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Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.

Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.

Titel: Erinnerungen der Kaiserin Katharina II. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina II. von Rußland
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aussagen können, vergiftet zu haben. Er wurde gefoltert und nach Sibirien verbannt.
    Während dieser Reise eilte die Kaiserin uns nach Twer voraus, und da die für uns bestimmten Pferde und Lebensmittel für ihr Gefolge genommen wurden, blieben wir vierundzwanzig Stunden ohne Nahrung und ohne Pferde in Twer. Uns hungerte sehr. Gegen Abend endlich brachte uns Tschoglokoff einen gebackenen Stör, der uns ein Leckerbissen schien. Dann fuhren wir in der Nacht weiter und kamen zwei oder drei Tage vor Weihnachten in Moskau an. Die erste Neuigkeit, welche wir dort erfuhren, war, daß unser Kammerherr Fürst Alexander Michael Galitzin im Augenblick unserer Abreise von Petersburg Befehl erhalten hatte, sich als russischer Gesandter mit 4000 Rubel Gehalt nach Hamburg zu begeben. In ihm erblickte man wieder einen Exilierten mehr, und seine Schwägerin, die Fürstin Gagarin, weinte viel über sein Mißgeschick; überhaupt wurde er von uns allen bedauert.
    In Moskau bewohnten wir dieselben Gemächer, welche ich 1744 mit meiner Mutter eingenommen hatte. Um in die große Hofkirche zu gehen, mußte man das ganze Haus im Wagen umfahren. Am Weihnachtstage gingen wir zur Zeit der Messe hinab, den Wagen zu besteigen, und waren schon bei einer Kälte von 29 Grad auf dem Perron vor der Treppe,als uns die Kaiserin melden ließ, sie dispensiere uns wegen der großen Kälte vom Besuche der heutigen Messe. Die Kälte war aber auch in der Tat schrecklich. Während der ersten Zeit unseres Aufenthaltes in Moskau mußte ich das Zimmer hüten wegen eines frieselartigen Ausschlags, der auf meinem Gesicht zum Vorschein gekommen war. Ich ängstigte mich halbtod, die Flecke zeitlebens zu behalten, und ließ den Doktor Boerhave rufen, der mir beruhigende und zur Vertreibung der Flecke geeignete Mittel verordnete. Als aber schließlich alles nichts half, sagte er eines Tages: »Jetzt werde ich Ihnen etwas geben, was sicher wirkt.« Dabei zog er ein kleines Fläschchen mit Falkschem Oel aus der Tasche und empfahl mir, einige Tropfen davon in eine Tasse zu tun und hiermit von Zeit zu Zeit mein Gesicht einzureiben, etwa alle acht Stunden. Wirklich reinigte das Oel mein Gesicht vollkommen, und nach etwa zehn Tagen konnte ich wieder öffentlich erscheinen.
    Kurz nach unserer Ankunft in Moskau meldete mir Madame Wladislawa, die Kaiserin habe befohlen, mein finnisches Garderobemädchen so schnell als möglich zu verheiraten. Der einzige Grund, weshalb man wahrscheinlich diese Heirat beschleunigte, konnte offenbar nur darin liegen, daß ich für das Mädchen, das sehr lustig war und mich bald auf diese, bald auf jene Art erheiterte, indem sie alle, besonders aber Madame Tschoglokoff, sehr komisch nachahmte, eine entschiedene Vorliebe besaß. Man verheiratete sie also und sprach nicht weiter von ihr.
    Inmitten des Karnevals, während dessen es durchaus keine Belustigungen gab, wurde die Kaiserin von einer heftigen Kolik befallen, welche bald einen ernsten Charakter anzunehmen schien. Madame Wladislawa und Timotheus Nevreinoff flüsterten es mir ins Ohr, baten mich aber gleichzeitig inständig, niemand zu sagen, daß sie es mir erzählt hätten. Ohnesie daher zu nennen, benachrichtigte ich den Großfürsten davon, der dadurch in eine gehobene Stimmung versetzt wurde. Eines Morgens teilte mir Nevreinoff mit, der Kanzler Bestuscheff und General Apraxin hätten die Nacht im Zimmer der Tschoglokoffs zugebracht, woraus man schloß, daß die Kaiserin sehr krank sein müsse. Tschoglokoff und seine Frau waren mürrischer als je, kamen zu uns, dinierten und soupierten mit uns, ließen indes nie ein Wort über diese Krankheit fallen. Wir sprachen nicht mehr darüber, wagten aber ebenso wenig, fragen zu lassen, wie Ihre Majestät sich befände, weil man uns sofort gefragt haben würde: »Wie, woher, von wem wißt ihr, daß sie krank ist?« Und die, welche genannt, ja nur beargwöhnt worden wären, würden sicherlich verabschiedet oder verbannt, ja selbst vor die geheime Kanzlei, die Staatsinquisition, geschickt worden sein, die man mehr als das Feuer fürchtete. Als sich Ihre Majestät endlich nach zehn Tagen etwas besser fühlte, wurde am Hofe die Hochzeit einer ihrer Ehrendamen gefeiert. Bei Tafel saß ich neben der Favoritin der Kaiserin, der Gräfin Schuwaloff. Sie erzählte mir, Ihre Majestät sei von der schrecklichen Krankheit noch so schwach, daß sie die Verlobte nur im Bette sitzend mit ihren Diamanten hätte schmücken können – eine Ehre, welche Elisabeth

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