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Eroberer

Eroberer

Titel: Eroberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Pergamentrahmen, die Tintenfässer und Gefäße mit den Federkielen landeten im Schmutz.
    In der Bibliothek stürzten sie Regale um, in denen
sich Bücher stapelten, und verstreuten deren Fracht auf dem Boden. Mit blutendem Herzen sah Belisarius, wie seine eigene Truhe von der Klinge eines Barbaren aufgebrochen, sein wertvoller Buchbestand herausgekippt und filetiert wurde. Die Plünderer suchten sich jene Exemplare aus, die schon auf den ersten Blick kostbar aussahen, zum Beispiel die prunkvollen Evangelien mit ihren juwelengeschmückten Ledereinbänden. Aber Belisarius wusste, dass es dort drin Bücher von viel größerem Wert als solche Prachtbände gab: uralte Literatur, teilweise noch aus den Zeiten Britannias, und neuere Literatur aus den britischen Provinzstaaten  – einige davon die einzigen existierenden Exemplare . Aber die Plünderer stießen die Bücher, die sie nicht haben wollten, einfach nur mit dem Fuß in ein notdürftiges Feuer, und schwarzer Rauch stieg auf, als sich Blätter aus Tierhaut kräuselten und aufrollten. Es war das Ende der Arbeit von Jahrhunderten. Wie zerbrechlich waren die Produkte der Zivilisation vor diesen Männern mit ihrem Eisen, ihrem Feuer und ihrer dunklen Ignoranz.
    Jetzt umzingelten die Plünderer die Kirche. Erneut schlugen sie einfach die Mauern ein. Die erschrockenen Mönche strömten heraus wie schwarz gewandete Termiten, und die Plünderer wateten in sie hinein und schwangen ihre glänzenden Axtklingen wie Sicheln. Als Blut spritzte, ein leuchtendes, schreckliches Rot, verwandelten sich die Schreckensschreie der Mönche in Schmerzensschreie. Viele der Mönche starben in ihrer Kirche, weil sie den heiligen Boden nicht verlassen
wollten. Andere flüchteten vor den immer näher kommenden kreisenden Äxten, nur um verfolgt und ebenfalls niedergestreckt zu werden.
    Als nach einer Weile klar war, dass es keinen organisierten Widerstand geben würde, begannen die Plünderer zu spielen. Sie zogen den Mönchen die Kutte aus, enthüllten Körper, so weiß wie Maden, und ließen sie um ihr Leben laufen. Andere jagten sie ins Meer, wo sie zweifellos ertrinken würden. Einige der jüngeren Mönche wurden wie Vieh zusammengetrieben, vielleicht, um sie in die Sklaverei zu verschleppen, wo die Tage der Ruhe und Ordnung im Kloster nur noch ein ferner Traum sein würden. Aber es gab auch noch grausamere Spiele. Ein Plünderer zwang einen Novizen, sich über dem Altar nach vorn zu beugen, und vergewaltigte ihn brutal. In dem Moment, als er kam, schnitt er dem Novizen die Kehle durch. Ein anderer drückte einen alten Mann zu Boden und schob ihm ein Kruzifix in den Rachen, bis er erstickte. Belisarius glaubte, dass dies das Ende des Abtes war, jenes energischen, befehlsgewohnten, zynischen Menschenverwalters.
    Währenddessen wurde die Kirche systematisch geplündert. Die Nordmänner holten Lüster, Laternen, den juwelenbesetzten Schrein und die Altarbestecke aus Silber und Gold heraus und warfen draußen alles auf einen Haufen.
    Ein gebrechlicher Mönch lag der Länge nach auf einer Kiste und umklammerte sie. Dies war der Sarg, der die sterblichen Überreste des heiligen Cuthbert
enthielt – und der Mönch, der sein Leben hingab, um sie zu retten, war Dom Wilfrid, Elfgars schwacher, törichter Geliebter. Natürlich lenkte er mit seinen Bemühungen nur die Aufmerksamkeit der Plünderer auf sich, und eine Axt trennte ihm den Kopf so beiläufig vom Hals, wie Belisarius ein Blatt von einem Baum pflücken mochte. Doch als die Plünderer die blutbesudelte Kiste öffneten und feststellten, dass sie nichts als staubige alte Gebeine enthielt, ließen sie sie achtlos stehen. Vielleicht würde der Heilige diesen Tag schrecklicher Zerstörung ebenso unbeschadet überstehen wie die bisherigen Jahrhunderte nach seinem Tod.
    Es gab nichts, was Belisarius hier tun konnte. Allein schon der Anblick dieser Schändung und dieses Gemetzels erfüllte ihn mit Scham. Als die Trümmer der Kirchenmauern bereitwillig in Flammen aufgingen, wandte er sich ab und machte sich auf den Rückweg zu den Zellen.

XIX
    Aelfric wartete zusammen mit Macson und Boniface im Halbdunkel der Zelle. Die Mauern waren dick, aber sie konnten die Schreie hören und den Rauch riechen, der unter der Tür hindurchquoll.
    Es klopfte an die Tür, und sie fuhren alle zusammen. »Ich bin’s. Belisarius.«
    »Hilf mir«, flüsterte Aelfric Macson zu. Die beiden schoben das schwere Bett beiseite, das die Tür blockierte.
    Belisarius taumelte

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