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Ernst Bienzle 14 - Bienzle und die lange Wut

Ernst Bienzle 14 - Bienzle und die lange Wut

Titel: Ernst Bienzle 14 - Bienzle und die lange Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Huby
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allerdings nicht. Die Kinderpsychologin hielt es für besser, den Jungen noch ein paar Tage zu betreuen. Natürlich sei er stark traumatisiert, sagte sie. Aber er sei auch stabil und vital und werde damit fertig werden.
    Der Kommissar schaute in das Zimmer hinein. Patrick schlief tief und fest. »Kein Wunder nach all den Strapazen«, sagte die Psychologin.
    Als Gächter nach Hause kam, war er froh, daß Kerstin auf ihn gewartet hatte. Sie versprach, über Nacht und auch noch ein paar Tage länger zu bleiben, wenn er es wünschte.

42
    Bienzle hatte die Speisen, die sich Schildknecht zusammengestellt hatte, mit großem Genuß verdrückt. Jetzt trank er zur besseren Verdauung einen Quittenschnaps an der Bar, die sich im Untergeschoß des Gasthofs befand.
    Dort fand ihn Schildknecht, der vor lauter Aufregung kaum sprechen konnte. »Das ist sensationell, sag ich Ihnen. Der junge Horrenried und die Inge Kranzmeier haben das Ding gemeinsam gedeichselt.«
    Schildknecht konnte das Gespräch zwischen Inge und Winfried nahezu wortgetreu wiedergeben. Bienzle imponierte das. So etwas lernte man wohl, wenn man für sein Juraexamen all die Paragraphen und Entscheidungen paukte, um am Ende erfolgreich zu sein. Und erfolgreich war man ja nur, wenn man eine Note zwischen 1 und 2 erreichte. Vor Gericht jedenfalls würde Schildknecht einen guten Zeugen abgeben.
     
    Als Inge Kranzmeier zum Sägewerk zurückkehrte, hatte ihr Gesicht einen entschlossenen Ausdruck angenommen. Sie ging schnurstracks ins Schlafzimmer, zog die Koffer vom Kleiderschrank herunter und begann, ihre Sachen zu packen. Sie würde keine Stunde länger als nötig in diesem Haus, in diesem Dorf, in dieser Gegend verbringen.
     
    Um die gleiche Zeit verließen Bienzle und Schildknecht den Gasthof. Bienzle hatte nicht einmal Gelegenheit gehabt, sich über sein Zimmer zu ärgern, und er war sich jetzt schon sicher, daß er es in dieser Nacht wohl kaum brauchen würde.
    Schildknecht wiederholte gerade: »Und dann hat er doch tatsächlich gesagt: ›Das leugne ich, da schwör ich jeden Meineid.‹«
    »Ja, ja«, sagte Bienzle, »so debil bin ich noch nicht, daß Sie mir alles zweimal sagen müssen, auch wenn ich Sie grade g’lobt hab für Ihre Merkfähigkeit!«
    Damit stiegen sie in Schildknechts Dienstwagen. Bienzle war bekannt dafür, daß er nur selber fuhr, wenn es gar nicht anders ging.
     
    Inge Kranzmeier hatte zwei ihrer Koffer schon in die Garage geschleppt. Sie stellte die Gepäckstücke neben ihrem Auto ab und wuchtete einen Zehnliter-Benzinkanister vom Regal an der Garagenwand. Sie trug ihn zur Tür und stellte ihn draußen ab. Danach fuhr sie ihr Auto heraus und stellte es abfahrbereit vor die Haustür. Die Gepäckstücke hob sie in den Kofferraum und schlug den Deckel zu.
    Ihr nächster Weg führte sie zur Werkhalle des Sägewerks. Sie schloß auf und schob das Rolltor zur Seite. Das Licht machte sie nicht an. Sie holte den Benzinkanister, schraubte ihn auf und begann ihn auszugießen, aber schon nach kurzer Zeit rutschte er ihr aus der Hand und kullerte über den Boden. Das Benzin verbreitete sich in einer Lache, die sich bis zu einem Haufen Sägespäne hinzog, der am anderen Morgen abgesaugt werden sollte. Langsam kehrte sie zu dem Punkt zurück, wo die Benzinspur begann. Sie richtete sich noch mal auf, drückte ihre flachen Hände ins Kreuz und versuchte ein letztes Mal, alles in sich aufzunehmen: die Halle, die Nebengebäude, die Holzstapel, den Laufkran, das Mühlrad, das schöne Haus am Hang.
    Es war eine sternenklare Nacht. Der Mond hielt sich noch hinter den Tannen am gegenüberliegenden Hang versteckt. Aber es war auch ohne ihn hell genug für das, was sie vorhatte. Irgendwo im Dorf heulte ein Hund. Und im Wald schrien zwei Käuzchen um die Wette.
    Inge nahm aus der kleinen Außentasche ihrer Lederjacke eine Streichholzschachtel. Das erste Streichholz zerbrach, als sie es anreißen wollte, das zweite erlosch auf dem Weg zum Boden. Inge ging in die Hocke und nahm ein drittes Hölzchen aus der Schachtel.
    Das Streichholz flammte auf. Inge Kranzmeier brachte es ganz nahe an den Beginn der Benzinspur.
    Ein Auto kam das Talsträßchen herab gefahren. Einen Herzschlag lang dachte sie, es könnte Winni sein. Wenn er jetzt käme und sagen würde, daß alles nur ein schlechter Scherz gewesen sei. Oder, noch besser, daß er eingesehen habe, was er verlöre, wenn er sich von ihre trennte. Inge lachte auf: Da kam ein Auto und Winfried kam immer mit dem

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