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Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.

Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.

Titel: Erinnerungen der Kaiserin Katharina II. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina II. von Rußland
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zehnten Tage endlich besuchte mich die Kaiserin, und als sie dies fortwährende Gehen und Kommen bemerkte, ging sie ins Nebenzimmer und sagte meinen Damen: »Ich werde Ihnen einen andern Ausgang machen lassen als den durch das Schlafzimmer der Großfürstin.« Aber was tat sie? Sie befahl, das Zimmer, in dem siebzehn Personen bereits mit Mühe untergebracht waren, noch um ein Fenster kleiner zu machen, um dadurch einen Korridor zu gewinnen. Die Fensterwand wurde durchbrochen und eine Treppe angebracht, die direkt auf die Straße führte. Unter den Fenstern errichtete man Aborte, und auch wenn sie zum Diner gingen, mußten die Frauen die Straße passieren. Kurz, diese Anordnung war sehr schlecht, und ich wunderte mich, daß diese siebzehn Frauen, zusammengepackt und öfters krank, nicht von einer Hautkrankheit ergriffen wurden. Und dies alles neben meinem Schlafzimmer, das noch obendrein von Ungeziefer jeder Art wimmelte, so daß ich am Schlafen gehindert wurde.
    Endlich, nachdem sie sich von ihrem Wochenbett erholt, kam Madame Tschoglokoff in Moskau an und einige Tage später auch Sergius Soltikoff. Da Moskau sehr groß ist und jederweit vom andern entfernt wohnt, benutzte er diese Gelegenheit, um die Verminderung seiner erdichteten oder wirklichen Bemühungen bei Hofe zu verbergen. Für mich war dies sehr schmerzlich, aber er führte stets so gewichtige Gründe an, daß mein Bedenken schwand, sobald ich ihn gesehen und gesprochen hatte. Um die Zahl seiner Feinde zu verringern, verabredeten wir miteinander, daß ich dem Grafen Bestuscheff etwas sagen ließ, was ihm die Hoffnung geben konnte, daß ich ihm weniger fernstehe als bisher. Ich beauftragte mit dieser Botschaft einen gewissen Bremse, der in Pechlins holsteinscher Kanzlei angestellt war und den Grafen Bestuscheff häufig besuchte, Er übernahm meinen Auftrag mit größter Bereitwilligkeit und sagte, der Kanzler sei aufs höchste erfreut gewesen, habe erklärt, ich möge mich so oft ich wolle an ihn wenden und wenn er mir nützlich sein könne, bitte er mich, ihm einen sichern Verbindungsweg anzugeben, vermittels dessen wir uns gegenseitig mitteilen könnten, was wir auf dem Herzen hätten. Ich verstand seine Absicht und antwortete Bremse, ich werde mir die Sache überlegen. Dann sprach ich mit Sergius Soltikoff davon, und wir beschlossen sofort, daß er selbst zum Kanzler gehen solle, was er kurz nach seiner Ankunft unter dem Vorwande eines Besuchs leicht tun konnte. Der Alte empfing ihn aufs beste, unterhielt sich mit ihm sehr vertraulich über die innern Angelegenheiten unseres Hofes, über die Dummheit der Tschoglokoffs und bemerkte unter anderm: »Ich weiß, daß Sie ihr Vertrauter sind, weiß aber auch, daß Sie sie ebenso gut als ich kennen, denn Sie sind ein Mann von Geist.« Hierauf sprach er mit ihm von mir und meiner Lage, als hätte er selbst täglich in meinem Zimmer gewohnt, und fügte hinzu: »In Anerkennung des Wohlwollens, welches die Großfürstin mir entgegenbringt, werde ich ihr einen kleinen Dienst erweisen, der, wie ich glaube, ihr sehr willkommensein wird. Ich werde ihr die sanfte Madame Wladislawa wiedergeben, und sie kann mit ihr machen, was ihr gefällt. Sie soll sehen, daß ich kein solcher Werwolf bin, wie man mich immer in ihren Augen hingestellt hat. Kurz, Sergius Soltikoff kehrte sehr befriedigt von seiner Audienz und seinem Manne zurück, der ihm selbst ebenso verständige als nützliche Ratschläge gegeben. Alles dies beförderte unser Einverständnis, ohne daß jemand die geringste Ahnung davon hatte.
    Um diese Zeit nahm Madame Tschoglokoff, welche fortwährend ihr Lieblingsprojekt, über die Thronfolge zu wachen, im Kopfe hatte, mich eines Tages beiseite und sagte: »Hören Sie mich an, ich muß ganz aufrichtig mit Ihnen sprechen.« Natürlich öffnete ich Augen und Ohren. Mit einer langen Einleitung nach ihrer Art begann sie denn über ihre Anhänglichkeit an ihren Gemahl, ihre Einsicht über das, was sein und nicht sein müsse, damit man sich liebe, und die ehelichen Bande erleichtere, zu reden. Dann plötzlich änderte sie ihren Ton und sagte: zuweilen gebe es allerdings Verhältnisse von höherem Interesse, welche eine Ausnahme von der Regel notwendig machten. Ich ließ sie reden, soviel sie wollte, ohne sie zu unterbrechen, da ich nicht wußte, was der Zweck ihrer Auseinandersetzung war und mich das Ganze überraschte. Es war mir außerdem nicht klar, ob sie mich in einen Hinterhalt locken wollte, oder aufrichtig zu mir

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