Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ernest Hemingway

Ernest Hemingway

Titel: Ernest Hemingway Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
Vom Netzwerk:
impressionistisch gezeichnet, sehr anziehend dargestellt und hatten nichts mit tatsächlicher Vergewaltigung gemein, wobei der Frau die Röcke über den Kopf gezogen werden, um ihr Geschrei zu ersticken, und wo sich ein Kamerad ihr manchmal auf den Kopf setzte. Es lagen eine Menge dieser aufreizenden Postkarten herum, die offensichtlich gerade, bevor die Offensive begann, ausgegeben worden waren. Jetzt lagen sie gemeinsam mit den schlüpfrigen Postkarten verstreut umher, den kleinen Fotografien von Dorfmädchen vom Dorffotografen, den Gelegenheitsaufnahmen von Kindern und den Briefen, Briefen, Briefen. Um die Toten herum lag immer viel Papier, und die Überbleibsel dieses Angriffs waren keine Ausnahme.
    Diese waren frische Tote, und niemand hatte sich mit etwas anderem als mit ihren Taschen abgegeben. Nick fiel die erstaunlich geringe Anzahl unserer eigenen Toten auf, oder die, die er damals noch als unsere eigenen Toten ansah. Auch ihre Mäntel waren geöffnet, und ihre Taschen waren umgestülpt, und sie bezeugten durch ihre Lage die Methode und die Kunstgerechtigkeit des Angriffs. Das heiße Wetter hatte sie alle, ohne Ansehen ihrer Nationalität, aufgetrieben.
    Die Stadt war offensichtlich zum Schluß von der tiefliegenden Straße aus verteidigt worden, und es hatte nur wenige oder gar keine Österreicher gegeben, die sich in sie hätten zurückziehen können. Es lagen nur drei Leichen auf der Straße, und sie schienen beim Laufen getötet worden zu sein. Die Häuser der Stadt waren durch das Bombardement zerstört worden, und auf der Straße lag viel Schutt von Gips und Mörtel, und es gab zerbrochene Balken, zerbrochene Ziegel und viele Löcher, manche von ihnen gelbumrandet vom Senfgas. Im Schutt lagen viele Granatsplitter und Schrapnellkugeln verstreut. Es war überhaupt niemand in der Stadt.
    Nick Adams hatte, seit er Fornaci verlassen hatte, niemanden gesehen, obschon er, als er auf der Landstraße durch das überreich belaubte Land gefahren war, links von der Straße Kanonen unter Maulbeerbaumblättern versteckt gesehen hatte, die ihm durch die Hitzewellen in der Luft über den Blättern, wo die Sonne aufs Metall prallte, aufgefallen waren. Jetzt setzte er seinen Weg durch die Stadt fort; er war erstaunt, sie verödet zu finden, und kam auf der tiefliegenden Straße unterhalb des Flußufers heraus. Beim Verlassen der Stadt kam man an eine kahle, freie Stelle, wo die Straße sich senkte, und er konnte die geruhsame Fläche des Flusses und die geringe Krümmung des gegenüberliegenden Ufers und den gebleichten, sonnengedörrten Schlamm sehen, wo die Österreicher geschanzt hatten. Alles war viel üppiger und grüner geworden, seit er es zuletzt gesehen hatte, und daß er in die Weltgeschichte eingegangen war, hatte an diesem, dem unteren Flußlauf nichts geändert.
    Das Bataillon lag links längs der Böschung. Oben auf der Böschung war eine Reihe von Löchern mit ein paar Männern darin. Nick bemerkte, wo die Maschinengewehre und die Signalraketen in ihren Gestellen postiert waren. Die Männer in den Löchern am Hang der Böschung schliefen. Niemand rief ihn an. Er ging weiter, und als er um eine Kurve der Lehmböschung bog, richtete ein junger Leutnant mit einem Stoppelbart und rotumränderten, sehr blutunterlaufenen Augen seinen Revolver auf ihn.

    «Wer sind Sie?»
    Nick sagte es ihm.
    «Wie soll ich das wissen?»
    Nick zeigte ihm den Ausweis mit seiner Fotografie und Identifikation und dem Stempel der III. Armee. Er nahm ihn an sich.
    «Ich werde dies behalten.»
    «Das werden Sie nicht», sagte Nick. «Geben Sie mir den Ausweis wieder und stecken Sie den Revolver weg. Dorthin. In die Tasche.»
    «Woher soll ich wissen, wer Sie sind?»
    «Der Ausweis sagt es Ihnen.»
    «Und wenn der Ausweis gefälscht ist? Geben Sie her.»
    «Machen Sie sich nicht lächerlich», sagte Nick aufgeräumt. «Führen Sie mich zu Ihrem Kompanieführer.»
    «Ich sollte Sie ins Bataillonshauptquartier schicken.»
    «Schön», sagte Nick. «Sagen Sie, kennen Sie Hauptmann Paravicini, den Langen mit dem kleinen Schnurrbart, der Architekt war und Englisch spricht?»
    «Kennen Sie ihn?»
    «Flüchtig.»
    «Welche Kompanie befehligt er?»
    «Die zweite.»
    «Er befehligt das Bataillon.»
    «Schön», sagte Nick. Er war erleichtert, als er hörte, daß Para nichts passiert war. «Gehen wir zum Bataillon.»
    Als Nick die Stadt verlassen hatte, waren drei Schrapnells hoch oben zur Rechten über einem der zerstörten Häuser geplatzt,

Weitere Kostenlose Bücher