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Eros und Evolution

Eros und Evolution

Titel: Eros und Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ridley
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der San Francisco Bay will festgestellt haben, daß fünfundsiebzig Prozent der Schwulen mehr als hundert Partner, fünfundzwanzig Prozent mehr als tausend Partner in ihrem Leben gehabt haben. 10
    Damit soll nicht geleugnet werden, daß es viele Homosexuelle gibt, die weit weniger häufig ihre Partner wechseln als viele Heterosexuelle.
    Doch auch die Schwuleninitiativen sind der Ansicht, daß vor dem Bekanntwerden von AIDS die Promiskuität unter Homosexuellen im Durchschnitt allgemein höher war als unter Heterosexuellen. Dafür gibt es keine vernünftige Erklärung. Angehörige der Homosexuelleninitiativen würden sicher sagen, dies sei vor allem auf die Ablehnung der Gesellschaft zurückzuführen. Illegale Aktivitäten werden in aller Regel, wenn überhaupt, meist bis zum Exzeß betrieben. Die legalen und sozialen Schwierigkeiten, die einer Schwulenpartnerschaft entgegengebracht werden, schwächten solche stabilen Beziehungen.
    Überzeugend ist das jedoch nicht. Die Promiskuität beschränkt sich ja nicht auf jene, die ihrer Homosexualität heimlich nachgehen. Bei Schwulenpartnerschaften ist Untreue ein zugegebenermaßen größeres Problem als bei heterosexuellen Paaren, und die gesellschaftliche Ablehnung trifft lose homosexuelle Beziehungen weit stärker als stabile.
    Etliche dieser Argumente gelten auch für Lesbierinnen, doch mit einem großen Unterschied: Lesbierinnen gehen nur selten sexuelle Beziehungen zu Fremden ein, sondern leben meistens über viele Jahre in stabilen Partnerschaften, zur Untreue kommt es nicht sehr häufig. Die meisten Lesbierinnen haben weniger als zehn Partnerinnen im Leben. 11
    Donald Symons von der University of California in Santa Barbara meint, die Ursache dafür, daß männliche Homosexuelle im Durchschnitt mehr Sexualpartner als männliche Heterosexuelle und sehr viel mehr als weibliche Homosexuelle haben, sei darin zu suchen, daß männliche Homosexuelle männliche Tendenzen und Instinkte ohne den hemmenden Einfluß von Frauen ausleben: »Obwohl Homosexuelle, wie die meisten anderen Männer auch, intime Beziehungen wünschen, sind diese für sie doch schwer aufrechtzuerhalten, was vor allem auf den männlichen Wunsch nach sexueller Vielfalt zurückzuführen ist, auf die einmalige Gelegenheit, diesem Wunsch in einer rein männlichen Welt zu entsprechen, und auf die männliche Neigung zu sexueller Eifersucht … Ich bin der Ansicht, heterosexuelle Männer hätten mit derselben Wahrscheinlichkeit sexuelle Beziehungen zu Fremden, beteiligten sich an anonymen Orgien in öffentlichen Bädern und nähmen sich auf dem Heimweg von der Arbeit die Zeit für fünf Minuten Sex in einer öffentlichen Toilette, wenn Frauen sich für diese Art von Aktivitäten mehr begeistern würden.« 12 Damit soll nicht gesagt werden, Homosexuelle hätten nicht den Wunsch nach einer stabilen intimen Beziehung. Symons stellt lediglich fest, daß der Wunsch nach monogamer Vertrautheit mit einem Lebensgefährten und das Verlangen nach gelegentlichen losen sexuellen Beziehungen zu Fremden keine unvereinbaren Dinge sind. Im Gegenteil: Auch für heterosexuelle Männer sind sie durchaus charakteristisch, wie die Existenz einer blühenden Callgirl- oder »Begleiterinnen«-Industrie beweist, mit deren Hilfe sich glücklich verheiratete Männer ihre sexuelle Abwechslung zu einem gewissen Preis verschaffen. Symons spricht nicht von homosexuellen Männern, sondern von Männern im allgemeinen, wenn er sagt: Homosexuelle Männer benehmen sich wie Männer, nur ein bißchen ausgeprägter; homosexuelle Frauen benehmen sich genau wie Frauen, nur ein bißchen ausgeprägter. 13

Harems und Wohlstand
    Im Schachspiel sexueller Beziehungen muß jedes Geschlecht auf den Zug des anderen reagieren. Die entstehende Situation, sei sie nun monogam oder polygam, ist eher ein Patt denn ein Sieg. Bei See-Elefanten und Beifußhühnern erreicht das Spiel den Punkt, an dem es den Männchen nur noch auf Quantität, den Weibchen dagegen auf Qualität ankommt. Beide zahlen einen hohen Preis: Die Männchen, weil sie kräftezehrende, unter Umständen tödliche Kämpfe um die Vorherrschaft als ranghöchster Bulle oder Hahn ausfechten, die Weibchen, weil ihnen jegliche Hilfe der Väter bei der Aufzucht der Jungen versagt ist.
    Im Falle der Albatrosse ergibt sich ein vollkommen anderes Patt. Jedes Weibchen erwirbt einen Bilderbuch-Ehemann, beide teilen sich die Kosten für die Aufzucht der Jungen, und sogar die Balz beruht in gewissem Sinne auf

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