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Erinnerung an einen schmutzigen Engel: Roman (German Edition)

Erinnerung an einen schmutzigen Engel: Roman (German Edition)

Titel: Erinnerung an einen schmutzigen Engel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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spürte Hanna, dass die Veränderung auch etwas anderes bedeuten könnte. Eine Öffnung in einem dunklen Hochwald, wo das Sonnenlicht plötzlich auf eine Lichtung fiel. Ein Leben, das besser werden könnte als dieses von feindlichen Armeen belagerte Dasein. Die Angst vor dem Unbekannten wurde auch zu einer Sehnsucht nach dem, was sie vielleicht erwartete. Jenseits der Wälder, der wogenden Bergrücken im Südosten.
    Davon sagte sie jedoch nichts zu Elin. Sie schwieg über ihre unklare Sehnsucht.

9
     
    Am 17. Dezember, nachmittags kurz nach halb drei, ertönte Schellenklang aus dem Wald. Es war Vera, die die Pferde hörte. Sie war bei den Hühnern, um nachzusehen, ob sie trotz der Kälte Eier gelegt hatten. Als sie sich mit leeren Händen durch den schmalen Pfad tastete, der in dem meterhohen Schnee freigeschaufelt worden war, hörte sie die Schellen. Elin und Hanna kamen heraus, als sie rief. Die schlimmste Kälte hatte jetzt nachgelassen, die Tage zuvor hatte es getaut, aber jetzt hatte sich über Nacht puderweißer Neuschnee auf die Schneekruste gelegt.
    Das Schellengeräusch näherte sich, dann tauchte das schwarze Pferd wie ein Troll oder ein Bär am Waldrand auf. Der eingemummelte Kutscher straffte die Zügel und hielt genau vor dem Häuschen an, das eingebettet in Schnee und Elend dort lag.
    Da hatte Elin schon die erlösenden Worte zu Hanna gesagt: »Es ist Jonathan Forsman.«
    »Wie kannst du sicher sein?«
    »Niemand hat ein so schwarzes Pferd wie er. Und so viele Pelze hat auch niemand an.«
    Hanna sah, dass das stimmte, als der Mann aus dem Schlitten geklettert war und in das Häuschen kam. Er trug Pelze von Bär und Wolf, saß während der Fahrt auf Rentierfellen und hatte einen Rotfuchs um den Hals. Als er sich aus all diesen Pelzen schälte, aus denen Schnee und Schweiß tropften, war es, wie einen Mann auftreten zu sehen, der viel zu lange an einem Feuer gesessen hatte. Sein Gesicht war bärtig und rot, die verschwitzten Haare klebten an der Stirn. Aber Hanna erkannte sofort, dass Elin recht gehabt hatte. Der Mann, der sie vielleicht mitnehmen würde, war weder bedrohlich noch bösartig. Er war freundlich, setzte sich auf einen Schemel am Feuer und schenkte Elin ein Gesangbuch, das er in Röros gekauft hatte.
    »Es ist auf Norwegisch«, sagte er. »Aber der Einband ist schön, echtes Leder, und die Schließen glänzen, wenn man sie sauber hält. Und du kannst wohl ohnehin nicht lesen, Elin Renström. Oder irre ich mich?«
    »Ich buchstabiere mich durch«, sagte Elin. »Wenn man das lesen nennen kann, dann tu ich das.«
    Erst abends, als die kleineren Kinder eingeschlafen waren, sprach Elin die Frage nach Hannas Reise an. Sie saßen am Feuer. Jonathan Forsman ließ seine großen Hände ruhen. Ehe die Geschwister eingeschlafen waren, hatte er mit seiner gesprungenen Stimme einen Choral vorgetragen. Hanna hatte noch nie einen Mann so singen hören. Der Pastor, der in Ljungdalen den Gottesdienst hielt, hatte eine piepsige Stimme. Es klang, als würde ihn jemand kneifen, wenn er einen Choral anstimmte. Aber hier war ein Mann, der so sang, dass sogar die Kälte in den Wänden zu verstummen schien.
    Elin sagte, wie es war. Einige wenige Worte, mehr war nicht nötig.
    »Kannst du Hanna mitnehmen?«, fragte sie. »Sie soll nach Sundsvall, wo Verwandte sich um sie kümmern werden.«
    Jonathan Forsman hörte ihr nachdenklich zu. »Bist du sicher?«, fragte er.
    »Warum sollte ich nicht sicher sein? Weshalb sollte ich zögern?«
    »Ob die Verwandtschaft sie aufnimmt? Ist es die von Renströms Seite?«
    »Von meiner, den Walléns. Wäre es die von Renströms, würde ich sie auf keinen Fall hinschicken.«
    »Und sie wissen, dass sie kommt?«
    »Nicht, dass es Hanna ist. Aber eins von den Kindern. Das haben wir gesagt, als wir uns gesprochen haben.«
    Jonathan Forsman sah lange auf seine Hände hinab. »Wie lange ist das her?«, fragte er dann. »Dass ihr euch gesprochen habt?«
    »Vier Jahre jetzt im Frühjahr.«
    »Viel kann in so langer Zeit geschehen sein«, sagte Jonathan Forsman. »Aber ich werde sie mitnehmen. Dann können wir nur hoffen, dass es jemand da gibt, der sie haben will.«
    »In vier Jahren können doch nicht alle gestorben sein«, sagte Elin bestimmt. »Wenn es da nicht eine tödliche Epidemie gegeben hat, die uns hier oben im Fjäll nicht erreicht hat.«
    Jetzt fasste Jonathan Forsman Hanna zum ersten Mal ins Auge. »Wie alt bist du?«, fragte er.
    »Ich bin gerade achtzehn geworden.«
    Jonathan

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