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Ernst Bienzle 14 - Bienzle und die lange Wut

Ernst Bienzle 14 - Bienzle und die lange Wut

Titel: Ernst Bienzle 14 - Bienzle und die lange Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Huby
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    Joe Keller schaute zufrieden über die Köpfe seiner Freunde hinweg. Er stand hinter der Verkaufsluke seines Imbißstandes. Das Fest kam langsam, aber sicher auf Touren. Aus zwei Boxen, die Joe links und rechts von der Ausgabeöffnung aufgehängt hatte, dröhnte Musik, die Joe nun zu übertönen versuchte: »Greift zu, Leute! Keine falsche Bescheidenheit!«
    Mascha stieß die schmale Tür auf und kam herein. Sie lehnte sich gegen Joe und küßte ihn in die Halsbeuge. »He, du, das wird aber teuer...«
    Joe grinste sie an. »Für dich ist mir doch nichts zu viel.« Die Musik verklang, und nun konnten alle Joe hören. »Man wird nur einmal zwanzig, stimmt’s?«
    Ein paar der jungen Leute stimmten an: »Happy birthday to you...« Dazu trommelten einige von ihnen auf herumstehenden Tonnen, die sie allerdings erst umdrehen mußten, wobei der ganze Müll rausfiel. Joe beugte sich hinter seinen Verkaufstresen und holte ein paar Flaschen aus dem Kühlfach. »Champagner für alle!«, schrie er.
    »Wo hast du denn den her?«, fragte Mascha.
    Und einer der Jungs rief: »Hast du neuerdings einen Geldscheißer, oder was?«
    »In der Stiftung Warentest steht: Vom Kauf abzuraten – da hab ich ihn einfach so mitgenommen...!« Joe warf die Flaschen ein paar seiner Kumpels zu. Beim Öffnen spritzte der Champagner entsprechend. Mascha schob eine neue Kassette in den Radiorekorder. Einige der jungen Leute fingen an zu tanzen. Jürgen, ein breitschultriger Zwanzigjähriger, trat zu dem jungen Paar, während Joe laut rief: »Und Futter für alle – geht alles aufs Haus!«
    »Trägt das denn der Laden?«, fragte Jürgen besorgt.
    Joe schlug dem Freund auf die Schulter. »Siehste doch – läuft wie Rotz!«
    Jürgen lachte: »Na ja, solange ihr alle freihaltet.«
    »Ach was, das sind Investitionen – Werbemaßnahmen, verstehst du? Als Existenzgründer mußt du dir was einfallen lassen.«
    Am Rande des Standplatzes hielt ein Auto. Zwei Männer stiegen aus. Beide trugen eng geschnittene Tuchmäntel. Sie waren nicht viel älter als Joes und Maschas Gäste, und doch sahen sie aus, als kämen sie aus einer ganz anderen Welt.
    Joe sah ihnen entgegen, und sein Gesicht verfinsterte sich. »Wir haben heute eine geschlossene Gesellschaft«, rief er.
    Der größere der beiden grinste Joe an. »Guter Witz. Wie sieht’s denn mit der Kohle aus?«
    »Heut ist Maschas Geburtstag«, sagte Joe. »Über Kohle kannst du morgen wieder mit mir reden, Sarrach.« Der Große schüttelte den Kopf. »Ich glaube, das siehst du nicht ganz richtig. Die Rate ist seit vierzehn Tagen fällig.«
    »Ich ruf den Lohmann morgen an«, sagte Joe obenhin.
    »Der schickt uns ja grade, weil er deine ewigen Ausreden nicht mehr hören kann. Wenn du sechs Wochen im Verzug bist, verfällt der Vertrag für den Standplatz. Aber die Kohle bleibste natürlich trotzdem schuldig! Ich wollte dir das nur noch mal ganz klar machen.«
    Joe sah sich um, ob auch keiner seiner Freunde zuhörte. Aber nur Jürgen stand in der Nähe. »Ja, ja, ist ja gut!«, sagte er ungeduldig.
    »Eben nicht.« Sarrach war noch immer freundlich.
    Deshalb hatte Joe auch den Mut nachzuschieben: »Mann, du störst. Du verdirbst uns das ganze Fest!«
    Sarrach hob die Arme, als ob er sagen wollte: »So ist die Welt«, drehte sich dann aber um und ging zu seinem Wagen zurück. Der andere Mann, der die ganze Zeit kein Wort gesprochen hatte, folgte ihm.
    Jürgen sah Joe überrascht an. »So leicht gibt der sich zufrieden?«
    »Der weiß doch, daß ich zahle. Und der Lohmann weiß das auch. Die werden doch die Kuh nicht schlachten, die sie melken.« Er faßte Mascha um die Hüften und stieg mit ihr die drei Stufen hinunter, zog sie noch enger an sich und küßte sie.
    Mascha sagte ihm leise ins Ohr: »Du, ich hab dich wahnsinnig lieb.«
    »Und ich dich erst.!«, flüsterte Joe zurück.
    Nach einer Pause, in der die beiden selig miteinander tanzten, fragte Mascha: »Glaubst du, wir schaffen’s?«
    »Ja, was denn sonst? – Vor zwei Stunden hab ich noch mit einem Banker geredet, der unser Unternehmen an die Börse bringen will!«
    Mascha kicherte. »Spinner!«
    Joe fuhr fort: »Und die vom Verband junger Unternehmer wollen mich zu ihrem Vorsitzenden machen.«
    Er nahm Schwung auf und tanzte mit Mascha in die Mitte. Nach und nach hielten die anderen Paare inne und klatschten im Rhythmus, während Mascha und Joe im Zentrum herumwirbelten wie die Derwische. Immer schneller, immer verrückter und noch schneller und noch

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