Erfüllen Sie meinen Herzenswunsch, Mylord!
Absicht. Aber bislang habe ich leider keine Einrichtung gefunden, die bereit wäre, Julia aufzunehmen. Da sie Malcomby Hall nicht verlassen möchte, benimmt sie sich absichtlich unflätig, wenn wir uns irgendwo vorstellen. Keine einzige Schulleiterin hat uns bislang in Aussicht gestellt, das Mädchen zu akzeptieren. Mein Vater ist in dieser Hinsicht auch keine große Hilfe. Er lässt Julia bei jeder nur erdenklichen Gelegenheit ihren Willen und erzählt mir, er brauche sie in seiner Nähe und könne sie nicht entbehren.“ Stacey musste lachen. „Gewiss möchtest du nichts über unseren Familienzwist hören. Lass uns zusammen dinieren und uns über alte Zeiten und Schmuggler unterhalten – Hauptsache nicht über Frauen und Kinder. Du bist sicher noch immer Junggeselle?“
„Ja, und wenn deine Erfahrungen beispielhaft sind, bin ich froh darüber.“ Topham drehte sich um, als die Gruppe angetrunkener Kartenspieler sich von ihren Plätzen erhob. „Was ist nur aus dem ‚White’s‘ geworden, dass man solche Leute zur Tür hereinlässt. Weißt du, wer diese Rüpel sind?“
„Nein“, erwiderte Lord Darton. „Der braun gebrannte Mann mit der Narbe auf der Wange kommt mir bekannt vor, auch wenn ich ihn nicht einordnen kann. Gerade als du kamst, verkündete er seinen Spielpartnern, sein Vater sei verstorben und er trete in Kürze sein Erbe an. Bedeutet dies, dass er zu Titel und Vermögen gelangt, erklärt sich, weshalb man ihm Eintritt in den Club gewährte.“ Stacey sah den jungen Stutzern nach, wie sie wankend und aneinander Halt suchend den Saal verließen. „Er sagte, der Landsitz, den er in Suffolk zu übernehmen beabsichtigt, werde von seiner verwitweten Schwägerin geführt“, fuhr er fort. „Er will sie und ihre Kinder kaltblütig vor die Tür setzen. Kein Gentleman würde so etwas tun oder so respektlos über eine Familienangehörige sprechen wie er. Wer auch immer die Frau sein mag – sie tut mir aufrichtig leid.“
Gegen zwei Uhr in der Frühe kehrte Lord Darton nach Malcomby House in die Duke Street zurück, der Stadtresidenz seiner Eltern. Sein Entschluss stand fest: Ab sofort wollte er seine väterlichen Pflichten ernst nehmen und mehr Zeit mit Julia verbringen. Er musste sich allerdings eingestehen, dass er nichts von Kindererziehung verstand, und erst recht sah er sich nicht imstande, die Seele eines Mädchens zu ergründen, das allmählich zur Frau heranreifte. Wenn doch nur Anne-Marie noch am Leben wäre, dachte er seufzend und rief sich das Bild seiner verstorbenen Gemahlin vor Augen. Es löste nicht mehr in ihm aus als Bedauern darüber, dass Julia ohne Mutter aufwachsen musste. Anne-Marie und er waren nur achtzehn Monate verheiratet gewesen, bevor sie im Wochenbett verstarb. Sie hatten eine Vernunftehe geführt, arrangiert von seinen Eltern, denen die junge Dame als die ideale Ehefrau für ihn erschienen war. Da Anne-Marie indes gerade erst das Schulzimmer verlassen hatte und es ihr an geistiger Tiefe mangelte, hatten sie sich vom ersten Tag an nicht viel zu sagen gehabt. Sie war hinsichtlich der Pflichten einer Ehefrau völlig ahnungslos gewesen, und sobald sie gewusst hatte, dass sie ein Kind erwartete, war sie ihm ganz aus dem Weg gegangen, um die meiste Zeit des Tages damit zu verbringen, sich zu pflegen und Süßigkeiten zu naschen. Wer konnte ihm verübeln, dass er zu den Fahnen geeilt und nach Indien gegangen war?
Später, nach einem kurzen Urlaub daheim, hatte er den Einberufungsbefehl nach Spanien erhalten, um dann nach Jahren beim Militär zu seiner schwierigen Tochter heimzukehren – Freudvolles hatte ihn daheim nicht erwartet. Allerdings wunderte er sich wenig über Julias Verhalten; hätte er sie nicht so lange Zeit allein gelassen, würde sie ihn kaum wie einen Fremden behandeln. Aus diesem Grund hielt er es für ungünstig, ausgerechnet jetzt eine neue Frau heimzuführen, denn dann müsste Julia gleich mit zwei fremden Menschen zurechtkommen, und damit wäre das Mädchen gewiss überfordert.
Er schüttelte den Kopf. Es half alles nichts: Im Laufe des morgigen Tages musste er nach Hause fahren und zusehen, dass er seinen Pflichten als Vater nachkam. Alles Weitere würde sich finden.
Über Nacht verflüchtigte sich die Kälte, und es hörte auf zu regnen. Die Sonne schien durch den feinen Dunst, und zahlreiche Pfützen übersäten die Straßen.
Lord Darton verbrachte den Morgen in „Jackson’s Emporium“ in der Bond Street, um seine Boxkünste zu verfeinern, und den
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