Erinnerungen an eine Ehe: Roman (German Edition)
etwas dagegen hätte, wenn sie in den Blumenbeeten Unkraut rupfen und welke Blüten abschneiden würde, tat sie den größten Teil des Nachmittags genau das. Bellas Aufgabe, dachte ich. Was für ein schriller Misston, dass diese Frau sich damit befasst. Schrill und zugleich normal: Ich begriff, dass jede Frau, die einen eigenen Garten hat und Gartenarbeit gewohnt ist, das Gleiche tun würde, wenn sie sich selbst überlassen war und den verwaisten Zustand der Blumenbeete sah.
Weil ich nicht wusste, wie schwierig dieser Besuch werden würde, und fest daran glaubte, dass Fremde, die Lucy vielleicht beeindrucken wollte, einen besänftigenden Einfluss auf sie haben würden, hatte ich gleich nach dem Anruf, mit dem sie ihr Kommen ankündigte, meinen ehemaligen Mieter Peter Drummond, den Professor am Bard College, und seinen Partner zum Dinner eingeladen. Sie sagten zu. Zum Glück hatte auch Mrs. James Zeit, und um ihr und mir das Leben zu erleichtern, bat ich sie, ein ganzes Dinner zu Hause zu kochen und kalt mitzubringen. Die Erfahrung hatte mich gelehrt, dass ihr das viel lieber war, als in meiner Küche zu kochen und meine Einmischung aushalten zu müssen. Sie schlug Schweinebraten, Nudelsalat, einen grünen Salat und einen Obstkuchen vor, den ihre Tochter backen würde. Ich war einverstanden.
Lucys gesellschaftliches Geschick, das sie bei ihren kleinen Pariser Dinners so wohltuend zur Wirkung gebracht hatte, war ihr nicht abhandengekommen. Sie lockte Peter aus der Reserve, indem sie ihn nach seiner Arbeit fragte. Er erzählte uns, dass er seine Dissertation über den amerikanischen Nativismus im neunzehnten Jahrhundert geschrieben habe und jetzt über die heutigen fundamentalistischen Christen und ihre Umwandlung in eine rechtsextreme Bewegung arbeite.
Dieses Gesprächsthema samt den obligatorischen Klagen über George W. und seine schlecht geführten Kriege hielt vor bis zum Nachtisch, der Tarte mit Pfirsichen. Als wir im Wohnzimmer einen Kaffee tranken, wendete sich Lucy Peters Partner Ezra zu. Sie öffnete mein Klavier, spielte eine Tonleiter, schnitt eine Grimasse und fragte Ezra, ob er es über sich bringen könne, auf einem dermaßen verstimmten Instrument eines seiner Stücke zu spielen. Es sind sowieso nur Dissonanzen, erwiderte er. Ich versuch’s mal.
Ich rechnete nicht damit, am nächsten Morgen mit ihr zu frühstücken. Wir hatten erst spät gute Nacht gesagt und vorher wieder zu viel Wein getrunken, Lucy außerdem noch einen oder vielleicht auch zwei Absacker. Tatsächlich steckte sie ihren Kopf erst kurz vor dem Lunch zur Tür meines Studios herein und sagte, sie werde die Exzesse des vergangenen Abends in meinem Pool abarbeiten. Ich riet ihr, so lange zu schwimmen oder in der Sonne zu liegen, wie es ihr gefalle, und sich zu melden, wenn sie genug habe. Entsprechend spät aßen wir zu Mittag. Ich hatte während der langen Morgensitzung mehr als genug Arbeit geschafft, und als sie fragte, ob es mir recht sei, den Kaffee nach dem Essen draußen im Garten zu trinken, erklärte ich mich gern einverstanden. Wir setzten uns in die Holzlehnstühle auf dem Rasen hinterdem Haus, der schon tief im Schatten lag. Sie rauchte. Als sie mir eine Zigarette anbot, nahm ich eine, in Erinnerung an den Rat, mich zu entspannen, den ich mir selbst gegeben hatte.
Du hast ein hübsches Haus, sagte sie, und ein angenehmes Leben. Mir gefällt es, wie du dich einrichtest. Dies ist ein neuer, sehr häuslicher Philip.
Ich erwiderte, eigentlich würde ich nur vorgegebenen Mustern folgen und in Sharon alles möglichst so machen, wie Bella es gemacht hätte.
Offensichtlich war sie eine gute Lehrerin. Ich wünschte, ich hätte sie besser gekannt.
Ich nickte. Es hatte keinen Sinn, sie daran zu erinnern, dass sie damals unvereinbar wie Öl und Wasser gewesen waren.
Ich war verdutzt, als sie mich dann fragte, ob meine Bücher sich gut verkauften. Damit meine ich, dass ich sie auf den Bestsellerlisten nicht sehe, fügte sie hinzu. Von den Preisen und den Ehrungen weiß ich natürlich.
Das hängt von deinem Standpunkt ab, erklärte ich ihr. Meine ersten Bücher haben sich besser verkauft. Ich hatte ein größeres Publikum und mehr junge Leser. In den Staaten sind die Verkaufszahlen immer noch respektabel. Manchmal sind sie im Ausland höher. Sagen wir mal, ich bin nicht unzufrieden oder peinlich berührt, aber andererseits würden meine Verleger nicht meinen, ihnen stürze das Dach über dem Kopf ein, wenn offensichtlich würde,
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