Erinnerungen an die Wahrheit
auszeichnet, beginnen am 18. Januar 1990 wie überall im Lande die Timkat-Feierlichkeiten. In Gondar nehmen etwa 10.000 Menschen daran teil. Das Fest soll an die Taufe Jesu erinnern. Graham Hancock ist fasziniert von der farbenprächtigen, archaischen Szenerie. Die Priester tragen in bunten, festlichen Gewändern die in Brokattücher gehüllten „Tabots“ ihrer Kirchen auf dem Kopf. Diakone in weißem Ornat lehnen auf langen Gebetsstäben und wiegen sich völlig versunken im ernsten Rhythmus ihrer Gesänge, wenn die Tafeln aus den Kirchen getragen werden. Dazu ertönt die „kebero“, eine große, ovale Kirchentrommel, und es rasseln die Sistren wie im alten Ägypten.
Dann beginnt die Prozession im Freien. „Die Jubelrufe und Schreie der Menge vermischen sich mit dem Schmettern der Trompeten, dem Pfeifen der Flöten, dem Klimpern der Leiern und dem Geklingel der Tamburine zu einem ohrenbetäubenden Lärm, der die Menschen in völlige Trance geraten läßt“, so berichtet Graham Hancock („Die Wächter …“, S. 256). Vor den Priestern tanzen einzelne aus der Menge bis zur totalen Erschöpfung – wie seinerzeit David vor der Bundeslade. Rein empfindungsgemäß ist für Graham Hancock jetzt klar, daß die Bundeslade nach Äthiopien gelangt ist. Anders ist für ihn eine derart große Verehrung der Gesetzestafeln nicht erklärbar. Aber es fehlen die letzten Beweise! Zu gerne hätte er die Lade in Aksum das nächste Jahr beim Timkat-Fest mit eigenen Augen gesehen, die dort angeblich bei der Prozession herumgeführt wird.
In Jerusalem und im Felsendom
Doch zuvor studiert Graham Hancock noch einmal gründlich das Alte Testament und die jüdischen Legenden, um endgültig ausschließen zu können, daß die Bundeslade vielleicht doch nicht nach Äthiopien gekommen ist. Das Ergebnis der Schriftstudien ist für Graham Hancock eindeutig. Bis zu Salomos Zeiten wird die Bundeslade ausgiebig und oft im Alten Testament gewürdigt. Für die Zeit nach Salomo stellt er ein auffälliges, „ohrenbetäubendes Schweigen“ über die Bundeslade fest.
Und Graham Hancock informiert sich auch in Jerusalem über die dortigen Nachforschungen nach der Bundeslade, um ausschließen zu können, daß sie sich dort eventuell doch noch an geheimem Ort befindet, wie jüdische Legenden berichten, die aber erst lange nach der babylonischen Gefangenschaft entstanden waren. In Jerusalem besichtigt er den prächtigen Felsendom, der angeblich über dem Felsen errichtet wurde, auf welchem der Tempel Salomos gestanden hatte. Das große, achteckige, mit blauen Kacheln bekleidete Gebäude, das eine goldene Kuppel besitzt, gilt als Wächter des „Shetiyyah“, des „Grundsteines der Welt“, der hier besichtigt werden kann. Er konnte allen Stürmen der Geschichte trotzen und hatte Juden, Babylonier, Römer, Christen und Moslems kommen und gehen sehen. Manche Juden und Moslems glauben noch heute, daß sich unter dem Felsen ein geheimer Zugang zur verborgenen Bundeslade befindet, die angeblich von Geistern und Dämonen bewacht wird.
Von den jüdischen Archäologen in Jerusalem erfährt Graham Hancock, daß es zwar einige Ausgrabungen bzw. Nachforschungen im 20. Jahrhundert unter dem Bereich des Tempelberges gegeben hat, daß aber Nachforschungen direkt unter dem Felsendom nicht möglich sind, da die Moslems keine Zustimmung geben. Von ihrem Standpunkt aus wäre es ein furchtbares Sakrileg; denn der Felsendom gilt als eines der größten Heiligtümer des Islam. Und orthodoxe Juden vertreten die Auffassung, daß die Suche nach der Bundeslade überhaupt erst in Betracht zu ziehen ist, wenn der Messias gekommen ist, auf den sie noch heute warten. Fazit: Die einzige gründliche Untersuchung direkt unter dem Tempelberg ist wahrscheinlich nur von den Tempelrittern im 12. Jahrhundert durchgeführt worden. Aber was auch immer sie gefunden haben mögen – es war jedenfalls nicht die Bundeslade.
Wieder in Aksum
Graham Hancock beschließt, wie geplant ein drittes Mal nach Äthiopien zu reisen, um in Aksum beim Timkat-Fest im Januar 1991 vor Ort zu sein und vielleicht doch noch die dort weiterhin vermutete Bundeslade zu sehen. Da Aksum sich in der Hand der Tigreanischen Befreiungsfront befindet, muß er sich bei den „Rebellen“ um die Einreiseerlaubnis bemühen. Diese sind zuerst recht abweisend, da er mit den Kommunisten zusammengearbeitet hatte, doch Graham Hancock hat einen Köder. Er will einen Kameramann mitnehmen, der Aufnahmen für das Fernsehen
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