Erotischer Roman
sein Lebtag nicht betreten zu haben – was eine charmante Lüge war –, geschweige denn wirklich Franzose war, zu führen, wenn Ava ebenfalls im Raum war. Ob Ava wusste, dass dies der Fall war, bezweifelte Sumner. Sie war nicht der Typ für Auftritte im Rampenlicht, so war sie schon gar nicht der Typ Frau, der es registrierte, wenn ihre männliche Umgebung ins Schwärmen geriet, sobald sie den Raum betrat. Er hatte nie herausgefunden, ob es ihr gleich war oder ob sie es wirklich nicht bemerkte, wie sie die Anwesenden mit ihrer Gegenwart in ihren Bann zog. Es war ihm auch egal. Es funktionierte für gewöhnlich, und er machte sich ihre Eigenschaften zunutze. Er kannte sie gut genug, um zu wissen, dass sie in ihrem Wesen eher schüchtern und zurückhaltend war. Und auch wenn sein Geschäftspartner schwierig war, er hatte Geschmack. Sehr zum Leidwesen Gordon Sumners. Ava Fischer war ein Prachtstück von Assistentin. Auch wenn sich dies bei ihrem Vorstellungsgespräch vor knapp fünf Jahren nicht sofort zeigte. Doch Sumners Gespür für Menschen hatte sich gemeldet, und dass die junge, zierliche und mit einer wallenden dunkelbraunen Mähne gesegnete Frau vor ihm das Talent für diese Position hatte, war ihm nach dem ersten kurzen Wortwechsel bereits klargeworden. Sie war ein Energiebündel mit dem richtigen Maß an Takt, Aufmerksamkeit und Geschick. Sie vereinte notwendige Eigenschaften in sich, um diesen Job vor seiner Tür zu seiner Zufriedenheit zu erledigen. Hinzu kamen ihre klassische Schönheit und ihr Literaturstudium, um sie für diese Position zu prädestinieren.
Über seine Überlegungen hinweg hatte Sumner seinen Schreibtisch erreicht. Kein einfaches Unterfangen in seinem Büro, das er für gewöhnlich als besseren Misthaufen bezeichnete. Überall lagen Bücher und Manuskripte stapelweise herum. Dazwischen hatten es sich seine vier Hunde bequem gemacht. Gab man nicht acht und lief etwas zu stürmisch durch dieses Labyrinth, dann war das Chaos für die nächsten Tage perfekt, und mindestens ein Hund jaulte gequält auf, weil man seinen Schwanz oder seine Pfote erwischt hatte. Sumner hatte es sich in seinem schweren Ledersessel bequem gemacht, seine Füße lagen auf dem antiken Schreibtisch, die Hände hatte er im Nacken verschränkt. Für einen Moment schloss er die Augen und genoss das Bild seiner Assistentin, das augenblicklich vor seinem inneren Auge auftauchte. Ava Fisher, er lächelte sanft. Sie war wirklich eine Augenweide. Besonders dann, wenn sie ihre Haarpracht hochsteckte und somit ihr Profil apart zur Geltung kam. Sie glich dann einer griechischen Göttin – ohne die impertinent aufdringliche Nase. In ihrem Nacken pflegten sich eine oder zwei Strähnen aus der Strenge der Frisur zu stehlen, um sich dort zu kräuseln. Wie oft hatte er sich in den letzten Jahren eigentlich vorgestellt, wie er gedankenverloren mit diesen Strähnchen spielen würde? Er lachte leise vor sich hin. Zu oft. Ihre klassische Schönheit war nicht mit der zu vergleichen, die er versuchte, mit seinen Models an den Mann zu bringen, die er in seiner Kartei führte. Ava entsprach bei weitem nicht dem aktuellen Schönheitsideal. Aber sie war ein Gesamtkunstwerk. Schön wie die Frauen auf den Gemälden der National Gallery am Trafalgar Square. Und auch wenn Ava zum damaligen Zeitpunkt keinerlei Erfahrungen mit dem hatte, was sie als seine Assistentin erwarten würde – dieses fehlende Wissen machte sie mit einer ungebändigten Lernfähigkeit wieder wett. Staunend wie ein kleines Kind lief sie in den ersten Tagen durch die Agentur, und das Gemisch aus Models und aufstrebenden Autoren sowie einer Präsenz an hochkarätigen Schauspielern faszinierte diese junge Frau so sehr, dass sie alle wichtigen und unwichtigen Dinge aufsaugte und es schaffte, dieses Wissen dezent, aber zielgerichtet einzusetzen. Auf diese Art machte sie sich innerhalb kürzester Zeit unentbehrlich. Ava Fisher behielt die Übersicht, selbst wenn andere schon in Tränen aufgelöst kurz vor einem Nervenzusammenbruch standen und hilflos dem täglichen Chaos in den Büroräumen gegenüberstanden. Da dies ein beinahe täglicher Zustand in diesem Büro war, hatte Ava beweisen können, dass sie Nerven aus Stahl hatte. Im Laufe der Jahre hatte sich zwischen Sumner und Ava eine gewisse Vertrautheit entwickelt, die schon mal darin Ausdruck fand, dass sie Sätze für ihn zu Ende sprach. Aber war es ein Wunder? Ava war sein Schatten. Sie wusste alles über ihn. Seine
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