Erik der Wikinger
dich, Erik – ich lege es nicht aus eigenem Willen auf dich, denn ich möchte dir, den ich liebe, kein Leid zufügen, sondern wegen der Worte, die die Nornen mir in den Mund legen, denn in dieser Stunde meines Todes habe ich ein Wissen, das nicht von dieser Welt ist. Du hast gesündigt, und daß du gegen deinen Willen gesündigt hast, wird dir nicht helfen, denn aus deiner Sünde wird das Schicksal die Spitze für den Speer schmieden, der dich durchbohrt. Von nun an bist du verflucht. Denn ich sage dir, daß diese verderbte Frau dich zum Tode hinabziehen wird und zu einem Schicksal, das schlimmer ist als der Tod, und mit dir diejenigen, die du liebst. Mit Hexerei hat sie dich nach Straumey gebracht, mit Lügen hat sie mich zu Fall gebracht. Nun wird sie mit Haß und Macht und grausamen Taten dafür sorgen, daß du noch viel tiefer liegst als ich in diesem Augenblick. Denn, Erik, du bist an sie gefesselt, und du wirst das Band niemals lösen können!«
Atli hielt eine Weile inne. Dann sprach er schwächer weiter.
»Hört, Gefährten!« rief er. »Meine Kraft ist fast verbraucht. Ihr werdet mir viererlei schwören – daß ihr Erik Hellauge und Skallagrim Lammschweif sicheren Abzug von Straumey gewährt. Daß ihr Swanhild der Vaterlosen, Groas Tochter und Atlis Weib, sagen werdet, daß ich sie endlich als das erkannt habe, was sie ist – eine Mörderin, eine Hure, eine Hexe und eine Lügnerin; und daß ich Erik, den sie getäuscht hat, vergebe, sie jedoch hasse und bespucke. Daß ihr Koll den Halbgescheiten töten werdet, Groas Leibeigenen, der vor zwei Tagen hierher gekommen ist, da er mit seinen Lügen das Schwert der Falschheit noch geschärft hat. Daß ihr keine Blutfehde für diesen meinen Tod gegen Erik erheben werdet, da ich ihn zu seiner Tat verleitet habe. Schwört ihr es?«
»Wir schwören«, sagten die Männer.
»Dann lebt wohl! Und auch dir Lebwohl, Erik Hellauge! Nun nimm meine Hand und halte sie, während ich sterbe. Siehe! Ich gebe dir einen neuen Namen, und unter diesem Namen wirst du in der Geschichte bekannt werden. Ich nenne dich Erik den Unglücklichen. Von allen Geschichten, die man sich erzählt, wird deine die größte sein. Mächtig hast du zugeschlagen – mächtig! Leb wohl!«
Dann fiel sein Kopf auf den Fels zurück, und Graf Atli starb. Und als er starb, verschwanden die letzten Strahlen des Tageslichts vom Himmel.
XXI
WIE HALL VON LITHTAL BOTSCHAFTEN NACH
ISLAND BRACHTE
Nun sprach in der gleichen Nacht, in der Atli von Eriks Hand starb, Swanhild mit Hall von Lithtal, den sie vom Festland herbeigerufen hatte. Sie bat ihn, dies zu tun: ein bestimmtes Schiff zu besteigen, das am Morgen von der Insel Westra nach Island segeln sollte, und dort alle Neuigkeiten von Eriks Untaten und vom Tot Atlis durch seine Hand zu verbreiten.
»Du wirst sagen«, fuhr sie fort, »daß Erik seit langem mein Liebster war, aber daß dies schließlich Atli, dem Grafen, zu Ohren kam. Als er von dieser – der größten – Schande erfuhr, trat er mit Erik den Holmgang an und wurde von ihm getötet. Und du wirst deiner Geschichte auch hinzufügen, daß Erik und ich bald heiraten werden und daß Erik als Graf über die Orkney-Inseln herrschen wird. Nur müssen diese Nachrichten schnell an die Ohren von Gudruda der Schönen gelangen, und sie wird nach dir schicken und dich streng über sie befragen, und du wirst ihr die Geschichte so erzählen, wie du sie zum erstenmal erzählt hast. Dann wirst du Gudruda dieses Päckchen geben, das ich ihr als Geschenk schicke, und ihr sagen, ich würde sie bitten, sich an einen gewissen Eid zu erinnern, den Erik bezüglich des Schneidens seines Haars ablegte. Und wenn sie sieht, daß das, was in dem Päckchen ist, voller Flecke ist, dann sage ihr, es sei Atlis Blut, das auch an Eriks Händen klebt. Aber vergiß nicht, Hall, wenn du diese Botschaft nicht überbringst, dann ist dein Leben verwirkt, denn ich werde bald nach Island kommen und hören, was du erzählt hast.«
Dann gab Swanhild ihm Reisegeld, Geschenke aus Wadmal und Goldringe und versprach ihm, daß er noch einmal das gleiche bekommen würde, wenn sie nach Island käme.
Hall sagte, er würde all dies tun, und brach sofort auf; und er erfüllte seine Aufgabe gut.
Als Atli tot war, ließ Erik dessen Hand los und rief den Männern zu, die Leiche aufzunehmen und in die Halle zu bringen. Dies taten sie. Erik stand daneben und beobachtete sie, bis sie sich in der Dunkelheit verloren.
»Wohin nun,
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