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So bin ich eben - Erinnerungen einer Unbezaehmbaren

So bin ich eben - Erinnerungen einer Unbezaehmbaren

Titel: So bin ich eben - Erinnerungen einer Unbezaehmbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliette Gréco
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Im Versteck
    Wie klein ich bin.
    Ich bin erst vier oder fünf Jahre alt. Obwohl unsere Mutter uns verlassen hat, bin ich nicht traurig. Ich habe auch keine Angst, denn meine Schwester Charlotte ist bei mir. Ihre Gegenwart gibt mir Sicherheit, mehr brauche ich nicht.
    Wagemutig kundschafte ich jeden Winkel im Haus meiner Großeltern aus. Ein großer Garten umgibt den schönen bürgerlichen Wohnsitz in der Nähe von Bordeaux. Eine Freitreppe führt zu seinem Eingang.
    Ich kenne alle Zimmer des Hauses, die ich wie eine Katze durchstreife. Und weil es mir Spaß macht, krieche ich unter den massiven Holztisch im Speisezimmer, wo niemand mich sehen kann. Ich klettere ins Buffet, und die Finsternis, die mich da umfängt, flößt mir einen Heidenrespekt ein. Die Hausangestellten in der Waschküche beobachte ich aus einem sicheren Schlupfwinkel; im Schuppen, wo sich alte Möbel, Stühle und Korbsessel stapeln, verstecke ich mich. Gern verberge ich mich im Weinkeller, um den Duft des feuchten Holzes einzuatmen.
    Mein Bär, der eine Bärin ist, die ich Oursine getauft habe, begleitet mich. Oursine ist die ideale Weggefährtin. Wie oft habe ich meine Freundin schon repariert; wie oft schon musste ich dieses kleine Wesen, das mir fast überall Gesellschaft leistet, mit der Nähnadel traktieren.
    Sobald die Angestellten mit ihrer Arbeit fertig sind und das Haus bereits zu schlafen scheint, schleiche ich mich in die Küche und drehe vorsichtig am Schlüssel des großen Vorratsschranks, denn es gilt, meine Gier nach Leckereien zu befriedigen. Ich mopse mir ein paar Kekse, tauche mit der Hand in das Glas mit den getrockneten Trauben und lasse meinen Zeigefinger in die offenen Marmeladentöpfe gleiten. Ein kleines Spiel, das mir große Freude bereitet.
    Ich bin kein sehr artiges Kind, aber von froher, heiterer Wesensart; eine Einzelgängerin, die gerne träumt. Und zugegebenermaßen, ich kann ganz schön störrisch sein. Ich will, dass man mich in Ruhe lässt; Zwang ist mir verhasst.
    Wenn die Lust mich packt, rase ich in den Park. Aus Blütenblättern versuche ich dann, einen Zaubertrank zu destillieren. Leise und unauffällig gehe ich dabei zur Sache.
    »Was soll aus ihr werden? Sie ist eigensinnig, man muss ihr Kontra geben!« So Großmutters mahnende Worte.
    Sie hält mich für ein trauriges, in sich gekehrtes Mädchen … vielleicht auch für einen Dummkopf.
    Mit meiner großen Schwester Charlotte stecke ich unter einer Decke, bei ihr blühe ich auf. Für sie tanze ich und denke mir Choreografien aus. Umherzuwirbeln, die Arme wie Flügel auszubreiten und dabei den Raum und die Luft zu spüren, das mag ich. Ich lache und vergesse dabei. Nur mein Körper spricht – und das gefällt mir: schweigen und ihn allein alles sagen lassen. Charlotte mimt gern meinen Manager, sie korrigiert mich, manchmal etwas arg streng. Denn so manchen Fehler ahndet sie mit einem Klaps, mit dem ich nicht gerechnet habe.
    Meine frühe Kindheit ist weder sehr glücklich noch sehr unglücklich. Ich wachse ohne die Liebe der Mutter und ohne Vater auf. Das große Haus ist wie eine Burg für mich. Meine Mutter hat meine Schwester und mich ganz einfach in die Obhut alter Menschen gegeben, unserer Großeltern.
    Unsere Großmutter mit ihrer starken Persönlichkeit und unser Großvater mit seiner sanften Zurückhaltung begleiten uns durchs Leben.
    Heute Abend gehen sie in die Oper. Mit meinem kleinen Kopf luge ich durch die halb offene Tür des Zimmers meiner Großmutter. Ich sehe ihr zu, wie sie den Schmuck auswählt, der ihrem schwarzen Kleid Glanz verleihen soll.
    Leicht beugt sie sich vor dem ovalen Spiegel der Frisierkommode nach vorn. Das Möbelstück stammt aus dem 18. Jahrhundert, seine Deckplatte ist aus Parischem Marmor. Meine Großmutter steckt sich Perlohrringe an, dann eine diamantene Spange, die ihr Dekolleté auf dezente Weise verschönert. Die Haare hat sie hochgesteckt. Sie ist eine stolze Erscheinung. So und mit guter Laune wird sie den Mann, den sie so sehr liebt, heute Abend begleiten.
    Meine Erinnerung an dieses Paar wird für alle Zeiten eine helle, zu Herzen gehende sein. Die beiden lieben sich innig, immerzu necken sie sich. Die unmäßige Strenge seiner Frau gegenüber dem Dienstpersonal nimmt Großvater dabei ohne Widerspruch hin. Ich sehe, wie Großmutter weiße Handschuhe überzieht, mit den Fingern über die Möbel streift und nach dem Zimmermädchen ruft: »Mademoiselle, kommen Sie bitte!« Die behandschuhten Finger, an denen Staub

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