Erinnerung Des Herzens
anderen Projekt. Schon seit langem denke ich darüber nach. Ich brauche deine Hilfe.«
Maggie blickte erstaunt. »Meine Meinung dazu interessiert dich nicht?«
»Deine Meinung gehört zu den wenigen, die mir stets willkommen sind, Maggie.«
Eve setzte sich in einen scharlachrot gepolsterten Sessel mit hoher Rückenlehne. Von hier aus konnte sie in den Garten auf die sorgfältig gepflegten Blumen und die korrekt beschnittenen Hecken schauen. Von einem Springbrunnen sprudelte schäumendes Wasser in ein Marmorbassin. Dahinter befanden sich der Swimmingpool und das Gästehaus im Tudor-Stil. das einem Haus in einem ihrer erfolgreichsten Filme nachgebaut worden war. Hinter einer Reihe von Palmen lag der Tennisplatz, den sie mindestens zweimal in der Woche benutzte, ferner ein kleiner Golfplatz, an dem sie inzwischen das Interesse verloren hatte, und ein Schießstand, den sie vor zwanzig Jahren nach dem Manson-Mordfall hatte errichten lassen. Dann gab es noch ein Orangenwäldchen, eine Garage für zehn Wagen und eine künstliche Lagune. Alles wurde von einer zwanzig Fuß hohen Steinmauer umschlossen.
Für jeden Fußbreit Boden ihres Besitzes in Beverly Hills hatte sie gearbeitet. Ebenso wie sie - einstiges Sexsymbol mit rauchiger Stimme - darum gekämpft hatte, als ernstzunehmende Schauspielerin anerkannt zu werden. Es hatte sie Opfer gekostet, aber daran dachte sie nur selten. Es hatte sie auch Schmerzen gekostet. Das vergaß sie nie. Sie hatte eine hohe Leiter erklommen, die glitschig war von Schweiß und Blut, und sie war lange Zeit an der Spitze geblieben. Aber dort war sie sehr allein gewesen.
»Erzähl mir von diesem Projekt«, sagte Maggie. »Ich werde dir sagen, was ich davon halte, und ich werde dir helfen.«
»Was für ein Projekt?«
Beide Frauen blickten zur Tür, als sie die Stimme des Mannes hörten. Sein leichter britischer Akzent war unverkennbar, obwohl er im Laufe seiner fünfunddreißig Jahre nicht mehr als ein Jahrzehnt in England verbracht hatte. Paul Winthrops Heimat war Kalifornien.
»Du hast dich verspätet.« Aber Eve lächelte nachsichtig und streckte ihm beide Hände entgegen.
»Tatsächlich?« Er küsste erst ihre Hände, dann ihre Wangen. »Hallo, Schönheit.« Er nahm ihr Glas, nippte daran und grinste. »Immer noch die verdammt besten Orangen im ganzen Land. He, Maggie.«
»Paul. Himmel, du siehst deinem Vater von Tag zu Tag ähnlicher. Ich könnte dir im Handumdrehen einen Filmvertrag verschaffen.«
Er nippte noch einmal an Eves Glas und gab es ihr dann zurück. »Ich werde dich eines Tages daran erinnern, wenn alle Stricke reißen.«
Er hatte mahagonifarbenes Haar, das vom Wind zerzaust war. Sein Gesicht war für einen Mann immer etwas zu hübsch gewesen, jetzt war es zu seiner großen Erleichterung vom Wetter gegerbt. Eve studierte es eingehend, die lange gerade Nase, die hohlen Wangen, die tiefblauen Augen, die umgeben waren von einem feinen Liniennetz, das eine Frau zur Verzweiflung gebracht hätte, bei einem Mann aber interessant und charaktervoll wirkte. Er lächelte mit seinem schöngeschnittenen Mund, einem Mund, in den sie sich vor fünfundzwanzig Jahren verliebt hatte - dem Mund seines Vaters.
»Wie geht es dem alten Bastard?« fragte sie.
»Er macht sich ein schönes Leben mit seiner fünften Frau an den Spieltischen von Monte Carlo.«
»Er hat nichts dazugelernt. Frauen und Spiel, das waren schon immer Rorys Schwächen.«
Da er vorhatte, am Abend noch zu arbeiten, goß Paul sich nur Saft ein. Eve zuliebe hatte er seine Arbeiten heute unterbrochen. Das hätte er für niemanden sonst getan. »Erstaunlicherweise hat er mit beiden immer unheimliches Glück gehabt.«
Eve trommelte mit den Fingern auf die Sessellehnen. Vor einem Vierteljahrhundert war sie zwei kurze, wilde Jahre lang mit Rory verheiratet gewesen. »Wie alt ist denn die Neue? Dreißig?«
»Wenn man den Presseerklärungen glauben darf, ja.« Amüsiert schaute Paul zu, wie Eve sich eine neue Zigarette angelte. »Komm, Schönheit, du wirst doch nicht etwa eifersüchtig sein?« Hätte irgend jemand anderes ihr diese Frage gestellt, wäre Eve hochgegangen wie eine Rakete. Jetzt zuckte sie nur mit den Schultern.
»Ich hasse es, zusehen zu müssen, wie er einen Narren aus sich macht. Außerdem wird jedes Mal, wenn er sich in eine neue Ehe stürzt, eine Liste seiner Verflossenen veröffentlicht.« Einen Augenblick lang wurde ihr Gesicht von einer Rauchwolke verdeckt. »Ich verabscheue es, meinen Namen in einer
Weitere Kostenlose Bücher