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Error

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Titel: Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Stephenson
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eine andere Kabine und pinkelte. Sie konnte hören, wie Sokolow mit dem Daumen einen PDA oder so etwas bediente. Dann verließ sie die Kabine wieder, stellte sich vor ein Waschbecken und zog sich vollständig aus. Mithilfe eines Stücks Seife aus ihrer Umhängetasche und einer Rolle Papierhandtücher, die Sokolow ausgegeben hatte, wusch sie sich im Stehen. Dann – Scheiß drauf, Sokolow saß in der Falle – beugte sie sich vornüber und schäumte sich die Haare ein. Da das Ausspülen mit gewissen Schwierigkeiten einherging, nahm das Ganze einige Zeit in Anspruch. Als sie fast fertig war, zuckte sie beim Klang männlicher Stimmen ein wenig zusammen, doch ihr wurde schnell klar, dass Sokolow begonnen hatte, sich mit jemandem über eine Art Walkie-Talkie zu verständigen.
    Als Folge dieser Aktion würde ihr Haar ausgesprochen kraus werden, aber sich damit aufzuhalten, hatte wenig Sinn. Ein im Moment nutzloser Instinkt warnte sie, dass, falls Peter morgen ein Foto von ihr machte, der entsprechende Eintrag auf Facebook urkomisch und peinlich sein würde. Sie fragte sich, wie lange sie wohl darauf würde verzichten müssen, auf Facebook zu schreiben, ehe dieses Schweigen als solches ihre Freunde darauf hinweisen würde, dass etwas nicht stimmte. Dann fiel ihr wieder ein, dass es ihr gar nichts nützen würde, wenn irgendjemand das merkte.
    Hierin lag, wie ihr jetzt aufging, der Sinn der schwarzen Kapuze. Der Flughafen hatte vermutlich Videoüberwachung. Aber selbst wenn ihre Freunde und ihre Familie in der Lage wären, sie weltweit zur Fahndung ausschreiben zu lassen, könnten die Behörden von Xiamen ihr Gesicht im Bildmaterial ihrer Sicherheitskameras nicht finden.
    Zula zog sich saubere Sachen an, putzte sich die Zähne, raffte ihren ganzen Kram zusammen und rief: »Okay.« Sokolow kam aus der Kabine heraus. Sie gingen zurück in die Büroflucht. Hinter ihnen wurde das Kabelschloss wieder installiert. Zula hatte eine Tür gegenüber dem Aufzugvorraum bemerkt, die anscheinend zu einer Feuertreppe führte, und sie überlegte, wie viele Stufen sie wohl hinunterkäme, ehe ein Sicherheitsberater sie eingeholt hätte. Vermutlich waren die Männer darin geübt, Geländer zu überspringen oder Treppen mithilfe anderer Hochgeschwindigkeitstechniken hinunterzulaufen, von denen sie keine Ahnung hatte.
    In Seattle hatte Peter sie zu überreden versucht, an einem Parkour-Kurs teilzunehmen. Sie wünschte, sie hätte Ja gesagt.
    Mit ausgestreckter Hand erinnerte Sokolow Zula daran, wo ihr persönliches Büro lag, und sie hörte »Danke« aus ihrem Mund kommen, noch ehe ihr aufging, wie dumm das war.
    Der Büroraum hatte bodentiefe Fenster mit Aussicht aufs Inland; wenn sie mit dem Gesicht nah an die Scheibe ging, konnte sie allerdings auch in Richtung Wasser sehen. Das nächstgelegene Gebäude von vergleichbarer Höhe war einen knappen Kilometer entfernt, und sie schätzte, dass sie wohl irgendjemandes Aufmerksamkeit erregen könnte, wenn sie nackt vor dem Fenster tanzen oder ihren Lichtschalter zum SOS -Blinken in Morsezeichen benutzen würde. Da ihr Büro jedoch nach innen hin eine Glaswand besaß, wären solche Eskapaden auch den Sicherheitsberatern aufgefallen, die nur wenige Meter entfernt Kaffee tranken.
    So beschloss sie einstweilen, es tatsächlich einmal mit Schlafen zu versuchen, statt nach Nancy-Drew-Manier einen Fluchtplan zu schmieden. Und zu ihrer Überraschung wurde sie einige Zeit später von Peter aus dem Bett gescheucht. Wie gewöhnlich wusste sie die Uhrzeit nicht, aber draußen war es bereits heller Tag. »In zwanzig Minuten wir haben Meetink«, sagte Peter.
    Erneut machte sie einen Ausflug zur Toilette, wo sie nach demselben Verfahren überwacht wurde wie zuvor. Während sie vor dem Spiegel stand und ein anderes T-Shirt anzog, warf sie einen kurzen Blick auf ihr Spiegelbild, was aus irgendeinem Grund bewirkte, dass eine unwiderstehliche Welle von Kummer und Melancholie über ihr zusammenschlug. Sie drehte beide Wasserhähne auf, stützte ihre Handballen auf den Waschtisch und legte ihr ganzes Gewicht darauf, dann gestattete sie sich ein anfallartiges Schluchzen, das vielleicht noch eine halbe Minute andauerte.
    Zum Schluss spritzte sie sich Wasser ins Gesicht und sagte zu ihrem eigenen Spiegelbild: »Okay.«
    Sokolow hatte schon viel über Wahnsinn nachgedacht: Was er war. Seine Ursachen. Seit wann Iwanow darunter litt. Ob er Iwanows Verstand ganz und gar erobert hatte oder eher in Wellen kam und ging. Hin und

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