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Erik der Wikinger

Erik der Wikinger

Titel: Erik der Wikinger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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Skallagrim?«
    »In dieser Nacht«, sagte der Berserker. »In dieser Nacht, wenn die Männer schlafen, denn nun sind Nacht und Tag fast gleich. Der Schnee ist tief, und wir haben keine Zeit zu verlieren, wenn wir Hellauge noch lebend antreffen wollen.«
    »Dann werden wir diese Nacht reiten«, gab Gudruda zurück.
    Als das Volk schließlich schlief, rief Gudruda die Schöne ihre Frauen zusammen und bat sie, allen, die fragen sollten, zu sagen, sie läge krank zu Bett. Aber dann rief sie drei vertrauenswürdige Knechte herbei, bat sie, zwei Packpferde mit Heu, Nahrung, Kräutern, Kerzen aus Schafstalg und anderen Gütern zu beladen, und mit ihr zu reiten.
    Als dann alles bereit war, ritten sie leise den Steinberg hinauf – Gudruda auf ihrem Pferd Schwarzmähne und die anderen auf guten Wallachen, die man im Hof mit Heu gefüttert hatte, und bei Tagesanbruch hatten sie die Pferdekopfhöhen erreicht. Sie schliefen zwei Nächte im Schnee und wären in der zweiten Nacht beinahe umgekommen, denn es fiel sehr viel Neuschnee. Aber danach kam der Frost und ein bitterer Nordwind, und sie ritten weiter. Gudruda war eine starke Frau von gutem Mut und Willen, und so kam es, daß sie am dritten Tag den Moosberg erreichte.
    Sie war müde, aber kaum verletzt, wenngleich die Finger ihrer linken Hand Frostblasen trugen. Sie kletterten den Berg hinauf, und als sie zu dem Tal kamen, in dem die Pferde versteckt wurden, sahen sie ein paar von Eriks Männern, und ihre Gesichter waren traurig.
    »Wie ist es Hellauge ergangen?« fragte Skallagrim, denn Gudruda konnte vor Befürchtungen und Kälte kaum sprechen. »Ist er etwa tot?«
    »Nein«, gaben sie zurück, »aber er wird wohl sterben, denn er ist nicht mehr er selbst und tobt herum.«
    »Beeilt euch«, sprach Gudruda. »Beeilt euch, ehe es zu spät ist.«
    So erkletterten sie den Berg zu Fuß, überwanden den Paß und kamen zu der glatten Felsspitze, von der aus man die Ebene vor den Höhlen erreichen konnte. Nun fürchtete sich Gudruda, seit sie an den Fingerspitzen über dem Goldfuchs-Abgrund gehangen hatte, auf eine Höhe zu steigen, ohne einen Halt zu haben. Skallagrim ging als erster und rief ihr zu, ihm zu folgen. Dreimal drehte sie sich um und wandte sich zitternd ab, denn der Ort war schrecklich und der Abgrund bodenlos. Dann sprach sie laut zu sich selbst:
    »Erik hat sich nicht gefürchtet, sein Leben aufs Spiel zu setzen, als ich über den Goldenen Fällen hing; dann darf ich noch weniger fürchten, das meine aufs Spiel zu setzen, um ihn zu retten.« Und sie trat kühn auf den Felsvorsprung hinaus. Doch als sie dort über dem schwindelerregenden Abgrund stand, liefen kalte Schauer über ihren Körper, und Dunkelheit senkte sich über ihren Geist. Sie hielt sich am Felsen fest, schrie leise auf und taumelte. Ja, sie wäre gefallen und zu Tode gekommen, hätte nicht Skallagrim, der in dem engen Loch auf dem Bauch lag, den Arm ausgestreckt, sie am Umhang und Rock gepackt und hochgezogen. Schließlich kam sie wieder zu Sinnen.
    »Ich bin in Sicherheit«, keuchte sie, »aber es hat nicht viel gefehlt. Mich deucht, daß ich an diesem Ort leben und auch sterben muß, denn ich kann nie wieder über diesen Felsen steigen!«
    »Du wirst sicher über ihn gehen, Herrin, mit einem Seil um den Leib«, sagte Skallagrim und führte sie zur Höhle.
    Gudruda trat ein und vergaß alles, was ihre Liebe zu Erik beeinträchtigt hatte. Ein großes Torffeuer brannte in der Höhlenöffnung, um den bitteren Wind und Frost abzuhalten, und in seinem Licht sah Gudruda ihren Liebsten durch den Rauch. Er lag am anderen Ende der Höhle auf einem Lager aus Fellen, und seine hellgrauen Augen waren wild und verstört, sein eingefallenes Gesicht weiß, und dann wurde es plötzlich rot vor Fieber, nur um im nächsten Moment wieder weiß zu werden. Er hatte die Schaffelle von seiner mächtigen Brust geschleudert, deren Knochen nun deutlich hervorstanden. Mit seinen langen Armen fuhr er sich durch die blonden Haarlocken. Auf einer Seite des Halses lag das Haar eng an, es war nur noch eine schwarze Masse.
    Er tobte laut in seinem Wahn. »Rührt mich nicht an, ihr Kerle, rührt mich nicht an; ihr haltet mich für krank und schwach, aber bei Thor, wenn ihr mein Haar berührt, werde ich euch die Knochen brechen! Nur Gudruda darf mein Haar schneiden; ich habe es geschworen und werde den Eid halten, den ich einst leistete. Gebt mir Schnee! Schnee! Meine Kehle brennt! Ich bitte euch, schaufelt mir Schnee auf den Kopf,

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