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Erinnerung an einen schmutzigen Engel: Roman (German Edition)

Erinnerung an einen schmutzigen Engel: Roman (German Edition)

Titel: Erinnerung an einen schmutzigen Engel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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nebeneinander auf der schmalen Pritsche mit den hohen Sturmkanten aus abgegriffenem Holz. Ana legte ihre Hand auf Moses’ Herz und fühlte, wie sein Atem langsam von aufgeregter Freude in eine große Ruhe zurückkehrte.
    Vielleicht dachte sie in diesem Moment an Lundmark, das hätte sie später nicht sagen können. Aber sie kehrte in Gedanken wieder und wieder zu der merkwürdigen Tatsache zurück, dass sich so vieles in ihrem Leben wiederholte. Liebe in engen Kabinen, Gangways, Seebestattungen. Niemand hatte sie auf dieses Leben vorbereiten können, weder ihr Vater noch Elin. Am Fluss hatte sie gelernt, die Hacke zu handhaben, Kinder zu hüten, durch tiefen Schnee und eisige Kälte zu waten, ohne zu erschrecken, und einen strafenden Gott zu fürchten, der sich in den ängstlichen Überzeugungen ihrer Großmutter fand. Jetzt hatte sie mutige Handlungen vollbracht, ohne darauf vorbereitet zu sein und ohne dass sie jemand gezwungen hätte.
    Die Zeit drängte. Bald würde das Schiff ablegen.
    »Komm mit«, sagte sie. »Ich möchte, dass du mitkommst.«
    »Ich kann nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Das weiß die Senhora.«
    »Nenn mich nicht Senhora. Nenn mich auch nicht Ana. Nenn mich Hanna. Das ist mein richtiger Name.«
    »Ich werde auf die gleiche Art getötet werden wie Isabel.«
    »Das wird nicht geschehen, solange es mich gibt.«
    »Du konntest auch Isabel nicht schützen.«
    »Klagst du mich an?«
    »Nein. Ich sage nur, wie es ist.«
    Moses erhob sich, stand auf und zog seinen Overall wieder an. Ana blieb auf der Pritsche liegen, die Kleider in Unordnung, das Haar aufgelöst.
    Im selben Moment donnerten Schritte vor der Tür der Kabine. Ein kräftiges Klopfen ertönte, und dann wurde die Tür geöffnet. Da stand der Steuermann, der sie an der Gangway empfangen hatte, und neben ihm hatte sich ein weiterer Mann aufgebaut, wahrscheinlich der zweite oder dritte Steuermann.

79
     
    Ana durchzuckte der Gedanke, die beiden Männer sähen aus wie wilde Tiere.
    »Hat er Sie überfallen?«, schrie der Steuermann und schlug Moses mit der Faust ins Gesicht.
    »Er hat mich nicht angerührt«, schrie Ana und versuchte dazwischenzugehen.
    Doch der Steuermann hatte Moses schon zu Boden gestoßen und setzte sich auf ihn, beide Hände um seine Kehle.
    »Ich werde diesen Teufel töten«, rief er. »Ein Träger, der einen meiner Passagiere in der Kajüte überfällt.«
    »Er hat mich nicht überfallen«, schrie Ana verzweifelt und versuchte, die Hände des Steuermanns von Moses’ Hals zu zerren. »Lassen Sie ihn los!«
    Der erregte Steuermann stand auf und gab Moses frei, der blutig im Gesicht war.
    »Was hat er getan?«, sagte der Mann an der Tür, der bisher stumm gewesen war.
    »Er hat nichts anderes getan als das, worum ich ihn gebeten habe«, antwortete Ana. »Und ich verfluche die Art, wie Sie ihn behandeln.«
    »Auf dem Schiff bestimmen wir über die Neger, die an Bord kommen«, sagte der Steuermann.
    Wie um dem, was er gesagt hatte, Nachdruck zu verleihen, schlug der Steuermann Moses noch einmal zusammen. Diesmal traf er seine Nase, die zu bluten anfing. Ana schrie auf. Sie war nur leicht bekleidet und sah ein, dass alles darauf hindeuten könnte, es sei etwas Unerhörtes geschehen. Aber in diesem Moment war es ihr gleich. In einem der glücklichsten Augenblicke ihres Lebens war sie tiefer gekränkt worden als je zuvor.
    »Er soll gehen«, sagte sie. »Und ihr werdet ihn nicht anrühren.«
    »Nein«, sagte der Steuermann. »Man wird ihn verhaften. Die Festung wird sich um ihn kümmern.«
    Ana verschlug es die Sprache bei dem Gedanken, dass Moses vielleicht im selben Kerker landen würde, in dem seine Schwester Isabel gestorben war.
    »Dann müsst ihr mich auch mitnehmen«, sagte sie.
    Etwas in ihrer Stimme klang so überzeugend, dass die beiden Steuermänner aus dem Konzept gerieten. Ana nahm ein Handtuch und wischte Moses das Gesicht ab. Das Blut an dem Handtuch machte sie plötzlich auf etwas Klebriges an der Innenseite ihrer Schenkel aufmerksam. Sie wusste, was es war, und dachte, es sei in diesem Moment das größte und wichtigste Geheimnis ihres Lebens.
    Nachdem sie die Kabine verlassen hatten, beobachteten Passagiere und Besatzungsmänner neugierig die Prozession. Allen an Bord war bewusst, dass etwas in der größten Kabine des Schiffs vorgefallen war.
    Moses ging die Gangway hinunter, ohne dass sie sich richtig verabschieden konnten. Ana sah ihn am Kai verschwinden, aber er drehte sich nicht um. Sie folgte ihm mit dem

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