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Ernteopfer

Ernteopfer

Titel: Ernteopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Schneider
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Ermittlungsrichter wird wohl zusätzliches Personal ein stellen müssen.«
    In diesem Moment ging die Tür auf und ein Mann trat ein.
    »Herr Richter, wir haben unten ein Problem. Da wollen mehrere Lkws zum Entladen aufs Gelände fahren. Was sollen wir mit denen machen?«
    Der Ermittlungsrichter überlegte kurz und antwor tete dann:
    »Die sollen ins Gewerbegebiet Fohlenweide fahren. Schicken Sie ein paar Beamte hinterher, um sie zu regist rieren. Sobald wir mit den Hallen fertig sind, können sie rein. Wir wollen ja nicht, dass das ganze Gemüse noch kaputtgeht.«
    Zusammen mit meinen beiden Kollegen schauten wir noch eine Weile der langweiligen Prozedur zu. Weder Sieg fried noch Petersen sprachen einen Ton mit uns.
    Ich ließ meine Augen durchs Fenster schweifen und sah, dass das Containerdorf ebenfalls durchsucht wurde. Doch dann sah ich noch etwas anderes.
    »Kommt mal mit!«
    Wir verließen das Büro und bemerkten im Rausgehen, dass Petersen uns folgte.
    »Das trifft sich ja gut«, sprach ich ihn an.
    »Sie wollen doch sicherlich zu den Containern, oder?«
    Petersen blickte mich mürrisch an, erwiderte aber nichts.
    Auch bei den Containern waren mehrere Beamte der unterschiedlichsten Behörden im Einsatz. Eine Handvoll Erntehelfer stand recht hilflos in der Gegend herum und wartete.
    Ich sprach den erstbesten wichtig aussehenden Beam ten an.
    »Guten Tag. Haben Sie inzwischen alle Arbeiter re gistriert?«
    Er schaute mich von oben bis unten an und überlegte, ob ich wohl befugt sein könnte, ihm eine solche Frage zu stellen. Schließlich schien er zu der Überzeugung gekom men zu sein, dass ich das wohl sei.
    »Ja, wie man es nimmt. Zumindest die, die hier sind.«
    »Was heißt das konkret?«
    »Konkret heißt das, dass wir hier sieben Erntehelfer vorgefunden haben, den bewohnten Containern zufolge es aber über 40 sein müssten.«
    »Könnte es sein, dass die fehlenden Helfer vorne in den Hallen sind?«
    »Nein, das haben wir natürlich sofort überprüft. Wir sind ziemlich ratlos. Wir vermissen gut 30 Personen und wissen nicht, wo wir nach ihnen suchen sollen.«
    »Die Felder wurden sicherlich schon allesamt durch sucht?«
    »Das war natürlich das Erste, was wir gemacht haben. Die Bereitschaftspolizei war schon seit 4 Uhr heute Mor gen vor Ort. Nein, da ist keiner rausgekommen.«
    »Vielleicht kann uns unser Freund Petersen darüber aufklären?«, wandte ich mich an Siegfrieds kaufmänni schen Leiter.
    Dieser schaute zunächst etwas verschämt auf den Bo den. Es dauerte eine Weile, bis er sich schließlich zu einer Antwort durchringen konnte.
    »Es hat ja doch alles keinen Sinn. Auf das kommt es jetzt nicht mehr an.«
    »Auf was kommt es jetzt nicht mehr an?«
    »Siegfried, mein Chef, hat hier eine eigene Personal- Leasing-Firma aufgebaut. Das heißt, eine richtige Firma ist das nicht. Für so was braucht man normalerweise eine
    Gewerbegenehmigung.«
    Ich verstand auf einmal alles.
    »Ach so, Ihr Chef hat hier also ein Auffanglager für Erntehelfer betrieben und diese dann an andere Betriebe weitervermietet. Ist das korrekt?«
    »Ja, so ungefähr. Die Polen konnten sich hier für eine Saison in den Containern einmieten. Die Offiziellen na türlich nur so lange, wie sie eine Arbeitserlaubnis hatten. Diese Polen wurden dann an andere Betriebe vermittelt, wenn dort Arbeitsspitzen auftraten. Zur Verteidigung mei nes Chefs muss ich aber sagen, dass er nur an unsere Ge nossenschaftsmitglieder vermittelt hat.«
    »Oho, wie ehrenvoll«, lästerte ich.
    »Deshalb fanden in Schifferstadt wahrscheinlich auch die täglichen Treffs morgens statt. Dort wurden die Arbei ter auf die verschiedenen Betriebe verteilt, stimmts?«
    »Ja, genau so ist es. Das ist eben ein Tagesgeschäft. Jeder Landwirt weiß erst am jeweiligen Morgen definitiv, wie viele zusätzliche Helfer er braucht. Und deshalb hat sich der Treff irgendwann mal etabliert.«
    »Und dafür haben Sie dann eine fette Vermittlungs provision kassiert?«
    »Natürlich, die Mitglieder waren ja froh, so unkompli ziert Arbeiter zu bekommen. Die Provisionen haben wir dann gleich mit den Gemüseanlieferungen verrechnet. Die Helfer wurden täglich von den Landwirten bar bezahlt. Wir kassierten von den Helfern nur die ortsübliche Mie te, sonst nichts.«
    »Ja ja, ich kenne die Höhe der ortsüblichen Miete in ihrem Containerhof. Was ist mit den sieben Arbeitern, die noch da sind?«
    »Das sind Neuankömmlinge, die sollten heute Morgen vermittelt werden. Ich durfte nicht

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