein zweites Mal. Sie hat Geld in den Beni gesteckt, hat ihn auf der Technischen Hochschule etwas Richtiges lernen lassen. Jetzt will sie das fertigmachen. Jetzt will sie dem Beni die Werkstatt kaufen und ihn heiraten.
Der Beni wußte: was die Zenzi gesagt hat, das ist ein Wort. Es war zuwider, daß sie auf Heirat bestand. Er fügte sich ungern diesem bourgeoisen Formelkram, und die ganze Ehegesetzgebung der Zeit war ja heller Blödsinn. Anderseits war es nach seinem Gusto, mit einem Menschen zusammen zu hausen, auf den ein Verlaß war. Es war nicht angenehm, das ständige Geraunz des Alten anzuhören; er war froh um einen guten Grund, von ihm wegzuziehen. Auch ein Kind von der Zenzi war nicht das Schlechteste. Sich fortsetzen in der Welt, einen Sohn haben,
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