Ernteopfer
Sie mal, Frau Weiß, haben Sie auch schon etwas Prähistorisches auf Ihren Äckern gefunden?«
»Aber Herr Palzki! Was soll ich da jetzt antworten? Sie sind doch Polizist, oder? Stellen Sie doch bitte nicht solche Fragen.«
»Okay, entschuldigen Sie vielmals. Das war wirklich eine blöde Frage«, versuchte ich mich herauszureden.
Gerne wäre ich jetzt noch eine Weile bei diesem opti schen Leckerbissen von Frau geblieben. Doch ich hatte keine Ahnung, wie ich das begründen sollte. Meine Fragen an sie waren momentan erschöpft. Innerlich widerwillig verabschiedete ich mich mit beschleunigtem Herzschlag.
Als ich in meinen Wagen stieg, winkte sie mir noch von ihrer Haustür aus zu, was mich noch mehr aufwühlte.
18
Ich fuhr wieder die Landstraße durch den Wald nach Schif ferstadt zurück. Am Ortseingang dachte ich an meine gest rige Vollbremsung und das Zufallstreffen mit Dietmar Be cker. Zugegebenermaßen hatte ich von ihm bisher recht viele Informationen erhalten. Seine Quellen erwiesen sich als ergiebig. Woher er nur den Tipp über das geheime Tref fen der Genossenschaftsmitglieder hatte? Egal, Siegfried saß im Knast, dieser Tipp war hinfällig.
Kurz darauf war ich wieder zu Hause. Weder Stefanies Wagen stand da, noch wurde ich von Frau Ackermanns Stimmbändern gequält. Nur der Sperrmüll vor Nachbars Haus versetzte mir einen Stich. Mist, morgen sollte bei mir abgefahren werden. Die Benachrichtigungskarte lag auf dem Flurtisch und ich hatte mir den Termin sogar im Kalender vermerkt. Da ich seit Monaten das Gerüm pel in der Garage hortete, überwand ich meinen inneren Schweinehund und trug das ganze Zeug von der Gara ge zum Gehweg. Ein alter zerlegter Kleiderschrank, ein nicht reparables Kettcar, diverse alte Kunststoffwannen, eine zerrissene Reisetasche und anderes Großzeug türmte sich nach Beendigung des Frondienstes vor meinem Haus auf. Ein kurzer erleichterter Blick auf die Kommode im Wohnzimmer galt nach getaner Arbeit dem nicht blinken den Anrufbeantworter.
In der Küche stand noch meine unberührte Pizza auf der Arbeitsplatte. Ich überlegte kurz: In der Pizzeria wird eine Pizza schätzungsweise 20 Minuten in den Ofen geschoben. Ich berechnete einen 50-prozentigen Sicherheitsabschlag und stellte die Mikrowelle auf gut zehn Minuten ein. Zeit genug, um aufs Klo zu gehen.
Nach fünf Minuten roch es verbrannt. Ich stürzte aus dem Badezimmer. Einen Augenblick später sah ich das blitzende Schauspiel in der Mikrowelle. Verpuffungen, ja kleine Explosionen erfolgten im Sekundenabstand im In nern des Gerätes. Ich drückte sofort die Stopptaste. Mit dem Öffnen des Gerätes hätte ich besser noch ein bisschen gewartet. Eine zähe Schleimpampe, die durch die Innen seite der Tür an ihrer Fluchtbewegung gehindert wurde, glitt nun von dieser herab und folgte der Schwerkraft auf den Küchenboden.
Das Telefon klingelte.
Der Appetit auf Pizza war mir vergangen, ich konnte ans Telefon.
»Palzki!«
»Servus Reiner, ich bins, Gerhard.«
»Na, das ist aber eine Überraschung. Du hast dich ja schon seit Ewigkeiten nicht mehr gemeldet«, antwortete ich ironisch. »Rufst du an, um herauszufinden, wo ich hin gefahren bin, nachdem ich Frau Schablinski nach Speyer gebracht habe?«
»Das ist mir doch egal, Reiner. Wo warst du über haupt?«
»Du gibst keine Ruhe, Kollege. Ich hatte ein nettes Ge spräch mit Frau Weiß.«
»Aha, und was hat sie dir zugeflüstert?«
»Na, na, bitte keine intimen Fragen. Ne, mal im Ernst. Frau Weiß ist die Eigentümerin des Ackers, der direkt neben der Fundstelle des Toten liegt. Und ausgerechnet unser lieber bekannter Professor Müller bemüht sich um eine Pacht für dieses Flurstück, um dort private Ausgra bungen zu starten.«
»Mein lieber Schwan, da braut sich einiges zusammen. Ich habe noch eine beunruhigende Nachricht für dich. Deswegen rufe ich eigentlich an. Dieser Marek ist auf frei em Fuß. Es gab einen Haftprüfungstermin, der in seinem Sinne entschieden wurde. Das war vor einer Stunde.«
»Scheiße, der haut doch ab. Gerhard, wir müssen alles Menschenmögliche versuchen, dass es zu einer Zusam menkunft von ihm und Frau Schablinski kommt. Nur dann wird er reden.«
»Okay, ich versuche, über seinen Pflichtverteidiger an ihn ranzukommen und einen Termin mit Frau Schablinski zu koordinieren. Ich sage dir dann Bescheid, wenn es ge klappt hat.«
»Danke. Ach, noch was. Frau Weiß behauptet, dass Siegfried gar nicht im Knast ist. Das kann doch nicht sein,
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