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Eros und Evolution

Eros und Evolution

Titel: Eros und Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ridley
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dafür entscheidet, die erste Frau eines armen Mannes zu werden. Die Mitfrauen pflegen einen kollegialen Umgang miteinander und teilen sich ihre Pflichten auf. Auf die Kipsigis trifft das Modell einer Polygamie-Schwelle recht genau zu. 18
    Es gibt allerdings zwei Problempunkte bei dieser Theorie: Erstens sagt sie nichts über die Ansichten der ersten Frau aus, schließlich ergibt sich für sie überhaupt kein Vorteil, wenn sie ihren Ehemann und dessen Wohlstand mit anderen teilen muß. Von den Mormonen in Utah weiß man, daß die ersten Frauen in der Regel von der Ankunft einer zweiten Frau wenig begeistert sind. Die Mormonen hatten vor mehr als hundert Jahren die Polygamie offiziell abgeschafft, in den vergangenen Jahren aber haben einige Fundamentalisten den Brauch wieder aufgenommen und begonnen, sich öffentlich für seine Wiedereinführung einzusetzen.
    Der amtierende Bürgermeister von Big Water in Utah, Alex Joseph, hatte im Jahre 1991 neun Frauen und zwanzig Kinder. Die meisten seiner Frauen waren Karrierefrauen und hatten gegen dieses Arrangement nichts einzuwenden, aber nicht alle sind hier einer Meinung. »Der ersten Frau gefällt es nie, wenn eine zweite kommt«, stellt die dritte Mrs. Joseph fest, »der zweiten dagegen ist die erste Frau gleichgültig.
    Es kann da schon zu Streit und verletzten Gefühlen kommen.« 19 Angenommen, die ersten Frauen haben grundsätzlich Einwände dagegen, ihren Ehemann zu teilen, was kann der Mann dagegen unternehmen? Er kann sie zwingen, das Arrangement zu akzeptieren, wie es vermutlich viele Despoten der Vergangenheit getan haben, oder er kann sie bestechen, damit sie es akzeptiert. Die Tatsache, daß die Kinder der ersten Frau in aller Regel mehr Rechte haben als die der zweiten, ist ein Bonus, der vermutlich in nicht geringem Maße zur Besänftigung der ersten Frauen beiträgt. In manchen Teilen Afrikas gilt das Gesetz, daß die erste Frau siebzig Prozent der Reichtümer ihres Mannes erbt. Der Mann kann aber auch Pech haben.
    Übrigens veranlassen mich die Überlegungen zur Polygamie-Schwelle zuallererst zu der Frage: Wessen Interesse ist es eigentlich, wenn Polygamie von der Gesellschaft verurteilt wird? Wir würden zunächst vermuten, es geschehe im Interesse der Frauen. Aber denken Sie einmal nach. Es wäre vermutlich auch unter diesen Umständen illegal, jemanden zur Heirat zu zwingen, so daß zweite Frauen ihr Los freiwillig wählten. Eine Frau, die eine Karriere anstrebt, würde eine menage à trois vermutlich sogar eher vorteilhaft finden: Sie hätte zwei Partner, welche die Arbeit der Kindererziehung mit ihr teilen würden. Ein Mormonenprediger führte unlängst »unwiderstehliche soziale Gründe« dafür an, daß Polygamie »für die moderne Karrierefrau so attraktiv« sei. 20 Bedenken Sie jedoch die Auswirkungen auf die Männer. Falls sich viele Frauen dafür entscheiden würden, die zweiten Frauen reicher Männer zu werden statt erste Frauen armer Männer, wären viele Männer zur Ehelosigkeit gezwungen. Ein gesetzliches Verbot der Polygamie ist also möglicherweise alles andere als eine Gesetzgebung, die Frauen schützt, sondern kommt vielmehr den Männern zugute. 21
    Lassen Sie uns die vier Gebote zur Theorie der Paarungssysteme formulieren. Erstens: Solange es für Weibchen von Vorteil ist, monogame, treue Männchen zu wählen, wird sich Monogamie entwickeln – es sei denn, zweitens: Männchen könnten sie zur Polygamie zwingen. Drittens: Wenn Weibchen keinen Nachteil davon haben, bereits gebundene Männchen zu wählen, wird es zur Polygamie kommen – es sei denn, viertens: Weibchen, die sich bereits in einer Beziehung befinden, sind in der Lage zu verhindern, daß Männchen sich weitere Partnerinnen suchen, wodurch es dann wiederum zur Monogamie käme. Die überraschende Schlußfolgerung aus der Spieltheorie lautet deshalb, daß Männchen sich trotz ihrer aktiven Verführerrolle im großen und ganzen als weitgehend passive Zuschauer ihres eigenen partnerschaftlichen Schicksals erweisen.

Welche Spielregeln gelten beim sexuellen Monopoly?
    Die eben angeführten Überlegungen zur Existenz einer Polygamie-Schwelle betrachten die Angelegenheit jedoch weitgehend aus der »Vogelperspektive«. Wer sich mit Säugetieren beschäftigt, sieht die Sache völlig anders, denn nahezu alle Säugetiere befinden sich so weit von der Polygamie-Schwelle entfernt, daß die vier Gebote bedeutungslos werden. Säugermännchen sind häufig während der Schwangerschaft so

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