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Erlösung

Erlösung

Titel: Erlösung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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ein Ameisenheer auf einem Waldweg, unablässig rannte sie zwischen ihrem und Carls Büro hin und her. Derzeit war die Entführung ihr Fall, und sie wollte alles haarklein erfahren, am liebsten häppchenweise: Wie sah Pouls Professorin aus? Was sagte Laura Mann über Poul? Wie war das Haus, in dem sie gewohnt hatten? Was wussten sie sonst noch von der Familie, abgesehen davon, dass sie zu den Zeugen Jehovas gehörte?
    »Immer mit der Ruhe. Assad kümmert sich um das Einwohnermeldeamt. Wir werden sie schon finden.«
    »Komm doch mal mit hinaus auf den Gang, Carl«, bat sie und zerrte ihn mehr oder weniger hinter sich her zu der großen Kopie an der Wand. Ganz unten hatte sie Pouls Namen eingesetzt und noch ein paar andere kleine Wörter.
     
    HILFE
    Wir wurden am 16   Februa 1996 entfürt − An der Bushaltestele Lautropvang in Ballerup − Der Mann ist 1,8_ groß hat kurze Hare _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ und eine Nabe am rechten _ _ _ − _ _ fährt ein blaun Liferwagn − Unsre Eltern kenn ihn – Er h_ _ _ _ Fr_d_ _ u_d _ _ _ mit B − Er hat uns gedrot und _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ − Er bringt uns um − Er _ _ _ ers_ mir _ _ _ _ _ _ _ meim Bruder _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _Mu_ _ _ _ pr_ _ _ − Wir sind fast 1   Stunde gefaren irgendwo am Wasser − _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ Wi_ _ _ _ _ _ _ − Hier stinkt es − _ _f_ _ _ _ _n_ – _c_ _ _ _ _ − Mei_ _ _ _ _ _r ist _ry_g_ _ _ _ Jahre − _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ −
    Poul Holt
     
    »Also: Er wurde zusammen mit seinem Bruder entführt«, fasste Yrsa zusammen. »Er heißt Poul Holt und schreibt, dass sie fast eine Stunde gefahren sind – und zwar irgendwie ans Wasser, glaube ich.« Sie stemmte die Hände in die schmalen Hüften. Die richtige Haltung, um ein Statement abzugeben.
    »Wenn dieser Junge an Asperger litt, dann glaube ich nicht, dass er sich so etwas wie ›fast eine Stunde bis zum Wasser gefahren‹ ausdenken würde.« Sie drehte sich zu ihm um. »Nun?«
    »Es könnte auch sein kleiner Bruder gewesen sein. Darüber wissen wir streng genommen nichts.«
    »Nein. Aber Carl, mal ehrlich. Laursen hat eine Fischschuppe auf dem Brief gefunden! Meinst du, der kleine Bruder hätte ein Stück Papier mit Fischschleim eingeschmiert, nur um eine Scherz-Flaschenpost möglichst echt aussehen zu lassen?«
    »Vielleicht war er ein helles Kerlchen. Wie sein großer Bruder. Nur in anderer Form.«
    Da stampfte sie so heftig mit dem Fuß auf, dass das Echo von der Rotunde am Ende des Kellergangs zurückgeworfen wurde. »Verflixt, Carl, jetzt hör mal her! Und aktivier endlich mal die kleinen Grauen! Wo sind die entführt worden?« Sie bürstete ihm die Schultern ab, als wollte sie damit ihren scharfen Ton etwas glätten.
    Carl stellte fest, dass bei der Gelegenheit etliche Schuppen rieselten. »In Ballerup«, antwortete er.
    »Ja, und was denkst du, wenn die in Ballerup entführt worden und trotzdem fast eine Stunde gefahren sind, ehe sie ans Wasser kamen? Nach Hundested wollten die wohl kaum, das hätte von Ballerup aus doch keine verdammte Stunde gedauert. Eine halbe, höchstens.«
    »Sie könnten doch zum Beispiel nach Stevns gefahren sein, oder?« Er knurrte innerlich. Niemand hatte es gern, wenn seine intellektuelle Kapazität in den Dreck gezogen wurde.
    »Ja!« Wieder stampfte sie mit dem Fuß auf. Falls im Kriechkeller unter ihnen Ratten hausten, dann suchten die spätestens jetzt das Weite. »Wenn der Flaschenbrief aber nur ausgedacht ist«, fuhr sie fort, »warum es dann so kompliziert machen? Warum nicht einfach schreiben, sie seien eine halbe Stunde gefahren und dann ans Wasser gekommen? Ein Junge, der einfach nur ’ne gute Geschichte erfinden will, der würde das so schreiben. Der würde das Nächstliegende nehmen. Deshalb bin ich fest davon überzeugt, dass der Brief nicht erdichtet ist. Nimm ihn endlich ernst, Carl.«
    Er holte sehr tief Luft. Er hatte einfach keine Lust, sie an seiner Einschätzung des Falls zu beteiligen. Rose vielleicht, aber nicht Yrsa.
    »Ja, ja«, beschwichtigte er. »Lass uns mal abwarten, wie es sich entwickelt, wenn wir die Familie gefunden haben.«
    »Was ist hier los?« Assads Kopf ploppte aus seinem Pygmäenbüro. Er wollte eindeutig nur die Stimmung ausloten. Stritten die sich etwa, oder was?
    »Carl, ich hab die Adresse«, sagte er und streckte ihm ein Stück Papier entgegen. »Seit 1996 viermal umgezogen. Jetzt wohnen sie in Schweden.«
    Fuck, dachte Carl. Schweden. Das Land mit den größten Mücken der Welt

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