Erik der Wikinger
flogen. Schließlich kamen erste Nachrichten. Als er eines Morgens aufstand, sagte Skallagrim, ein Mann wünsche ihn zu sprechen. Er war in der Dunkelheit zum Berg gekommen und hatte bis zum Tagesanbruch in einem Tal gewartet, denn nun, da der Schnee schmolz, beobachteten Gizurs und Swanhilds Männer die Wege.
Erik bat ihn, den Mann zu ihm zu bringen. Als er ihn sah, erkannte er ihn als einen Knecht Gudrudas und hieß ihn herzlich willkommen.
»Welche Nachrichten bringst du?« fragte er.
»Diese, Herr«, sagte der Knecht: »Gudruda die Schöne hieß mich zu sagen, daß es ihr gutgeht und der Schnee auf Middalhofs Dach schmilzt.«
Nun war dies der abgesprochene Satz, den Erik und Gudruda vereinbart hatten und den sie ihm zukommen lassen wollte, wenn alles bereit war.
»Gut«, sagte Erik, »reite zu Gudruda der Schönen zurück und sage ihr, daß es Erik Hellauge gutgeht, aber auf dem Hekla der Schnee nicht schmilzt.«
Diese Antwort bedeutete, daß er bald bei ihr sein würde, wenngleich der Knecht ihr keinen Sinn entnehmen konnte. Dann fragte Skallagrim den Mann, was es Neues gäbe, und er erfuhr, daß Swanhild noch auf dem Middalhof war, und mit ihr Gizur, und daß die beiden verkündet hatten, sie wollten dem Warten ein Ende machen und Erik töten.
»Bevor man dem Vogel den Hals umdrehen kann, muß man ihn erst fangen«, lachte Skallagrim.
Dann dachte Erik nach. Unter seinen Männern waren einige, die nicht bereit waren, Island zu verlassen, und Jon, sein Knecht, gehörte zu ihnen, denn er mochte die rauhe See nicht. Er bat diese Männer, noch eine Weile auf dem Moosberg zu bleiben und des Nachts auf der Felsebene vor der Höhle Feuer zu machen, um die Spione Gizurs und Swanhilds damit zu täuschen und sie denken zu lassen, Erik sei noch auf dem Berg. Sollten sie dann hören, daß er ausgelaufen war, sollten sie vom Berg steigen und sich bei Freunden verbergen, bis Gizur und seine Männer nach Norden geritten waren. Aber zwei der Männer, die mit ihm segeln wollten, hieß er, sich fertigzumachen.
In dieser Nacht erhob sich Erik von seinem Lager, bevor der Mond aufging, verabschiedete sich von Jon und den anderen, die auf dem Moosberg blieben, und ritt mit Skallagrim und denen, die mit ihm segeln wollten, los. Sie brachten die Ebene aus schwarzem Sand sicher hinter sich und auch die Pferdekopfhöhen. Als der Nachmittag dann zum Abend wurde, sahen sie schließlich von der Kuppe des Steinbergs aus die Halle von Middalhof vor sich, und Eriks Herz schlug schneller in seiner Brust. Doch sie mußten warten, bis die Dunkelheit kam, ehe sie den Ort zu betreten wagten, denn sonst würde man sie sehen und die Nachricht von ihrer Ankunft Gizur und Swanhild überbringen. Und Erik kam in den Sinn, daß von allen Stunden seines Lebens diese Stunde des Wartens die längste war. Skallagrim konnte ihn in der Tat kaum zurückhalten, den Berg hinabzusteigen, so sehr sehnte er sich danach, zu Gudruda zu kommen, die er in dieser Nacht heiraten wollte.
Schließlich kam die Dunkelheit, und sie ritten weiter. Erik preschte den schmalen Bergpfad hinab, und Skallagrim und die beiden Männer folgten zögerlich, denn sie fürchteten, daß ihre Pferde stürzen könnten. Schließlich erreichten sie das Gehöft und ritten auf den Vorhof. Erik sprang vom Pferd und eilte zur Frauentür. Gudruda stand lauschend an der Pforte, und schon aus einiger Entfernung hörte sie das Klirren von Hellauges Harnisch, und die Farbe kam und ging auf ihren Wangen. Dann wandte sie sich um, floh zum Hohesitz der Halle und ließ sich darauf nieder. Nur zwei Frauen waren mit ihr auf dem Middalhof geblieben und ein paar Knechte, die die Kälbchen und Pferde versorgten. Aber diese schliefen, und zwar nicht in der Halle, sondern in einem Nebengebäude. Gudruda hatte den Rest ihrer Leute zum Schiff hinabgeschickt, und beim Laden zu helfen, denn sie hatte verkündet, daß es am Morgen auslaufen sollte. Dies hatte sie getan, um zu verhindern, daß die Leute erzählten, Erik sei zum Middalhof gekommen.
Nun kam Hellauge zur Pforte und ging hinein, nachdem er die Tür offen fand. Aber Skallagrim und die beiden Männer blieben eine Weile draußen und versorgten die Pferde. Ein Feuer brannte auf dem großen Herd der Halle und warf Schatten auf die Wandverkleidung. In seinem Licht ging Erik weiter, schaute nach rechts und links, sah jedoch weder Mann noch Frau. Dann erfaßte ihn die große Furcht, Gudruda könne fort oder vielleicht von Swanhild, Groas Tochter, getötet
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