Erfüllen Sie meinen Herzenswunsch, Mylord!
Nachmittag bei „Tattersall’s“, da er erwog, ein weiteres Pferd für sich zu erstehen. Gegen sechs Uhr kehrte er in das Stadthaus zurück, legte den Reisemantel an und besorgte sich eine Droschke, die ihn zum „Spread Eagle“ in der Gracechurch Street brachte. Von dort fuhren Postkutschen nach Norwich, von wo aus es nicht mehr weit war nach Malcomby Hall.
Es überraschte ihn wenig, als er an der Umspannstation drei der Kartenspieler von gestern Abend in die gleiche Kutsche einsteigen sah, die auch er nehmen wollte, erinnerte er sich doch, wie der Mann namens Cecil erwähnt hatte, sein Anwesen befinde sich in Suffolk, und diese Grafschaft lag auf dem Weg nach Norwich.
Hatten die Männer sich am Kartentisch ungehobelt und ungebührlich benommen, so saßen sie jetzt still und graugesichtig auf ihren Plätzen und blinzelten aus trüben, blutunterlaufenen Augen. Stacey war dankbar, dass ihnen nicht nach einer Unterhaltung zumute war. Er schloss die Augen und machte es sich auf seinem Sitz bequem.
„Wir kennen uns, nicht wahr?“
Stacey überhörte die Frage einfach und tat, als fühle er sich nicht angesprochen. Doch der Mann, der sich Cecil nannte, blieb beharrlich. Er lehnte sich vor, stupste ihn am Knie an und wiederholte seine Frage. Stacey schlug die Augen auf und blickte in das verkaterte Gesicht seines Gegenübers. Obwohl er heute modischer gekleidet war als gestern Abend und eine einigermaßen adrette Erscheinung abgab, misslang es ihm aufgrund seiner ungehobelten Manieren, darüber hinwegzutäuschen, dass er kein Gentleman war. „Pardon?“
„Sie müssen mich nicht um Verzeihung bitten, mein Freund, ich habe lediglich bemerkt, dass wir uns von irgendwoher kennen.“
„Tatsächlich?“
„Ich irre mich bestimmt nicht. Cecil Hobart mein Name, Sir Cecil Hobart. Dritter Baronet of Easterley Manor.“
„Ihr Diener“, erwiderte Stacey leidenschaftslos. Er mochte den Mann nicht und musste daran denken, wie er über seine Schwägerin gesprochen hatte.
„Und Sie sind?“, wollte Cecil wissen.
„Mein Name dürfte Sie nicht interessieren.“
„Und ob er mich interessiert – falls wir uns bereits über den Weg gelaufen sind.“ Plötzlich fasste er sich an den Kopf und lachte. „Malcomby, genau! Sie sind der Sohn des Earl of Malcomby. Ich wusste doch, dass ich Ihr Gesicht irgendwo schon einmal gesehen habe.“
Stacey stöhnte unhörbar. Wie es schien, kannten sie einander tatsächlich. „Stacey Harding, Viscount Darton“, sagte er schließlich.
„Viscount Darton … nach all den Jahren begegnen wir uns ausgerechnet in einer Postkutsche wieder.“
„Ich fürchte, ich kann mich nicht entsinnen …“
„Nein, natürlich nicht. Ich war damals noch ein Grünschnabel und Sie bereits Captain bei den Husaren. Habe Sie sehr bewundert und mir vorgenommen, auch zum Militär zu gehen. Leider ist nichts daraus geworden, da mich dringende Geschäfte auf dem Subkontinent davon abhielten. Erinnern Sie sich wirklich nicht, wo wir uns begegnet sind?“
Stacey schüttelte den Kopf. Obgleich er sich gleichgültig gab, wurde er allmählich neugierig.
„Auf der Beerdigung meiner Mutter, Madeleine Stacey. Sie war die Cousine Ihres Vaters, Ihre Namensgeberin.“
„Ihre Mutter war meine Großcousine?“ Nun erinnerte er sich. Als Madeleine verstorben war, hatte er für kurze Zeit in England geweilt, bevor er erneut mit seinem Regiment auf den Kontinent geschickt wurde. Aus diesem Grund war es ihm möglich gewesen, seine Familie zur Beerdigung zu begleiten. Er konnte es nicht fassen, dass dieser ungehobelte Kerl Madeleines Sohn war.
„Wir sind also entfernte Vettern, nicht wahr?“ Cecil packte Staceys Hand. „Freut mich, Sie wiederzusehen.“
Viscount Darton zählte sich zu den zivilisierten Menschen und überwand sich, auch Cecil Hobarts beiden aufhorchenden Begleitern die Hand zu schütteln. „Darf ich Ihnen meine Freunde vorstellen?“ Cecil wies auf den Mann mit den auffallend dichten dunklen Brauen. „Das ist Mr. Augustus Spike. „Und dieses Spinnenbein neben Ihnen ist Sir Roland Bentwater. Wir sind auf dem Weg nach Parson’s End. Ich beabsichtige, dort das Gut meines verstorbenen Vaters zu übernehmen.“
Offensichtlich hat mich keiner von ihnen bei „White’s“ gesehen gestern Abend, dachte Stacey und nickte höflich. „Mein lieber Vater ist vor Kurzem beerdigt worden. Leider habe ich ihn nicht mehr lebend gesehen.“
„Es tut mir leid, das zu hören“, erwiderte Stacey
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