Erinnerungen an die Wahrheit
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Nach den Gesprächen mit den Priestern der Inseln kann er für sich folgendes Ergebnis festhalten: Die Bundeslade befand sich 800 Jahre lang bis zu ihrer Überführung nach Aksum im 4. Jahrhundert n. Chr. auf der Insel Tana Kerkos im Tana-See (uralte jüdische Opfersteine kennzeichnen noch heute die Stelle, wo sie gestanden haben soll). 72 Jahre lang war sie im 10. Jahrhundert n. Chr. zusammen mit geflüchteten Christen auf der Insel Debra Zion im Zwai-See. (Die Bewohner sprechen dort auffälligerweise noch heute die gleiche Sprache wie im weit entfernten Aksum: Tigre.) Zu dieser Zeit hatte die Jüdin Gudit (auch Judith genannt), die alles daran setzte, die christliche Religion auszulöschen, die Oberhand in Äthiopien gewonnen. Von Mitte des 16. Jahrhunderts bis Mitte des 17. Jahrhunderts befand sich die Bundeslade wieder auf einer der Inseln im Tana-See, als fanatische Moslems Äthiopien zu erobern versuchten. Nach seinen Erkundungen vor Ort ist sich Graham Hancock ziemlich sicher, daß die echte Bundeslade tatsächlich nach Äthiopien gelangt ist. Bei einer Kopie wäre ein derartiger Rettungseifer nicht zu erwarten. Und die Lade scheint auch noch in Aksum zu sein; denn Spuren einer eventuellen „Flucht“ der Bundeslade vor den Kriegswirren auf eine der Inseln sind nicht zu entdecken.
In Gondar und im Simien-Gebirge
In der Nähe des Tana-Sees liegt Gondar, wo eine Zeit-lang äthiopische Kaiser ihre Residenz hatten. Die Stadt ist umkämpft, aber noch in der Hand der kommunistischen Regierung. Hier will Graham Hancock das Timkat-Fest miterleben, die wichtigste religiöse Feier in Äthiopien. Und er will in der Umgebung von Gondar, im Simien-Gebirge, die Priester der Falaschen und Quemant aufsuchen. Die Falaschen besitzen noch eine archaische Form des Judentums. Sie haben sehr alte jüdische Rituale, ganz so, als ob sie von der Weiterentwicklung des Judentums völlig abgeschnitten waren. Ihre Vorfahren sollen bereits zur Zeit Salomos nach Äthiopien gekommen sein. Die religiösen Gebräuche der Quemant sind ebenfalls uralt. Sie opfern in heiligen Hainen, wie zu Abrahams Zeiten, oder vor alten Bäumen. Wegen ihres ausgeprägten Naturglaubens hat man die Quemant aber trotz jüdischer Glaubenselemente nicht als Juden betrachtet. Ihre Vorfahren stammen aus Kanaan, wie der alte Priester der Quemant – der „wambar“ – bestätigt, den Graham Hancock in einem abgelegenen Winkel schließlich auffinden kann. Der Priester klagt: „Wir werden aussterben. Ich bin der letzte Priester und habe keinen Nachfolger.“
Bald wird es auch keine Falaschen mehr in Äthiopien geben, denkt Graham Hancock, da sie von Israel 1973 offiziell als Juden anerkannt wurden und seit 1984 in großer Zahl nach Israel auswanderten. Viele von ihnen sind auch während der Hungerkatastrophen in den achtziger Jahren umgekommen, andere in die Flüchtlingscamps im Sudan geflohen. Die meisten Dörfer der Falaschen sind verlassen. Doch gelingt es Graham Hancock, ein Dorf zu finden, in dem noch Menschen leben. Er kann auch den Priester des Dorfes sprechen – den „kahen“ – , der ihm jedoch wenig Neues zu berichten weiß von der uralten Vergangenheit seines Volkes. „Wir vergessen unsere eigene Vergangenheit“, sagt er traurig. „Mein Vater wußte darüber mehr als ich, mein Großvater noch mehr.“
Für Graham Hancock beweisen diese alten jüdischen Volksstämme, daß jüdische Einwanderer schon in sehr frühen Zeiten nach Äthiopien gelangt sind. Keinesfalls können die Juden erst nach ihrer Vertreibung durch die Römer ab dem Jahr 70 n. Chr. über den Jemen nach Äthiopien eingewandert sein, wie die Historiker heute vermuten. Und er hält es nun für sehr einleuchtend, daß die Bundeslade schon sehr früh im jüdischen Äthiopien in Sicherheit gebracht wurde, und zwar wahrscheinlich in der kritischen Zeit zwischen Salomo und der babylonischen Gefangenschaft – vielleicht tatsächlich noch zur Zeit Salomos, so wie die äthiopischen Legenden behaupten. Schließlich kommt Hancock jedoch zu der nicht recht überzeugenden Schlußfolgerung, daß die Lade zur Zeit des vom Jahwe-Glauben abgefallenen Königs Manasse (7. Jahrhundert v. Chr.) zusammen mit flüchtenden Juden erst nach Ägypten und dann im 5. Jahrhundert v. Chr. nach Äthiopien zum Tana-See gelangte. (Die äthiopischen Legenden sind demgegenüber viel einleuchtender.)
In der alten Kaiserstadt Gondar, die sich durch eindrucksvolle Überreste kaiserlicher Schlösser
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