Ernteopfer
oder?«
Gerhard räusperte sich. »Doch, das kann sehr wohl sein. Er hat mehr oder weniger einen Freibrief bekommen. Seine Firmenkonten wurden zwar beschlagnahmt und stehen un ter gerichtlicher Kontrolle, doch Siegfried darf vorläufig so weitermachen wie bisher. Im Interesse der Allgemeinheit.«
»Das ist noch so ein Bockmist«, fluchte ich. »Der hat doch seine Privatkonten weltweit verstreut. Der haut min destens genauso schnell ab wie dieser Marek.«
»Das könnte gut sein. Okay, ich kläre dann mal die Geschichte mit Marek ab. Bis bald!«
Ich legte auf.
Was war da bloß los? Marek frei, Siegfried frei. Verdammt, hat es nicht erst einen Toten gegeben? Doch mir kam noch ein anderer Gedanke. Wenn Siegfried nicht im Knast war, würde wahrscheinlich morgen Abend das Tref fen in Frankenthal stattfinden. Klar, da musste ich mit von der Partie sein. Morgen Abend?, kam es mir in den Sinn. Morgen wäre Dienstag, da war doch was? Na klar, Ste fanies Einladung zum Abendessen. Das würde Stunk geben und ihre Mutter würde sie zusätzlich noch aufhetzen. Scheiße, warum musste das immer mir passieren?
Ich versuchte, Becker telefonisch zu erreichen. Ich muss te in Erfahrung bringen, was er noch so alles wusste. Doch er war nicht erreichbar. Einer seiner Mitbewohner erklärte mir am Telefon, dass er ein oder zwei Tage weggefahren sei.
Der restliche Abend plätscherte vor sich hin. Das nächste zu beschreibende wichtige Ereignis fand um 2 Uhr nachts statt. Es klingelte an der Haustür.
Nach dem zweiten Klingeln saß ich auf der Bettkante, beim dritten Klingeln hatte ich fast die Haustür erreicht. Da ich schlaftrunken war, kam mir die Sprechanlage nicht in den Sinn. Ich rief stattdessen laut durch die geschlos sene Tür:
»Ja? Hallo? Wer ist da?«
Dumpf kam die Antwort:
»Polizei. Bitte machen Sie auf!«
Klar, ich dachte an einen Scherz meiner Kollegen. Wü tend öffnete ich die Tür, ohne mich vorher durch ein Fens ter zu vergewissern, ob es sich wirklich um Polizisten han delte, die vor der Tür standen. Verblüfft stand ich nun in meinem Schlafanzug da und starrte auf einen Kollegen von der Verkehrspolizei. Auf der Straße parkten drei Streifen wagen, es sah gewaltig nach einem Großeinsatz aus.
Auch der Kollege erkannte mich sofort und stotterte nun vor sich hin.
»Guten Abend, äh, Herr Palzki. Entschuldigung, äh, ich wusste nicht, dass hier ein Kollege wohnt. Wir haben hier nämlich ein Problem.«
Was hatte das jetzt wieder zu bedeuten? War etwas mit Marek oder Siegfried? Warum schickte man dann Kollegen von der Polizeiinspektion?
Nach wie vor verwirrt fragte ich nach seinem Pro blem.
»Äh, Herr Palzki, tut mir leid, dass wir Sie geweckt haben. Es ist wegen Ihrem Sperrmüll.«
»Sperrmüll? Was zum Teufel soll mit meinem Sperrmüll sein? Bloß weil der auf dem Gehweg liegt, braucht ihr mich doch nicht um 2 Uhr zu wecken, verdammt noch mal!«
Der Beamte wurde etwas kleinlauter.
»Nein, Herr Palzki, es geht um was anderes. Etwa 200 Meter von hier hat man einen Hartschalenkoffer gefun den. Jetzt suchen wir den Besitzer dazu. Vielleicht hat den jemand von einem Sperrmüllfundus aus der Nähe mitge nommen und dort abgestellt. Jedenfalls müssen wir in der Umgebung jetzt alle befragen, die Sperrmüll rausgestellt haben, bevor wir die Sprengstoffexperten anfordern.«
Das gab es doch nicht. Die wollten mich doch aufs Glatteis führen. Das glaubte mir doch kein Mensch. Doch in diesem Moment fiel es mir wieder ein.
Vor ungefähr drei Monaten wurde ebenfalls am Vortag einer Sperrmüllabfuhr ein Koffer gefunden. Direkt am Schillerplatz in Schifferstadt, am geschäftlichen Hauptkno tenpunkt. Da der Besitzer nicht auffindbar war, hatte man das gesamte Geschäftszentrum für mehrere Stunden kom plett evakuiert. Solange dauerte es, bis eine ganze Armada von Experten die Inhaltslosigkeit des Koffers festgestellt hatte. Wer kam schon auf diese völlig absurde Idee, einen alten Koffer zum Sperrmüll zu stellen. Und noch schlimmer, wer wollte in einem Hochzentrum der vorderpfälzischen Gemüsekultur einen terroristischen Anschlag verüben? Ich konnte mich gut erinnern: Der sich anschließende Leserbriefspott in den Zeitungen hatte es in sich.
Und nun das. Der zweite Teil dieser albernen Klamot te.
»Ja, seid ihr noch ganz dicht? Habt ihr nichts Anderes zu tun?«
»Tut mir leid, Herr Palzki. Sie wissen, wir tun nur un sere Pflicht. Wir müssen jedes Restrisiko ausschalten.«
Ich hatte mich genug aufgeregt. Ja, ich
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