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Eroberer

Eroberer

Titel: Eroberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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hatten.
    »Wir gehen weiter«, sagte er grimmig. »Und wenn es sein muss, schwimmen wir. Aber wir gehen weiter.« Und er marschierte erneut auf die Insel zu, platschte durch das tiefer werdende Wasser. Er schaute sich nicht um. Macson rang mit seinen eigenen Konflikten, ein Kampf zwischen seiner Gier nach dem Menologium und seinem Selbsterhaltungstrieb. Schließlich hörte Belisarius einen Fluch in einer obskuren Mischung aus Lateinisch und Britisch, dann watete Macson hinter ihm her.
     
    Gudrid hatte bisher erst an einem einzigen Überfall
teilgenommen. Das war fünf Jahre her. Sie war fünfzehn gewesen und hatte kurz vor der Vermählung gestanden. Es war nur ein Ausflug an der Küste entlang, ein Angriff auf ein Dorf, dem Bjarni und die Älteren eine nicht beglichene Schuld verübelten. Raubzüge waren keine Frauenarbeit, aber ihr Vater hatte darauf bestanden, dass sie nur ein einziges Mal sah, wie Blut vergossen wurde, damit sie besser vorbereitet war, falls irgendwann einmal jemand kam, um ihr Zuhause zu überfallen. Auf beiden Seiten wurde jeweils ein Mann getötet, es gab ein paar eingeschlagene Schädel und abgehackte Gliedmaßen, und Bjarnis Leute luden einige wenige nervöse, gestohlene Rinder in die Boote. Es war alles schnell, effizient und geschäftsmäßig abgelaufen. Und obwohl das angegriffene Dorf seinerseits im nächsten Sommer einen kleinen Vergeltungsschlag verübt hatte, hegte niemand einen Groll.
    Gudrid hatte den Anblick von Blut außerordentlich beunruhigend gefunden. Aber ihr Vater verstand das. Auch er sah es nicht gern, wenn Menschen niedergemetzelt wurden. Aber so waren die Dinge nun einmal. Wenn man Hunger hatte, stellte das Vieh der Nachbarn eine Art Notvorrat dar. Andere machten es genauso, wenn man ein gutes Jahr hatte und sie ein schlechtes. Es war einfach alltäglich.
    Hier jedoch, auf dieser britischen Insel, war es anders. Hier liefen die Dorfbewohner nicht auseinander, nicht einmal, als die Wikingerschiffe mit ihrem geringen Tiefgang auf den Strand glitten. Und als die Wikinger mit der Waffe in der Hand aus ihren Schiffen
marschiert kamen, versuchten sie nicht, sich ihre Kinder zu schnappen, ihr Vieh einzusammeln und ihre schäbigen Wertsachen zusammenzuraffen. Sie versammelten sich sogar neugierig um sie, als Bjarni dem finster dreinschauenden, arroganten Mann in der schwarzen Kutte – dem Mönch  – gegenüberstand. Hier auf ihrer heiligen Insel fühlten sie sich sicher. Sie hatten dieses Spiel – dieses tödliche Spiel aus Eisen und Blut – noch nie gespielt und kannten die Regeln nicht. Erst als das Gehirn des Mönchs grau aus seinem gespaltenen Gesicht sickerte, liefen die Dorfbewohner weg. Mütter versuchten, ihre Kinder zu finden, und Väter und Söhne eilten in ihre Hütten, um sich Waffen zu holen.
    Die Wikinger standen seelenruhig da und schauten belustigt zu. Gudrid hörte, wie Askold, ihr Mann, mit den anderen Vermutungen über die Frauen anstellte: welche am besten aussahen, welche sich wehren würden. Mütter ließen sich leichter fangen, weil sie von ihren Kindern aufgehalten wurden, aber sie waren nicht mehr so eng wie Jungfrauen.
    Bjarni sah die Reaktion seiner Tochter auf dieses Geschwätz. »Ich hab’s dir ja gesagt. Du hättest zu Hause bleiben sollen.«
    Ein Mann kam mit großen Schritten aus dem Dorf herbei. Er war hochgewachsen und schlank, mit grauen Strähnen in seinem blonden Haar. Gudrid schätzte, dass er ein paar Jahre jünger war als ihr Vater. Er trug eine primitive Holzfälleraxt. Andere Männer aus dem Dorf blieben im Hintergrund und sahen mit Waffen in
den Händen zu. Dies war also die Kampfansage. Die Wikinger grinsten.
    Der Mann wandte sich an Bjarni. Seine Sprache war Gudrid unbekannt, hatte aber so viel Ähnlichkeit mit ihrer, dass sie die Worte zu verstehen glaubte. »Mein Name ist Guthfrith. Dies ist meine Heimat. Wir haben nur ein paar Rinder und Schafe und die Früchte des Meeres. Ihr seid willkommen, mit uns zu essen und in unseren Häusern zu schlafen. Aber wenn ihr vorhabt, uns zu berauben – bitte nehmt euch, was ihr wollt, und verschwindet wieder. Wir können euch nichts tun. «
    Bjarni musterte ihn, seufzte und wandte sich an Askold. »Wir sind wegen der Mönche hier, nicht wegen dieser Hungerleider. Aber wir sollten uns den Rücken freihalten. Wenn wir an dem hier ein Exempel statuieren, reicht das vielleicht, um die anderen abzuschrecken.«
    Askold nickte.
    Guthfrith begriff, was geschehen würde. Gudrid sah die Härte

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