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Erlösung

Erlösung

Titel: Erlösung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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hingelegt hatte.
    »Das ist die Analyse.« Assad legte sie Laursen hin.
    »Okay«, sagte Laursen nach einigen Minuten. »Wie ich sehe, hat Gilliam Douglas die Untersuchungen geleitet.«
    »Du kennst ihn?«
    Laursen sah Carl mit demselben Ausdruck an, den ein fünfjähriges Mädchen zeigen würde, wenn man sie fragte, ob sie Britney Spears kennt. Kein sonderlich respektvoller Blick – aber einer, der die Neugier weckte. Wer mochte dieser Gilliam Douglas sein? Außer dass er auf der falschen Seite der Grenze zu England geboren war?
    »Ich glaube nicht, dass da jetzt noch sehr viel mehr rauszuholen ist«, sagte Laursen und hob das Teetässchen mit zwei kräftigen Fingern an. »Unsere schottischen Kollegen haben alles in ihrer Macht Stehende getan, um das Papier zu präparieren und den Text mit unterschiedlicher Lichttechnik und Chemie sichtbar zu machen. Man hat minimale Schatten von Druckerschwärze gefunden, aber anscheinend wurde nicht versucht, die Herkunft des Papiers selbst zu bestimmen. Tatsächlich haben sie den Großteil der physischen Untersuchung uns überlassen. War der Brief drüben in Vanløse in der Kriminaltechnischen Abteilung?«
    »Nein, aber ich hab ja auch nicht geahnt, dass die technischen Untersuchungen noch nicht abgeschlossen waren«, antwortete Carl widerstrebend. Der Fehler ging auf sein Konto.
    »Das steht da.« Laursen tippte auf die letzte Zeile des Untersuchungsberichts.
    So ein verdammter Mist. Warum hatten sie das nicht gesehen?
    »Rose hat mich mal darauf hingewiesen, Carl. Aber dannmeinte sie, wir müssten wahrscheinlich nicht unbedingt wissen, wo das Papier herkommt und so.«
    »Na, also da hat sie sich ziemlich sicher geirrt. Lass mich mal sehen.« Laursen stand auf und zwängte die Fingerspitzen in die Hosentaschen. Keine ganz einfache Sache bei so durchtrainierten Schenkeln in einer so engen Jeans.
    Carl hatte diese Sorte Lupe, die Laursen aus der Tasche zog, schon oft gesehen. Ein kleines Viereck, das sich ausklappen ließ, sodass es auf dem Gegenstand stehen konnte. Das untere Teil ähnelte einem kleinen Mikroskop. Standardausrüstung für Briefmarkensammler und ähnliche Tölpel, und in dieser professionellen Variante mit der feinsten Linse von Zeiss ein absolutes Muss für einen Techniker wie Laursen.
    Der stellte die Lupe auf das Dokument und brummte vor sich hin, während er die Linse über die Zeilen zog. Absolut systematisch von links nach rechts, Zeile für Zeile.
    »Kannst du durch dieses Glasdingens mehr Buchstaben erkennen?«, fragte Assad.
    Laursen schüttelte den Kopf, ohne etwas zu sagen.
    Als er halbwegs durch war, begann Carl der Drang nach einer Zigarette zu kitzeln.
    »Ich muss mal schnell was erledigen, okay?«
    Sie reagierten kaum darauf.
    Draußen auf dem Gang setzte er sich auf einen der Tische und starrte die ganze Maschinerie an, die ungenutzt dort herumstand. Scanner, Kopierer und der ganze Kram. Ein einziges Ärgernis. Nächstes Mal musste er Rose gewähren und sie ihren eigenen Weg gehen lassen, damit sie nicht mittendrin abhaute. Schlechter Führungsstil.
    In diesem Augenblick der Selbsterkenntnis hörte er Rumpelgeräusche von der Treppe. Es klang, als hüpfte ein Basketball in Zeitlupe die Treppe hinunter, gefolgt von einem Schubkarren mit plattem Reifen. Was da auf ihn zukam, sah aus wie eine Oma mit Hamstereinkäufen von der Schwedenfähre. Sowohldie irre hochhackigen Schuhe als auch der karierte Plisseerock und der beinahe ebenso bunte Einkaufstrolley, den sie hinter sich her schleppte, strahlten Fünfzigerjahre-Charme aus. Und auf dieser Gestalt saß der Klon von Roses Kopf mit adretten blonden Dauerwellen. Es war gerade so, als stünde man in einem Doris-Day-Film, ohne den Notausgang zu kennen.
    Wenn so etwas geschieht und die Zigarette keinen Filter hat, dann verbrennt man sich.
    »Au, Mist!«, schrie er und warf die Kippe auf den Boden, der bunten Gestalt direkt vor die Füße.
    »Yrsa Knudsen«, sagte die nur und streckte ihm zwei Finger mit blutroten Nägeln entgegen.
    Nie im Leben hätte er geglaubt, dass sich Zwillinge dermaßen ähneln und zugleich so weit voneinander entfernt vom Stamm desselben Baumes fallen können.
    Er hatte sich fest vorgenommen, von der ersten Sekunde an die Führung zu übernehmen. Trotzdem hörte er sich brav auf ihre Frage antworten, wo denn ihr Büro sei: dass sie es gleich dort hinten auf der anderen Seite der Papiere finde, die dort an der Wand flatterten. Er vergaß vollkommen, was er eigentlich hatte sagen

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