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Erik der Wikinger

Erik der Wikinger

Titel: Erik der Wikinger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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fürchtete, der Berserker könne sich auf dem Fest betrinken und Blut vergießen.
    Es war Swanhilds Hochzeitstag; aber sie hieß ihn ganz und gar nicht mit leichtem Herzen willkommen, denn ihre Augen hatten in dieser Nacht keinen Schlaf gefunden, obwohl sie schwer von Tränen waren.
    Beim ersten Licht erhob sie sich, und als sie aus dem Haus schlich, ging sie durch den schweren Tau über den Pfad, auf dem Erik kommen mußte, denn sie wollte mit ihm reden. Auch Gudruda erhob sich kurz darauf und benutzte, obwohl sie dies nicht wußte, den gleichen Pfad, denn sie wollte ihren Liebsten bei seiner Ankunft begrüßen.
    Nun stand etwa drei Achtelmeilen vom Haus entfernt ein Wickenschuppen, auf dessen anderer Seite Swanhild wartete. Schließlich hörte sie von der abgewandten Seite des Hanges ein Singen und das Schlagen von Pferdehufen. Dann sah sie die goldenen Schwingen von Eriks Helm im Sonnenschein aufblitzen, während er fröhlich dahinritt, und große Verbitterung erfaßte sie, daß Erik an dem Tag, da sie, die ihn doch liebte, die Frau eines anderen wurde, in solch fröhlicher Stimmung war.
    Schließlich stand er vor ihr. Swanhild trat aus dem Schatten des Schuppens und legte die Hand auf das Zaumzeug seines Pferdes.
    »Erik«, sagte sie bescheiden und gesenkten Hauptes, »Gudruda schläft noch. Kannst du also die Zeit finden, meinen Worten zu lauschen?«
    Er runzelte die Stirn. »Mich deucht, Swanhild«, sagte er, »es wäre besser, du würdest zu dem sprechen, der dein Herr ist.«
    Sie ließ das Zaumzeug aus ihren Fingern gleiten. »Ich habe meine Antwort«, sagte sie, »reite weiter.«
    Nun rührte sich das Mitleid in Eriks Herz, denn Swanhilds Antlitz war sehr betrübt, und er sprang vom Pferd. »Nein«, sagte er, »sprich, wenn du mir irgend etwas zu sagen hast.«
    »Ich habe dir dies zu sagen, Erik: Bevor wir für immer getrennt werden, bin ich gekommen, dich um Verzeihung für meine bösen Taten zu bitten – ay, und um dir und deiner schönen Liebsten alle Freude zu wünschen.« Und sie schluchzte und weinte.
    »Sprich nicht mehr davon, Swanhild«, sagte er, »doch hülle mit guten Taten deine schlechten ein, die nicht gering sind; so wirst du glücklich werden.«
    Sie sah ihn eigentümlich an, und ihr Gesicht war blaß vor Schmerz.
    »Wie können wir so verschieden geschaffen sein, daß du, Erik, von Glück reden kannst, während mein Herz in Trauer erstickt? Oh, Erik, ich mache dir keine Vorwürfe, denn du hast das Böse nicht willentlich über mich gebracht; aber ich sage dir, mein Herz ist tot, so tot, wie ich gern sein würde. Sieh diese Blumen: sie riechen süß, doch für mich haben sie keinen Duft. Sieh das Licht, das vom Kaltrücken zum Meer springt, vom Meer zu den Westman-Inseln, und von den Inselfelskronen hoch in den weiten Himmel. Es ist wunderschön, nicht wahr? Und doch sage ich dir, Erik, daß in meinen Augen die heulende Winterfinsternis nun ebenso schön ist. Die Freude in mir ist tot; Musik ist nur mehr ein wirrer Klang in meinen Ohren; das Essen hat keinen Geschmack mehr auf meiner Zunge, und meine Jugend ist vergangen, ehe meine Morgendämmerung zum Tag geworden ist. Nichts bleibt mir übrig, Erik, bis auf diesen schönen Körper, den du verachtest, und die Träume, die ich aus meinen Stunden des spärlichen Schlafes bekomme, und die Schande, die eine Braut befällt, die keine Liebe kennt.«
    »Sag dies nicht, Swanhild«, sprach er und nahm sie bei der Hand, denn obwohl er ihre Verderbtheit verachtete, war er noch jung und hatte ein weiches Herz, und es betrübte ihn, ihre Worte zu hören und ihre Seelenpein zu sehen. Denn so ist es nun einmal mit Männern – sie lassen sich leicht vom Flehen einer schönen Frau verleiten, die sie liebt, auch wenn sie selbst sie nicht lieben.
    »Ja, ich werde alles sagen, wonach der Sinn mir steht, ehe meine Lippen für immer versiegelt sind. Siehe, Erik, so fühle ich mich, und du hast mir diese Krone des Leids auf den Kopf gesetzt: Du kommst singend den Hügel herab, und ich fahre weinend übers Meer! Ich bin nicht ganz so schlecht im Herzen. Es war die Liebe zu dir, die mich in die Niederungen der Sünde führte, wie mich die Liebe zu dir auch zur Heiligkeit hätte erhöhen können. Aber wie du siehst, eheliche ich, die ich dich liebe, heute einen kindischen Greis. Ich fahre als sein Hab und Gut, als seine Braut, übers Meer, und lasse dich singend auf dem Hügel zurück, neben ihr, die meine Feindin ist. Du hast große Taten vollbracht, Erik, und

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