Erfüllen Sie meinen Herzenswunsch, Mylord!
zurückzuziehen?“
„Natürlich. Ich werde mein Erbe antreten und meinen Besitz in Augenschein nehmen, obwohl ich nicht weiß, was mich erwartet. Aus dem, was ich hörte, muss ich nämlich schließen, dass mein Vater in den letzten Jahren nicht mehr alle Sinne beisammenhatte.“ Er lachte wieder. „Meine Schwägerin kümmert sich um das Haus. Ihr Mann, mein Halbbruder, ist seit Jahren unter der Erde.“
„Und wie ist sie so, deine Schwägerin?“
„Nun ja, man könnte sie hübsch nennen – zumindest war sie es früher –, aber ich habe sie seit Jahren nicht gesehen. Und sie hat zwei Gören – Mädchen –, was günstig für mich ist wegen der Erbfolge. Ich werde sie baldmöglichst vor die Tür setzen.“ Er lachte in sich hinein. „Es sei denn, sie ist es wert, dass ich sie bei mir behalte. Man weiß ja nie …“
„Was, wenn sie wieder geheiratet hat?“
„Dann fliegt sie hochkant hinaus, samt ihrem Gemahl. Ich dulde doch keine Schmarotzer in meinem Haus!“
„Ich finde, du könntest ein paar Beschützer gebrauchen, Cecil“, warf ein anderer der jungen Stutzer ein. „Was würdest du sagen, wenn wir dich begleiten?“
Lord Darton musste lächeln. Er wusste, dass diesen Männern weniger daran gelegen war, ihren Spielpartner zu beschützen, als an das Geld heranzukommen, das er ihnen schuldete.
Cecil zuckte bemüht gleichmütig die Achseln. „Wenn es euch beliebt – aber seid gewarnt: Das Anwesen liegt an der Küste Suffolks, am Ende der Welt, wo sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen.“
„Oh, wir werden schon ausreichend Unterhaltung finden.“
Angesichts dieser Neuigkeiten grübelte der Viscount ein weiteres Mal über die Frage nach, wo ihm der Mann, der sich Cecil nannte, über den Weg gelaufen war. Das unbestimmte Gefühl, dass jemandes Blick auf ihm ruhte, lenkte ihn jedoch von seinen Gedanken ab, und er drehte sich um. Tatsächlich kam ein ihm wohlbekannter Gentleman strahlend auf ihn zu.
„Stacey Harding, wie ich mich freue, dich wiederzusehen!“, sagte der auffallend große, breitschultrige Mann und streckte die Hand aus, als sein Gegenüber sich erhob, um ihn zu begrüßen.
„Topham, mein Freund, ich wusste gar nicht, dass du in der Stadt bist.“ Stacey hatte Lieutenant Gerard Topham in Spanien kennengelernt und bis zum Ende des Krieges Seite an Seite mit ihm im gleichen Regiment gekämpft. Seitdem verband sie eine enge Freundschaft.
„Ich hätte auch nicht damit gerechnet, dich in London zu treffen. Ich dachte, du bist bei deiner Familie auf dem Lande.“
„Ich brauchte eine Atempause.“
Der Lieutenant lachte, winkte einen Kellner herbei, um Wein zu bestellen, und setzte sich in den Sessel neben dem seines Freundes. „Du bist erst sechs Monate zurück und brauchst bereits eine Atempause? Gefällt dir das Leben eines Zivilisten etwa nicht, Darton?“
Der Viscount nahm ebenfalls Platz und vergaß die lärmenden Kartenspieler. „Das Leben eines Zivilisten zu führen ist nicht unangenehm, aber einigermaßen langweilig; und was meine Familie anbelangt – das ist ein schwieriges Thema. Mein Vater liegt mir wegen der Erbfolge in den Ohren, er wünscht sich einen Enkelsohn. Und meine Tochter … ach, reden wir nicht von ihr. Erzähl mir lieber, was dich in die Hauptstadt führt.“
Topham nahm den Wein entgegen, den ihm der Kellner auf einem silbernen Tablett servierte. „Nach alldem, was wir in Spanien erlebt haben, ist es auch mir schwergefallen, mein altes Leben als Zivilist wieder aufzunehmen. Ich fühlte mich nutzlos, und so kam ich darauf, dem Zollamt meine Dienste anzubieten …“
„Dem Zollamt? Ist es nicht unter deiner Würde, an einem Behördenschreibtisch zu arbeiten, nachdem du wie ein Held gekämpft hast in Spanien?“
„Ich bin nicht direkt für das Zollamt tätig, sondern greife der Küstenwache unter die Arme, um den Schmuggel einzudämmen.“
Der Viscount nickte bedächtig. Mit den Kriegen gegen Napoleon hatte der Schwarzhandel einen beängstigenden Aufschwung genommen. Neue Wege und Möglichkeiten taten sich auf, Schmuggelgut ins Land oder von den britischen Inseln auf den Kontinent zu schaffen: Französische Kriegsgefangene schleusten unverzollte Ware nach England, englische Spione wiederum brachten bestimmte Güter nach Frankreich, und seit die französische Wirtschaft ins Schlingern geraten war, schnellte der Wert der Guinea in die Höhe. Wenn die Berichte, die man in der Zeitung las, der Wahrheit entsprachen, stand die englische Währung noch
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