Erleuchteter Sex

vollkommen, kam durch ihren ganzen Körper so frei und stark zum Ausdruck, dass ich immer und immer wieder gezwungen war, mein getrenntes Sein der unendlichen Offenheit unserer Liebe zu opfern.
    Natürlich überraschte sie mich bisweilen mit einem plötzlichen Stimmungswandel. Wenn ich zu häufig ejakuliert hatte oder mein innerer Energiepegel aus anderen Gründen niedrig war, musste ich mich der Kraft ihrer Stimmungen beugen. Dann versuchte ich herauszufinden, was vor sich ging, und mich mit geistigen Muskelspielen wieder ins Lot zu bringen: mit Argumentieren, Analysieren und Beharren. Doch für gewöhnlich war ihre Kraft stärker als mein Geist. Selbst wenn sie mir Recht gab, war ich am Ende zermürbt. Zu schwach, um meinen Standpunkt liebe- und humorvoll zu vertreten, floh ich vor ihren Stimmungen und suchte die Einsamkeit oder Zuflucht bei meinen energetisch weniger schwergewichtigen männlichen Kameraden - die nur zu gerne mitleidig den Kopf schüttelten.
    Doch wenn ich innerlich stark war, konnte das Auf und Ab der Stimmungen meiner Freundin mich nicht beeinflussen. Ich vermochte mich geistig zu entspannen, in der Liebe »auf einem Bein zu stehen«, ihre wahren Bedürfnisse durch ihre Stimmung hindurch zu erspüren, mich mit ihren Energien zu verbinden und in der Durchlässigkeit unserer Liebe zu vergehen. Strömte meine Energie ungehindert, war ich ausdauernd genug, um mich so lange wie nötig mit ihr zu verbinden und weder allmählich nachzulassen noch mich über sie zu ärgern, sondern sie in Liebe zu umarmen.
    In meinem Leben gab es Lehrer, die mir tiefere Wahrheiten enthüllten als das, was mir der alte Mann in dem Buchladen gezeigt hatte. Ihm aber verdanke ich die Fähigkeit, mich mit der geliebten Frau auf eine Weise zu verbinden, die unsere Energie erhöht, statt sie zu schwächen, und die uns in Liebe öffnet. Es ist schon lange her, dass er mir das beigebracht hat, und doch erfreue ich mich noch immer an dem nie endenden Lernprozess. Auch meine Beziehung zur körperlichen Liebe hat sein Geschenk unwiderruflich verändert.
    Wenn Sie Ihren Energiefluss vertiefen und Ihre Fähigkeit verbessern möchten, sich unabhängig von ihren Stimmungen oder Gedanken in Liebe zu öffnen, ist es unter anderem entscheidend, dass Sie Ihr Verhältnis zur sexuellen Kraft - und vor allem zum Orgasmus - verstehen. Wie kann der - hetero- oder homosexuelle - Mann seine Ausdauer und sein spirituelles Einfühlungsvermögen verbessern, indem er den Spannungsabbau durch Ejakulation in multiple Ganzkörperorgasmen verwandelt? Wie kann die Frau ihr körperliches Verlangen nach Liebe und Ekstase stillen, indem sie sich öffnet und entspannt und vollkommene klitorale, vaginale und Muttermundorgasmen erlebt?
    Zuerst werden wir uns ansehen, wie der Mann seine Orgasmusfähigkeit verbessern kann und weshalb das von Vorteil sein könnte. Anschließend werden wir uns mit dem weiblichen Potenzial für orgastische Wonnen beschäftigen. Ich habe die folgenden Kapitel teilweise mit eigenen Erfahrungen ergänzt, um das sexuelle Erleben und die Techniken besser zu illustrieren.

5. Umgehen Sie die Ejakulation für größeren Lustgewinn
    Wir lieben uns schon seit einer Weile, ich bin der Ejakulation nahe und habe das Gefühl, jeden Augenblick zu explodieren. Ich will den Druck loswerden, der in mir wächst. Ich weiß, wie unglaublich gut es sich anfühlen wird. Ein paar Sekunden lang. Danach werde ich erschöpft, ausgelaugt und schläfrig und in der Leere postorgastischen Friedens dahintreiben. Das Verlangen nach dem Orgasmus wächst und wächst, strebt dem Gipfel des Berges zu, ist drauf und dran, den Höhepunkt intensiver Lust zu erreichen, ehe ich loslassen und den Hang auf der anderen Seite wieder hinabrollen werde. Dann ist es vorbei.
    Ich will den Orgasmus. Ich will ihn unbedingt. Ich will ihn herausspritzen, will meine Frau mit meinem Samen füllen. Ich will spüren, wie sich der sexuelle Druck entlädt, der in mir wächst. Ich will diese Lust.
    Es ist nicht das erste Mal. Das schnelle Abspritzen und die darauffolgende Leere sind mir nicht fremd. Schlafen. Aufstehen. Alles normal.
    »Was will ich wirklich?«, frage ich mich innerlich. Was übertrifft die herannahende Lust, was will ich wirklich, durch und durch? Was will ich von meiner Arbeit, von meinem Sexualleben, von meinen Freunden, von meiner Familie? Was wünsche ich mir mehr als alles im Leben?
    Gewiss keine Ejakulation. Ich wünsche mir eine tiefe Offenheit, die weit über das