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Erik der Wikinger

Erik der Wikinger

Titel: Erik der Wikinger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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daß Swanhild die Leibeigenen und Knechte sah, die den Leichnam von Graf Atli in die Halle von Straumey brachten, und über dem Toten weinte. Und als der Sprecher der Männer vortrat und ihr jene Worte sagte, die auszurichten ihn Atli gebeten hatte, und auch keine ausließ, da sprach sie zu ihm:
    »Mein Herr war verwirrt und schwach vom Blutverlust, als er so sprach. Die Geschichte, die ich ihm erzählte, ist wahr, und nun hat Erik seinen Sünden das Blutvergießen dessen, den er so arg getäuscht hat, hinzugefügt.«
    Und danach sprach sie so lieblich und mit solcher Sanftmut, Kunstfertigkeit und Weisheit, daß alle Männer ihre Worte für gewichtig hielten, auch wenn sie noch immer an ihnen zweifelten. Denn Swanhild war eine Meisterin der Kunst, in den Ohren der Männer das Falsche wahr und das Wahre falsch klingen zu lassen.
    Doch da sie sich noch ihres Eides entsannen, machten sie sich auf die Suche nach Koll und fanden ihn. Und als der Leibeigene wußte, daß sie ihn töten würden, kam er schreiend herbeigelaufen. Doch Swanhild rührte nicht einen Finger, um sein Leben zu retten, denn sie wollte, daß Koll starb, damit er später nicht als Zeuge gegen sie aussagen konnte. Er lief fort, den Klippen entgegen, und Atlis Knechte eilten ihm nach, bis er an die großen Klippen kam, die schroff zum Meer abfallen. Nun hatten sie ihn fast erreicht und die Schwerter schon gezogen, doch bevor er den Kuß des Stahls kennenlernte, sprang der Lügner von den Klippen und starb elendig auf den tieferliegenden Felsen. Das war das Ende Kolls des Halbgescheiten, Groas Leibeigenem.
    Swanhild blieb noch eine Weile auf Straumey und nahm Atlis gesamtes Erbe in Gewahrsam, denn er hatte keine männlichen Verwandten, und es sprach auch niemand dagegen. Auch verlangte sie die Gelder zurück, die er gegen Zinsen verliehen hatte, und das war eine große Summe, denn Atli war ein umsichtiger und wohlhabender Mann gewesen. Dann schickte sich Swanhild an, nach Island zu gehen. Atli hatte einen großen Kriegsdrachen, und sie suchte eine Besatzung für das Schiff aus und ließ es mit Vorräten und anderen nützlichen Dingen beladen. Als dies geschehen war, bestimmte sie Verwalter und Aufseher für die Ländereien und Gutshöfe auf den Orkney-Landen, und als der Graf sechs Wochen tot war, segelte sie nach Island und verkündete, sie ginge fort, um wegen Atlis Tod eine Blutfehde gegen Erik anzustreben. Sie erreichte Island, als das Volk gerade zum Thing aufbrach.
    Nun kam Hall von Lithtal nach Island und erzählte seine Geschichte über Eriks Missetaten und Atlis Tod. Oft und laut erzählte er sie, und bald redeten die Leute auf den Feldern und Märkten und Gutshöfen darüber. Björn, Asmunds Sohn, hörte davon und schickte nach Hall. Auch ihm erzählte Hall seine Geschichte.
    »Nun«, sagte Björn, »wir werden zu meiner Schwester Gudruda der Schönen gehen und sehen, wie sie diese Nachricht aufnimmt.«
    So gingen sie in die Halle, in der Gudruda am Spinnrad saß, und beim Spinnen sang sie fröhlich vor sich hin.
    »Sei gegrüßt, Gudruda«, sagte Björn. »Sag, hast du Nachrichten von Erik Hellauge, deinem Versprochenen?«
    »Ich habe keine Nachricht von ihm«, sagte Gudruda.
    »Dann ist hier einer, der sie dir bringt.«
    Nun erst sah Gudruda die Schöne Hall von Lithtal. Sie sprang auf. »Du hast Nachricht von Erik, Hall? Ah, du bist willkommen, denn seit vielen Monaten ist keine Nachricht mehr von ihm gekommen. So sprich.« Und sie preßte eine Hand aufs Herz und beugte sich zu ihm.
    »Meine Nachrichten sind schlecht, Herrin.«
    »Ist Erik tot? Sag nicht, daß mein Liebster tot ist!«
    »Es ist schlimmer als das«, sagte Hall. »Er hat Schande über dich gebracht.«
    »Da lügst du, Hall«, gab sie zurück. »Schande und Erik sind Dinge, die niemals zusammenfinden.«
    »Mögest du noch so denken, wenn du meine Geschichte gehört hast, Herrin«, sagte Hall, »denn ich bin zutiefst betrübt im Herzen, so von jemandem zu sprechen, der mein Gefährte war.«
    »Fahre fort, sage ich«, gab Gudruda mit einer Stimme zurück, die Hall vor ihr zurückschrecken ließ. »Fahre fort, aber ich muß dich warnen: Wenn du auch nur mit einem Wort lügst, wird es dein Tod sein, sobald Erik zurückkommt.«
    Nun dachte Hall an Skallagrims Axt und bekam es mit der Angst zu tun. Und doch konnte er das schon Gesagte nicht zurücknehmen. So fing er am Anfang an und erzählte die Geschichte, wie er beim Kampf mit Ospakars Schiffen verwundet und auf den Färöer-Inseln

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