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Eroberer

Eroberer

Titel: Eroberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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in seinen Augen, die Erkenntnis, dass sein Leben bereits vorbei war. Mit einem lauten Schrei hob er seine Waffe.
    Die Wikinger stürmten auf ihn los. Er konnte keinen einzigen Schlag ausführen. Die Wikinger packten ihn an den Armen und entwanden ihm mühelos die Axt. Sie warfen ihn zu Boden, mit dem Gesicht nach unten, und vier von ihnen hielten seine Gliedmaßen fest, sodass er mit ausgebreiteten Armen und Beinen dalag. All das geschah im Handumdrehen.

    Dann bückte sich Askold, stieß sein Messer oben in Guthfriths Kittel und zog es zum Rücken herunter. Er arbeitete zügig, wie ein Schlachter. Guthfrith schrie auf, und Blut spritzte, denn das Messer hatte ihm eine Kerbe in die Haut geritzt, aber Askolds Ziel bestand darin, seine Kleidung zu zerschneiden. Er zog das wollene Tuch auseinander und legte einen Rücken frei, der sich hob und senkte und bereits glitschig von Blut war.
    Dann nahm Askold seine Axt und wog sie in der Hand. Er stellte sich breitbeinig über Guthfriths Rumpf. Einer seiner Gefährten rief: »Ein Hieb, Askold. Zeig diesem alten Schweinehirten, was du kannst.«
    Askold grinste. Dann – seine Zungenspitze ragte zwischen den Lippen hervor – ließ er die Axt beinahe sanft auf Guthfrith herabsausen, ein einziger Schlag, der mit einem festen, klatschenden, befriedigenden Geräusch Fleisch, Muskeln und Knochen durchtrennte. Guthfriths Geschrei verwandelte sich in ein Gurgeln; Blut quoll ihm aus dem Mund.
    Askold und die anderen knieten sich über Guthfrith. Hände gruben sich ins blutige Dunkel seines Körpers und rissen ihm die Rippen auseinander; Knochen splitterten knirschend. Gudrid konnte tatsächlich sein schlagendes Herz – es war überraschend groß – und die sich blähenden Lungen sehen. Dies war ein Mensch, ein lebendiger Mensch, dessen Innenleben so mühelos freigelegt worden war. Askold wühlte in der Höhle, packte mit seinen großen Händen die Lungen, riss
ihre Wurzeln heraus und breitete sie über Guthfriths Schultern aus. Dann stand er auf, Arme und Brust blutbeschmiert, als hätte er einen störrischen Ochsen geschlachtet. Selbst jetzt lebte Guthfrith noch, sah Gudrid voller Entsetzen. Askold lachte und spuckte in das Loch in Guthfriths Rücken.
    In diesem Moment wusste Gudrid, dass sie nie wieder bei Askold liegen würde, so lange sie lebte.
    »Nicht schlecht, Askold«, sagte Bjarni geringschätzig. »Nagelt ihn an eine Wand, wenn er tot ist. Und jetzt lasst uns weitermachen. Wenn wir uns beeilen, sind wir im Kloster, bevor die Mönche irgendetwas verstecken können. Aber ein paar Männer bleiben hier, um die Boote zu bewachen. Wir wollen ja nicht, dass irgendein Schlaumeier sie verbrennt. Und zündet diese Bruchbuden an.« Er ließ den Blick über die Insel schweifen. Auf dem Damm, der sie mit dem Festland verband, kämpften sich zwei Gestalten durch steigendes Wasser. »Außerdem wollen wir auch nicht, dass jemand davonkommt. Leif und Björn, ihr geht zum Damm und haltet jeden auf, der zu fliehen versucht.«
    Leif, ein großer, träger Mann, murrte. »Und den Schatz sollen wir euch überlassen?«
    »Ihr bekommt euren Anteil«, sagte Bjarni geduldig. Er warf Gudrid einen Blick zu. »Tochter, du gehst mit ihnen.«
    Gudrid versuchte zu sprechen. »Vater …«
    Bjarni trat so nah an sie heran, dass sein faltiges Gesicht ihr Blickfeld ausfüllte. »Warum bist du hierher
gekommen? Was hast du erwartet? Ich habe dich gewarnt.«
    »Muss es so … mutwillig sein?«
    Bjarni dachte darüber nach. »Ja«, sagte er. »Ja, ich glaube schon. Es ist leichter, einen Menschen zu töten, wenn man denkt, dass er kein richtiger oder gar kein Mensch ist. Die Mutwilligkeit ist nicht das Entscheidende, aber sie hilft.« Er schaute auf Guthfrith hinunter. »Aber ich glaube, du hast genug gesehen. Tu, was ich dir sage.«
    Sie besaß nicht die Willenskraft, ihm den Gehorsam zu verweigern.

XVIII
    Als sie die Insel erreichten, sah Belisarius, dass die Plünderer im Dorf schon am Werk waren. Die Menschen flohen; sie liefen nach Norden, Männer mit Bündeln ihrer Habseligkeiten, Frauen mit Kindern auf den Armen, andere halfen den Gebrechlichen und Bejahrten, manche versuchten sogar, Vieh vor sich herzutreiben. Zwei leuchtend rote, feuchte Flecken zeigten, wo bereits jemand getötet worden war. Und dann gingen die bescheidenen, rechteckigen Häuser des Dorfes vor Belisarius’ Augen eins nach dem anderen in Flammen auf. Als Guthfriths großes Haus niederbrannte, kam der kahle Umriss des heiligen

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