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Erlösung

Erlösung

Titel: Erlösung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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tauchte nach den Ferien nicht mehr auf, und auch dann nie wieder. Wollen Sie die Listen sehen? Sie stehen hier nebenan im Sekretariat.«
    Carl sah Assad an. Auch der schien nicht sonderlich daran interessiert zu sein. »Nein danke, es reicht uns, wenn Sie das sagen. Aber die Schule hat doch anschließend bestimmt Kontakt zur Familie aufgenommen?«
    »Doch, ja. Aber die waren sehr abweisend. Besonders, als wir vorschlugen, zu ihnen nach Hause zu kommen und selbst mal mit Poul zu sprechen.«
    »Haben Sie denn mit ihm telefoniert?«
    »Nein. Zum letzten Mal habe ich mit Poul Holt hier in meinem Büro gesprochen. Das war eine Woche vor den Winterferien. Als ich später bei ihm zu Hause anrief, sagte sein Vater, Poul wolle nicht ans Telefon kommen. Da konnte ich nichts mehr machen. Er war gerade achtzehn geworden. Alt genug, um selbst zu entscheiden, was er mit seinem Leben anfangen wollte.«
    »Achtzehn? Älter war er nicht?«
    »Nein, er war sehr jung. Er hat mit siebzehn Abitur gemacht, er war früh dran.«
    »Haben Sie irgendwelche Daten zu ihm?«
    Sie lächelte. Das hatte sie natürlich längst alles vorbereitet.
    Carl las laut, Assad schaute ihm über die Schulter.
    »Poul Holt, geboren am 13.   November 1977.   Schwerpunktfächer Mathematik und Physik, Gymnasium Birkerød. Durchschnitt 9,8.«
    Und dann kam die Adresse. Das war nicht sehr weit. Höchstens eine Dreiviertelstunde Fahrt.
    »Für ein Genie ist das aber ein relativ bescheidener Durchschnitt, oder?«
    »Na ja. Das kommt eben dabei raus, wenn man in allen naturwissenschaftlichen Fächern dreizehn Punkte hat und in allen geisteswissenschaftlichen sieben«, antwortete sie.
    »Sie sagen, er sei schlecht in Dänisch gewesen?«, fragte Assad.
    Sie lächelte. »Jedenfalls im Schriftlichen. Seine Arbeiten waren in sprachlicher Hinsicht absolut mangelhaft. Aber so ist das ja oft. Auch mündlich drückte er sich bei Themen, die ihn nicht sonderlich interessierten, eher schlicht aus.«
    »Ist das eine Kopie, die ich mitnehmen darf?«, fragte Carl.
    Laura Mann nickte. Hätte sie nicht so rauchergelbe Finger gehabt und so fettige Haut, dann hätte er sie in den Arm genommen.
     
    »Phantastisch, Carl«, sagte Assad, als sie in die Nähe des Hauses kamen. »Wir haben eine Aufgabe bekommen und sie innerhalb einer Woche gelöst. Wir wissen, wer der Briefschreiber ist! Und jetzt halten wir vorm Haus der Familie.« Vor Begeisterung haute er aufs Armaturenbrett.
    »Ja«, nickte Carl. »Dann wollen wir mal hoffen, dass das alles nur ein Scherz war.«
    »Wenn ja, dann kann sich Poul aber was anhören.«
    »Und wenn nicht, Assad?«
    Assad nickte. Dann lag eine neue Aufgabe vor ihnen.
    Sie parkten direkt vor dem Gartentor. Der Name auf dem Schild lautete nicht Holt, das sahen sie sofort.
    Geraume Zeit nach ihrem Klingeln öffnete ihnen ein Mann im Rollstuhl, der beteuerte, seit 1996 habe niemand anders als er in diesem Haus gewohnt. Carl hatte unmittelbar dieses sonderbare Gefühl, es war mehr ein Instinkt.
    »Sie haben das Haus von der Familie Holt gekauft, oder?«, fragte er barsch.
    »Nein, ich habe es von den Zeugen Jehovas gekauft. Der Mann war eine Art Priester. Im großen Zimmer war deren Versammlungssaal. Wollen Sie hereinkommen und es sich ansehen?«
    Carl schüttelte den Kopf. »Dann haben Sie die Familie, die hier lebte, nie gesehen?«
    »Nein.«
    Carl und Assad bedankten sich und gingen.
    »Hattest du plötzlich auch das untrügliche Gefühl, dass das garantiert kein Dummejungenstreich war, Assad?«
    »Also, Carl. Nur weil man umzieht   …« Er blieb an der Gartenpforte stehen. »Okay, Carl, ich weiß, was du denkst.«
    »Ja, oder? Würde ein Junge mit Pouls Persönlichkeit so etwas erfinden? Und würden zwei Jungs, die zu den Zeugen Jehovas gehören, überhaupt auf die Idee kommen, so ein Ding zu drehen?«
    »Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass sie nicht lügen dürfen. Zumindest nicht innerhalb ihres eigenen Kreises.«
    »Kennst du jemanden, der dazugehört?«
    »Nein. Aber so ist das mit streng religiösen Menschen. Die Gemeindemitglieder beschützen sich gegenseitig vor der Außenwelt, mit allen Mitteln. Und nach außen hin lügen sie zur Not dann auch.«
    »Korrekt. Aber wenn die Entführung tatsächlich nur ausgedacht war, dann wäre das doch eine unnötige Lüge gewesen. Und das wäre nicht in Ordnung gewesen. Ich glaube, das würden die Zeugen Jehovas auch so sehen.«
    Assad nickte. Sie waren sich einig.
    Und was nun?
     
    Yrsa gebärdete sich wie

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