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Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.

Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.

Titel: Erinnerungen der Kaiserin Katharina II. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina II. von Rußland
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hocherfreut, sie wiederzusehen, und empfing sie in entsprechender Weise. Sie ihrerseits vernachlässigten nichts und ließen keine Gelegenheit vorübergehen, mir Beweise ihrer aufrichtigen Anhänglichkeit zu geben. Damals liebte ich den Tanz über alles und wechselte bei den öffentlichen Bällen gewöhnlich dreimal meine Toilette. Meine Kleidung war stets sehr gewählt, und wenn mein Maskenkostüm allgemein Beifall fand, so erschien ich gerade deshalb nie wieder darin, weil ich mir sagte, daß ein Anzug, wenn er einmal großen Effekt gemacht, zum zweiten Male nur einen geringen erzielen werde. Bei den Hofbällen indes, wo das Publikum nicht zugegen war, kleidete ich mich so einfach wie möglich, was die Kaiserin, die es nicht gern sah, wenn man in einem kostbaren Kostüm erschien, sehr gut aufnahm. So oft jedoch die Damen Befehl hatten, in Männerkleidern zu erscheinen, kam ich in prächtigem, ganz in Goldbesticktem Anzug, oder in Toiletten vom feinsten Geschmack, und immer ging dies ohne Kritik durch, ja es gefiel sogar der Kaiserin, obgleich ich nicht sagen kann, aus welchem Grunde. Sicher aber hatte die Koketterie damals am Hofe einen so hohen Grad erreicht, daß es nur noch die Frage war, wer es am besten verstehe, die Feinheiten des Anzugs in größter Vollendung zu entfalten. So erinnere ich mich, daß es mir bei einer dieser öffentlichen Maskeraden, als alle sich die kostbarsten neuen Toiletten machen ließen, so daß ich daran zweifelte, die übrigen Damen zu übertreffen, einfiel, ein einfaches Mieder aus weißem Tuch – ich hatte damals eine sehr schlanke Taille – und einen kurzen Reifrock von demselben Stoff anzuziehen. Mein Haar, das sehr lang, sehr voll und schön war, ließ ich nach hinten herunterfallen und mit einer weißen Schleife zusammenhalten, steckte eine aufs natürlichste nachgeahmte künstliche Rose mit Knospen und Blättern hinein, eine andere befestigte ich an meinem Mieder. Um den Hals band ich eine Krause von weißem Tüll, steckte ein Paar Manschetten über, band eine Schürze von demselben Tüll um und begab mich so auf den Ball. Sowie ich eintrat, bemerkte ich sofort, daß aller Augen auf mich gerichtet waren. Ohne mich aufzuhalten, ging ich durch die Galerie in die dahinter liegenden Gemächer, wo ich der Kaiserin begegnete, die zu mir sagte: »Nein, welche Einfachheit! Wie, nicht ein einziges Schönheitspflästerchen?« Ich lachte und erwiderte: »Nur um etwas leichter gekleidet zu sein, habe ich es unterlassen, eins aufzukleben.« Da zog sie ihre Büchse mit den Schönheitspflästerchen aus der Tasche, nahm eins von mittlerer Größe heraus und legte es mir aufs Gesicht. Nachdem ich sie verlassen, kehrte ich schnell in die Galerie zurück, wo ich meinen intimsten Vertrauten das Schönheitspflästerchen zeigte. Dasselbe tat ich auch bei den Günstlingen der Kaiserin, und da ich sehr vergnügt war, tanzte ich mehr alsgewöhnlich. In meinem ganzen Leben erinnere ich mich nicht, mehr Schmeicheleien gehört zu haben, als auf diesem Ball. Man sagte, ich sei schön wie der Tag und von eigentümlichem Reiz. Wenn ich indes die Wahrheit sagen soll, so habe ich mich selbst nie für schön gehalten; aber ich gefiel, und darin lag, glaube ich, meine Stärke. Sehr befriedigt über meine von mir selbst erfundene Einfachheit, während alle andern Toiletten von seltenem Reichtum waren, kehrte ich nach Hause zurück.
    Unter derartigen Vergnügungen ging das Jahr 1750 zu Ende. Frau von Arnheim tanzte besser, als sie ritt. Dabei erinnere ich mich, daß es sich einmal darum handelte, zu wissen, welche von uns beiden zuerst müde werden würde, und es fand sich, daß sie es war; auf einen Sessel sitzend bekannte sie, sie könne nicht mehr, während ich noch lange weiter tanzte.

Zehntes Kapitel.
    Unterredung des Großfürsten mit Graf Bernis über die holsteinschen Angelegenheiten. – Man erlaubt auch mir, meine Meinung darüber zu äußern. – Die kleinen Sänger der Kaiserin. – Man verdächtigt Beketoff der Homosexualität. – Leon Narischkin wird unser Kammerherr. – Folgenschwerer Befehl der Kaiserin. – Wir richten uns unsere Gemächer auf unsere eigenen Rosten ein. – Madame Tschoglokoff wird meine Freundin. – Kindische Einfälle des Großfürsten. – Heimlicher Briefwechsel zwischen mir und Zacharias Czernitscheff.
    Anfangs des Jahres 1751 kam der Großfürst, der ebenso wie ich zu dem Grafen Bernis, dem Gesandten des Wiener Hofes eine große Zuneigung gefaßt hatte, auf den

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