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Ernest Hemingway

Ernest Hemingway

Titel: Ernest Hemingway Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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sie. «Wir sind aus allen möglichen Dingen zusammengesetzt. Du wußtest das und hast reichlich oft Gebrauch davon gemacht.»
    «Das brauchst du nicht noch einmal zu sagen.»
    «Das erklärt es dir nämlich.»
    «Gut», sagte er, «also gut.»
    «Du meinst schlecht. Ich weiß. Es ist ganz schlecht und verkehrt. Aber ich komm zurück. Ich hab dir gesagt, daß ich zurückkomme. Ich komme sofort wieder zurück.»
    «Nein, das wirst du nicht.»
    «Ich komme zurück.»
    «Nein, das wirst du nicht. Nicht zu mir.»
    «Du wirst es sehen.»
    «Ja», sagte er. «Das ist das Verteufelte daran. Wahrscheinlich wirst du.»
    «Natürlich werde ich.»
    «Also dann geh.»
    «Wirklich?» Sie konnte es kaum glauben, aber ihre Stimme klang glücklich.
    «Geh nur.» Seine Stimme klang ihm fremd. Er betrachtete sie, den Schwung ihres Mundes, die Wölbung ihrer Backenknochen, ihre Augen und die Art, wie ihr Haar an der Stirn und am Rand ihres Ohres und am Nacken anwuchs.
    «Wahrhaftig? Ach, du bist zu geliebt», sagte sie. «Du bist so gut zu mir.»
    «Und wenn du zurückkommst, erzählst du mir alles.» Seine Stimme klang sehr fremd. Er erkannte sie nicht. Sie sah ihn eine Sekunde an. Er hatte sich zu irgend etwas durchgerungen.
    «Du willst also, daß ich gehe?» fragte sie ernsthaft.
    «Ja», sagte er ernsthaft. «Sofort.» Seine Stimme war nicht dieselbe wie vorher, und sein Mund war sehr trocken. «Jetzt», sagte er.
    Sie stand auf und ging schnell hinaus. Sie sah sich nicht nach ihm um. Er blickte ihr nach, als sie fortging. Er sah anders aus, nachdem er ihr gesagt hatte, daß sie gehen sollte. Er stand vom Tisch auf, nahm die zwei Kassenzettel und ging damit hinüber zur Theke.
    «Ich bin ein anderer Mensch, James», sagte er zu dem Barkellner. «Sie sehen in mir einen ganz neuen Menschen.»
    «Wie bitte?» sagte James.
    «Das Laster ist eine seltsame Sache, James», sagte der gebräunte junge Mann. Er blickte zur Tür hinaus. Er sah sie die Straße entlanggehen. Als er in den Spiegel blickte, sah er, daß er wirklich ganz verändert aussah. Die beiden anderen an der Bar rückten, um ihm Platz zu machen.
    «Da haben Sie recht, mein Herr», sagte James.
    Die beiden anderen rückten noch ein bißchen, damit er bequem sitzen konnte. Der junge Mann sah sich in dem Spiegel hinter der Theke. «James», sagte er, «ich sagte vorhin, daß ich ein anderer Mensch bin.» Als er in den Spiegel blickte, sah er, daß es stimmte.
    «Sie sehen sehr wohl aus, mein Herr», sagte James. «Sie haben sicher einen sehr schönen Sommer gehabt.»

So, wie du niemals sein wirst
    Der Angriff war über das Feld gegangen, war durch Maschinengewehrfeuer von der tiefliegenden Straße und von der Gruppe von Bauernhäusern her aufgehalten worden, begegnete in der Stadt keinem Widerstand und erreichte das Flußufer. Nicholas Adams kam auf seinem Rad die Straße entlang, stieg ab, um es zu schieben, wenn die Oberfläche der Straße zu holprig wurde, und sah an der Lage der Toten, was geschehen war.
    Sie lagen einzeln oder in Klumpen mit umgestülpten Taschen im hohen Gras des Feldes und die Straße entlang, und auf ihnen waren Fliegen, und um jede Leiche oder Leichengruppe herum waren die verstreuten Papiere.
    Im Gras und Getreide neben der Straße und an einzelnen Stellen auf der Straße lag viel Material verstreut: eine Feldküche – sie war wohl herausgekommen, als alles gutging –, viele von den mit Kalbfell überzogenen Tornistern, Handgranaten, Helme, Gewehre, manchmal mit dem Kolben nach oben, die Bajonette staken in der Erde; sie hatten zum Schluß ‘ne ganze Menge gegraben: Handgranaten, Helme, Gewehre, Schanzgerät, Munitionskisten, Leuchtkugelpistolen mit verstreuter Munition, Sanitätsausrüstungen, Gasmasken, leere Gasmaskenbehälter, ein Maschinengewehr auf einer Dreifußlafette, mitten in einem Nest leerer Granathülsen, volle Gurte, die aus den Kisten herausquollen, der Kühlmantel leer und auf die Seite gekippt, der Laufverschluß fehlte, die Mannschaft in ungewöhnlichen Stellungen, und um sie herum im Gras noch mehr von dem typischen Papierkram.
    Da lagen katholische Gebetbücher, Gruppenpostkarten, die die Maschinengewehrmannschaft in Reih und Glied und in burschikoser Munterkeit zeigte, wie auf einem Footballbild für ein College-Jahrbuch; jetzt lagen sie verbeult und verquollen im Gras; Propagandapostkarten, die einen Soldaten in österreichischer Uniform zeigten, der auf einem Bett eine Frau nach hinten überbog; die Figuren waren

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