Ernteopfer
das Anwesen bildeten. Vereinzelt konnte ich Vertreter der Hundestaffel mit ihren Vierbeinern sichten.
Nachdem ich mit einiger Mühe noch ein Plätzchen für meinen Wagen gefunden hatte, ging ich zur inneren Ab sperrung.
»Halt! Ich darf Sie hier nicht durchlassen!«, motzte mich ein eifriger einsterniger Jungkollege an.
»Doch, Sie dürfen, Herr Kollege!«
Ich hob ihm meinen Dienstausweis unter die Nase und er änderte daraufhin sofort seine Meinung.
»Durch die vordere Halle durch, dann rechts hinten raus in den Bürokomplex«, wies er mir den Weg.
»Danke, ich kenne mich hier bereits aus«, entgegnete ich und ließ ihn stehen.
Die Arbeit in der Halle war eingestellt worden. Die an der Halle angedockten Lkws standen nur zum Teil bela den beziehungsweise entladen herum.
Ein paar wenige Arbeiter saßen mit missmutigen Ge sichtern auf umgedrehten Holzkisten in einer Ecke. Drei Beamte, vermutlich vom Zoll, waren dabei, die persönli chen Daten der Arbeiter aufzunehmen, um per Funk deren Richtigkeit zu überprüfen.
Keiner der Anwesenden würdigte mich auch nur ei nes Blickes.
Ich hatte das Tor am Ende der Halle fast erreicht, da kamen mir zwei Polizisten mit Möbeltransportwagen, wie sie auch in Baumärkten verwendet wurden, wenn die üb lichen kleineren Einkaufswagen nicht mehr ausreichten, entgegen. Die Wagen waren vierstöckig mit Umzugskartons vollgestopft und die Ladung aus Sicherheitsgründen mit Spanngurten fixiert.
»Na dann viel Spaß beim Durcharbeiten«, wünschte ich den unbekannten Kollegen etwas schadenfroh.
Doch diese waren anscheinend im Moment nicht für ei nen Spaß zu haben und gingen grußlos schiebend weiter.
Am Eingang des Bürokomplexes lief mir Staatsanwalt Borgia über den Weg.
»Ah, guten Morgen, Herr Palzki. Auch schon aufge standen?«
»Was heißt hier aufgestanden? Ich habe die ganze Nacht ermittelt!«
»Haben Sie diesmal wenigstens aufgepasst, dass man nicht wieder Ihre Fußabdrücke an tatverdächtigen Stellen vorfindet? Über dieses Thema sollten wir übrigens noch ausführlich sprechen, und das möglichst bald.«
»Ja, ich weiß, dass sich das LKA da schon eingemischt hat. Ist aber eigentlich nur eine Bagatelle, Herr Borgia. Was macht die Durchsuchung? Alles noch im grünen Bereich?«
»Alles im grünen Bereich? Sie spinnen wohl! Seit wir angekommen sind, fordern wir ständig neue Beamte an, damit wir das vor Einbruch der Dunkelheit schaffen. Selbst der Ermittlungsrichter ist seit einer Stunde hier. Außer der Steuerfahndung sind so ziemlich alle Träger der So zialversicherungen mit eigenen Leuten hier vor Ort, der Zoll, die Ausländerbehörde, selbst die Gewerbeaufsicht. Ich sage Ihnen was, Herr Palzki. Wir haben hier in knapp zwei Stunden mehr Zufallsfunde als bisher in allen Fällen in meiner Karriere zusammen. Das dürfte reichen, um Siegfried die nächsten paar Tausend Jahre außer Gefecht zu setzen.«
»Ist der noch hier?«
»Ja, er ist im Büro von Petersen. Drei Anwälte hat er herzitiert. Und die Bürgermeister von Limburgerhof und Mutterstadt und sogar den Landrat dazu. Die sind ge sprungen wie seine Leibeigenen.«
»Was haben die Bürgermeister und der Landrat damit zu tun? Haben die Siegfried bei seinen Hinterziehungen unterstützt?«
»Was weiß ich, das kann man jetzt noch nicht sagen. Wahrscheinlich hat er aber nicht wenige Subventionen hinten und vorne reingesteckt bekommen.«
»Warum sollten die Kommunen das machen?«
»Stehen Sie auf dem Schlauch? Wenn die Gemeinden nicht mitspielen, wandert Siegfried eben in eine andere Gemeinde ab. Sie ahnen ja nicht, um welche Beträge es hier allein bei der Gewerbesteuer geht.«
Staatsanwalt Borgia schüttelte verständnislos den Kopf und zündete sich eine Zigarette an.
»Das ist ein Scheißpolitikum. Siegfried müsste für diese Sauerei Knast satt kriegen, nach meiner Erfah rung ist er aber in drei Tagen wieder auf Kaution drau ßen. Der Landrat hat mir schon angedroht, dass er alle rechtlichen Schritte einleiten wird, wenn wir versuchen sollten, den Laden dicht zu machen. Das Dumme da bei ist, ich kann ihn von seinem Standpunkt aus durch aus verstehen. Das wäre ein Fiasko für den Landkreis. Hunderte Arbeitslose und der Gemüsemarkt würde für dieses Jahr zusammenbrechen und das Zeug auf den Feldern verfaulen.«
»Warum wird dann nicht einfach Insolvenz angemeldet und das Unternehmen vorübergehend von einem Rechts anwalt verwaltet?«
»Klar, das wäre ein Weg. Aber Sie haben ja keine Ah nung, wie
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