Error
Sokolow. »Um die Landung von Amphibienfahrzeugen zu verhindern. Kein Problem für uns. Solange wir uns nicht panzern.«
Humor. Sie war zu erschöpft, um ihn schätzen zu können. Als sie nach der Schießerei und der Explosion mit einem improvisierten Verband um den Kopf in ihre Wohnung zurückgekommen war, hatte sie vorgehabt, in ihr Bett zu kriechen und lange nicht wieder herauszukommen. Mit einiger Mühe und mit Sokolows Hilfe hatte sie sich dazu aufgerafft, einen Ausflug in das wangba zu machen und einen Notruf abzuschicken. Adrenalin hatte sie durch die Ereignisse der letzten Stunden getrieben. Sobald sie aber nun Boden unter den Füßen spürte und den Schwimm-oder-stirb-Modus verließ, brach alles zusammen. In den auslaufenden Wellen ließ sie sich auf alle viere fallen, nicht nur, um den Kopf unten zu halten, sondern weil sie glaubte, nicht mehr aufrecht stehen zu können. Wie ein prähistorischer Fisch, der sich mithilfe seiner schlaffen, rudimentären Flossen an Land schleppte, folgte sie Sokolow in immer seichteres Wasser und schließlich auf einen Sandstrand, der von riesigen Verteidigungsanlagen bewacht wurde: einer doppelten Reihe von Spitzen, die in Richtung Festland gebogen waren. Beim Näherkommen wurde ihnen klar, dass jede Spitze eine Eisenbahnschiene war, die man in einen großen Kübel Beton eingelassen und am Ende in schrägem Winkel abgeschnitten hatte, um sie schärfer zu machen. Aus dem Betonklotz ragte oben eine dicke Ringschraube, mit deren Hilfe die Klötze vermutlich aus einem Frachtkahn ausgeladen und, als Teil einer längst vergessenen Verteidigungspropaganda des Kalten Krieges, Stück für Stück hier eingelassen worden waren. Rost hatte den Stahl dünner werden lassen, während Bernakelmuscheln die Spitzen dicker gemacht und mit einer Kalkschicht überzogen hatten. Die Betonblöcke hatten sich in verschiedenen Winkeln gesenkt. Sokolow hatte recht, das war kein Hindernis für sie.
Zwei Meter hinter der Panzersperre trafen sie auf ein Gebiet, wo man hexagonale Blöcke im Sand versenkt hatte, anscheinend, um die Stranderosion aufzuhalten; so war ein etwa zehn Meter breiter, völlig uneben gepflasterter Streifen entstanden, der sich, so weit sie sehen konnten (was nicht sehr weit war), in beide Richtungen erstreckte.
Jenseits davon lag ein Strand wie jeder andere. Allerdings unter ihren Händen lebendig. Tausende kleiner Krebse, nicht größer als Käfer, krabbelten umher, verschwanden in bleistiftgroßen Löchern im Sand, kamen wieder daraus hervor.
Sokolow zischte ihr etwas zu, und sie bemerkte, dass sie sich zu weit vorgewagt hatte. Sie legte sich flach auf den Sand, froh über eine Gelegenheit, eine Pause machen und sich ausstrecken zu können, auch wenn sie nass war und fror. Er war ein paar Meter hinter ihr, so über die dunklen hexagonalen Blöcke drapiert, dass selbst sie, die wusste wo er war, ihn nicht sehen konnte.
So lagen sie ein paar Minuten, wartend und beobachtend. Olivia hatte, nachdem sie aus dem Wasser gekommen war, zu zittern begonnen, und das verstärkte sich jetzt krampfartig. Zum ersten Mal seit ihrem vierten Lebensjahr klapperten ihr buchstäblich die Zähne. Um das Geräusch zu unterbinden, machte sie den Mund weiter auf.
Mondlicht und langes, aufmerksames Hinschauen offenbarten, dass der Strand oberhalb von ihnen einem langen Glacis aus vermutlich sandigem Boden wich, der von niedrigem, mit gelben Blumen gesprenkeltem Laubwerk zusammengehalten wurde. Darüber ragte eine Reihe grober, klotziger Bauten auf, die vollkommen dunkel waren. Ein paar Hundert Meter von ihnen entfernt stand auf der linken Seite oberhalb des Strands ein kleines weißes Blockhaus mit einer Ansammlung von Antennen und Lichtern. Die Lichter zeigten jedoch nicht in ihre Richtung, und es war nicht sehr wahrscheinlich, dass man sie hier sehen könnte, wenn überhaupt jemand nach ihnen suchte.
Als Sokolow beruhigt war, glitt er von dem wirren Haufen hexagonaler Blöcke herunter und robbte auf den Ellbogen vor, bis er die Grenze zwischen bloßem Sand und dem gelben Blumenteppich erreicht hatte. Als er unter einem Stahlkabel hindurchkroch, das an einer Reihe von Pfosten entlang gespannt war, folgte Olivia ihm.
»Bleiben Sie zurück«, sagte er. Sie hielt vor dem Kabel an.
Er machte einen Liegestütz, zog die Knie unter sich, sodass er in der Hocke saß, nahm sein Messer und steckte es in den Sand. Kurz darauf zog er es heraus, bewegte sich zentimeterweise vorwärts und steckte es erneut
Weitere Kostenlose Bücher