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Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.

Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.

Titel: Erinnerungen der Kaiserin Katharina II. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina II. von Rußland
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nur von der Kaiserin, mit der er sich aufs ernsthafteste beschäftigte. Endlich erholte er sich, blieb aber in Ungnade und entfernte sich vom Hofe. Hierauf wurde er in die Armee versetzt, wo er indes keinen Erfolg hatte, denn er war für das Kriegshandwerk ein zu verweichlichter Mensch.
    Um dieselbe Zeit begaben wir uns nach Oranienbaum, wo jeden Tag Jagden stattfanden, und zu Anfang des Herbstes, im September, kehrten wir wieder in die Stadt zurück. Damals ernannte die Kaiserin Leon Narischkin zum Kammerkavalier an unserm Hofe. Er war soeben mit seiner Mutter, seinem Bruder, dessen Frau und seinen drei Schwestern aus Moskau eingetroffen. Narischkin war einer der sonderbarsten Menschen, die ich je gekannt, und nie habe ich mehr über jemand gelacht, als über ihn. Er war der geborene Hanswurst, und wäre er nicht durch seine Geburt gewesen was er war, so hätte er sich durch seine wirklich komischen Talente ernähren und reich werden können. Es fehlte ihm dabei durchaus nicht an Geist; er hatte von allem reden hören und alles nahm in seinem Kopfe eine eigentümliche Gestalt an. Er war imstande, über irgend eine Kunst oder Wissenschaft Vorlesungen zu halten, gebrauchte technische Ausdrücke und sprach eine Viertelstunde, oder noch länger – und zuletzt verstand weder er selbst noch irgend ein anderer etwas von den zusammengeflickten Worten, die seinem Munde entströmten, bis endlich alle in lautes Lachen ausbrachen. Von der Geschichte sagte er z. B., er liebe die Geschichte nicht, in der Geschichten vorkämen, und eine guteGeschichte müsse frei sein von Geschichten, die Geschichte werde sonst zum Phöbus. Auch über Politik sprach er unnachahmlich, und wenn er davon anfing, konnte auch der Ernsthafteste nicht widerstehen. Auch behauptete er, daß gut geschriebene Lustspiele meistens langweilig seien.
    Kaum war er bei Hofe angestellt, als die Kaiserin seiner älteren Schwester befahl, sich mit einem gewissen Siniawin zu vermählen, der aus diesem Grunde uns als Kammerkavalier beigegeben wurde. Dieser Befehl traf das junge Mädchen wie der Blitz, denn sie heiratete diesen Menschen nur mit dem größten Widerwillen. Auch das Publikum nahm jene Heirat schlecht auf, deren ganze Schuld Schuwaloff trug, der Günstling der Kaiserin, der vor seiner Begünstigung eine zärtliche Neigung für das Fräulein gehabt. Man behauptete, sie werde zu einer so schlechten Partie gezwungen, damit er sie aus dem Gesicht verliere. Es war dies eine wahrhaft tyrannische Tat; kurz, sie heiratete ihn, wurde schwindsüchtig und starb.
    Ende September bezogen wir den Winterpalast. Der Hof litt damals so großen Mangel an Möbeln, daß dieselben Spiegel, Betten, Stühle, Tische und Kommoden, die wir im Winterpalast gebrauchten, uns in den Sommerpalast und von dort nach Petersburg, ja selbst nach Moskau folgten. Während des Transports wurde natürlich eine große Anzahl zerstoßen und zerbrochen, aber trotzdem gab man sie uns, so daß es fast unmöglich war, sie zu benutzen. Da man jedoch eines besonderen Befehls der Kaiserin bedurfte, um andere zu erhalten, und die Kaiserin meist schwer zugänglich oder völlig unzugänglich war, so entschloß ich mich, nach und nach Kommoden und die unentbehrlichsten Möbel sowohl für den Winter- als für den Sommerpalast von meinem eigenen Gelde zu kaufen, wenn ich dann von einem Schloß ins andere übersiedelte, fand ich alles was ich brauchte ohne Mühe und ohne die Nachteiledes Transportes vor. Dies gefiel auch dem Großfürsten, und er tat für sein Zimmer dasselbe. In Oranienbaum, das dem Großfürsten gehörte, richteten wir sogar alles auf unsere Kosten ein. Um aber jeden Streit und jede Schwierigkeit zu vermeiden – denn Seine kaiserliche Hoheit, obschon sehr verschwenderisch in der Befriedigung seiner eigenen Launen, war dies durchaus nicht in allem, was mich betraf, und im allgemeinen nichts weniger als freigebig – möblierte ich mein Zimmer ganz und gar auf meine eigenen Kosten aus, was ihn ausnehmend befriedigte.
    Im Laufe des Sommers faßte Madame Tschoglokoff eine so große und wahrhafte Zuneigung zu mir, daß sie nach unserer Rückkehr in die Stadt nicht ohne mich leben mochte und sich langweilte, wenn ich nicht in ihrer Nähe war. Der Grund dieser Zuneigung lag darin, daß ich die Aufmerksamkeiten ihres Herrn Gemahls nicht im geringsten erwiderte, was mir in den Augen seiner Frau ein ganz besonderes Verdienst verschaffte. Sie empfing damals wenig Gesellschaft, immerhin aber mehr als

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