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Ernst Bienzle 14 - Bienzle und die lange Wut

Ernst Bienzle 14 - Bienzle und die lange Wut

Titel: Ernst Bienzle 14 - Bienzle und die lange Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Huby
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sich und er rückte noch näher an die Wand der Hütte heran.
    »Hab ich das Testament verbrannt oder du?«, fragte Winfried Horrenried und ging langsam zur Tür.
    »Aber du hast mir doch gesagt, ich soll’s verbrennen!«, schrie Inge Kranzmeier.
    »Das leugne ich ab.« Er lachte. »Du, da schwör ich jeden Meineid.«
    Inge ging ihm nach, faßte nach seiner Hand. »Winni, bitte, sag, daß das nicht wahr ist, sag, daß es ein blöder Scherz ist und weiter nichts. Das kann doch gar nicht sein. Ich kann mich doch nicht so in dir getäuscht haben!«
    »Mach’s gut, Inge!«
    Damit war er schon an der Tür. Als er sie öffnete, sprang Schildknecht mit ein paar schnellen Sätzen in ein nahes Gebüsch hinter einer der Eichen, wobei er sich eine Triangel in seine Edeljeans riß.
    Winfried Horrenried kam heraus. Und schlug sofort die Tür hinter sich zu.
    Aber kaum war er ein paar Schritte gegangen, da wurde sie wieder aufgerissen. Inge kam heraus wie eine Furie. Sie schrie: »Du bist ja kein Haar anders als der Albert! Du bist genauso hinterhältig und gemein! Und dir wird’s mal genauso gehen wie ihm. Verrecken sollst du, ja, verrecken – genau wie er! Und das versprech ich dir: Genauso wird es kommen. Genauso!« Dabei krümmte sie sich vor Wut und Schmerz. Sie ließ sich auf die Stufe vor der Tür fallen und begann hemmungslos zu schluchzen.
    Schildknecht war ratlos. Sollte er hingehen und sie trösten? Oder mußte man sie nun verhören? Vielleicht wäre es besser, Winfried Horrenried zu folgen und ihn durch die Mangel zu drehen. Was hätte Bienzle jetzt getan? Wahrscheinlich war es ohnehin besser, ihm erst einmal alles zu erzählen.

41
    In dem großen Konferenzraum des Polizeipräsidiums, der als Lagezentrum der Sonderkommission diente, waren nur noch Gollhofer, der Präsident, Staatsanwalt Roller und Günter Gächter. Patrick war inzwischen in die Obhut einer Kinderpsychologin im Olga-Hospital gegeben worden.
    Roller durchmaß mit wippenden Schritten, die Hände auf dem Rücken verschränkt, den länglichen Raum von der Rückseite bis zur Front und wieder zurück, erneut nach vorne und wieder nach hinten. Er hatte den schmalen Kopf eines Windhundes. Die blonden Haare waren straff nach hinten gekämmt und lagen dicht an seinem länglichen Schädel an. Die Nase war spitz. Eine randlose Brille ließ die wassergrauen Augen größer erscheinen, als sie waren. Zwei steile Falten zogen sich fast von den Augenwinkeln bis zum Kinn hinunter. Gächter schätzte ihn auf Anfang dreißig. Er konnte aber auch noch jünger sein.
    »Wir haben es hier mit einer Amtsanmaßung ohne Beispiel zu tun«, sagte er mit schneidender Stimme und ging dann Gächter direkt an: »Sie haben Richter Dr. Hasenblatt und mich ganz bewußt in die Irre geführt.«
    Gächter sagte nichts, er schaute Roller nur an und seine Gedanken kreisten darum, was er wohl tun würde, wenn sie ihn jetzt suspendierten. Er war nicht zum ersten Mal in so einer Situation. Als er damals in einer Überreaktion an der Grenze bei Konstanz den Fahrer eines illegalen Fleischtransportes erschossen hatte, stand er vor einem ganz ähnlichen Problem. Aber da hatte er Bienzle an seiner Seite gehabt. Der war zwar auch stinksauer auf ihn gewesen, hatte ihm aber am Ende doch beigestanden, als es um seinen Job ging. Trotzdem war Gächter jetzt ruhiger als damals. Die Tatsache, daß der kleine Patrick gerettet war, hatte Vorrang vor allem. Und wenn sie ihn tatsächlich rausschmissen, dann würde er es als Herausforderung betrachten, sein Leben auch ohne den Polizeidienst zu meistern.
    »Hören Sie mir überhaupt zu?«, herrschte ihn der Staatsanwalt an.
    »Ich versuch’s«, sagte Gächter und ein leises Lächeln huschte über sein Gesicht.
    »Und? Was haben Sie zu Ihrer Verteidigung zu sagen?«
    »Ich höre mir vielleicht zuerst Ihre Anklagerede zu Ende an«, gab Gächter zurück. Er stand, wie es auch sonst oft seine Art war, an ein Fensterbrett gelehnt und schaute Roller an, als ob er sagen wollte: Nur weiter, Sie sind so schön in Fahrt!
    Roller wendete sich an den Präsidenten. »Ich kann doch wohl davon ausgehen, daß der Mann sofort beurlaubt wird und daß ein Dienststrafverfahren gegen ihn eingeleitet wird.«
    »Sie können davon ausgehen, daß ich meine Dienstaufsicht ernst nehme«, sagte der Präsident vorsichtig, »meine Dienstaufsicht und meine Fürsorgepflicht gegenüber meinen Beamten.«
    »Das klingt verdächtig, so, als hielten Sie schon nach einem Schlupfloch

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