Erfolgreiches Teamcoaching
Jubel nach dem Schlusspfiff vorstellen.
17 Vor dem entscheidenden Spiel
Jeder, der schon einmal die Stimmung vor einem Finale erlebt hat, weiß, wie einzigartig dieser Moment ist. Diese besondere Stimmung, die Hoffnungen, die Wünsche, die Ängste, das alles verdichtet auf die letzten Stunden vor dem Anpfiff, das ist etwas, was man außerhalb des Sports wohl nur noch vor großen Premieren im Theater oder vor dem Start einer neuartigen Rakete erleben kann.
Im Laufe der Jahre hatte ich schon mehrfach das Glück, mit verschiedenen Teams in Endspielen um den Aufstieg, den Pokal, den Turniersieg oder einen internationalen Titel zu stehen. Und gleichgültig, auf welchem sportlichen Niveau sich das Ganze abspielte, die Gefühle waren immer dieselben. Natürlich ist es etwas ganz Besonderes, den WM-Titel erringen zu können. Die Stunden vor und nach dem Finale in Kuala Lumpur gehören zu den herausragenden Momenten meines Lebens und ich werde sie vermutlich niemals vergessen.
Aber mein erstes großes Spiel, es ging für mein Team des SV Schlebusch um den Aufstieg in die Fußballlandesliga, bildete ebenfalls ein absolutes Highlight, denn dieses Spiel war das persönliche „WM-Endspiel“ der beteiligten Spieler und auch ich wusste damals noch nicht, wohin mich meine Karriere führen würde.
Man muss also nicht Bundestrainer werden, um in eine vergleichbare Situation zu kommen. Auch Sie werden früher oder später wahrscheinlich ein solches Highlight vor sich haben, vielleicht auch schon erlebt haben. Leider aber sind solche Momente für die meisten selten, sodass Sie, wenn es plötzlich eintritt, keine Erfahrung mit einer solchen Situation besitzen. Deshalb lohnt es sich, in diesem Buch auf diese spezielle Situation einzugehen.
17.1 Keine Angst vor der Niederlage
Das Wesen eines Finals besteht darin, dass einer von beiden Kontrahenten verlieren muss. Es gibt für Sie keinerlei Sicherheit, dass Sie nicht der Geschlagene sein werden. Kein noch so großer Trainer hat nicht früher oder später einmal ein solches Match verloren. Darum geht es gar nicht.
Es ist mir wichtig, dass Sie eine Niederlage nicht als ein persönliches Versagen verstehen. Sie können alles richtig gemacht haben und dennoch verlieren. Sie können von den Schiedsrichtern betrogen werden. Sie können ganz einfach Pech haben. Natürlich können Sie auch entscheidende Fehler machen. Aber was sagt dasüber Sie aus? Ist Oliver Kahn ein Versager, weil er im WM-Finale den einen großen Fehler gemacht hat? Ausgerechnet Oliver Kahn, der eine so große mentale Stärke besitzt und Spiele alleine entscheiden zu können scheint. Gegen das Verlieren gibt es kein Allheilmittel. Das gehört im Sport dazu. Gerade Niederlagen in Finals schmerzen besonders. Keine Frage. Wenn ich ein entscheidendes Spiel verloren hatte, musste ich anschließend meist durch eine mehrtägige Depression gehen und in der Folge nagte es noch lange an mir. Aber was soll’s? Das ist es wert. Der Sieg bleibt mir dafür ein Leben lang. Die Erinnerung an den Erfolg ist so herrlich und erfüllend, das ist mir das Risiko des Verlierens ohne Zögern wert.
Warum widme ich diesen Überlegungen so viel Platz? Weil ich gesehen habe, wozu die Angst vor einer Niederlage führen kann. Bei manchem führt sie dazu, dass er sich nicht mehr traut, ein Risiko einzugehen. Mit reinem Sicherheitsdenken gewinnen Sie aber kein Finale! Andere werden verkrampft und übernervös. Fragen Sie sich also, ob Sie bereit sind, auch und gerade in dieser Situation ein Risiko einzugehen, mutig zu spielen, auf die Gefahr hin zu verlieren.
Wäre Deutschland im WM-Finale 2002 besser beraten gewesen, gegen Brasilien mit einer strikten Defensivtaktik aufzutreten? Ich denke, nein. Sie hatten ihre Chancen und bei dem Freistoß von Neuville fehlte auch nicht viel zur Führung. Das heißt nicht, dass es grundsätzlich falsch ist, in einem Endspiel defensiv aufzutreten. Gar nicht. Wenn Ihr Team defensiv stark ist, warum sollten Sie diese Taktik dann nicht im Finale einsetzen? Es geht um den Mut im Herzen. Um die innere Bereitschaft, mit aller Kraft und auf die Gefahr des Scheiterns hin etwas zu wagen. Denn Zögerlichkeit, davon bin ich überzeugt, führt unweigerlich zur Niederlage.
Nur wer die Niederlage als Möglichkeit annimmt, kann in einem Finale mutig aufspielen.
17.2 Die richtige Anspannung
Niemals habe ich dieses Phänomen so eindrücklich erlebt wie vor dem Finale der Champions-Trophy 2002 in Köln. Eine halbe Stunde vor
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