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Error

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Titel: Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Stephenson
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sie.
    »Besser als ich, vermutlich«, sagte er. Er kroch nach hinten und kam kurze Zeit später mit zwei Rettungswesten zurück, von denen er ihr eine in den Schoß legte. Die andere zog er an und übernahm das Steuer, während sie seinem Beispiel folgte.
    Olivia hatte sich angewöhnt, sich Kinmen wegen der militärischen und politischen Grenze weiter entfernt vorzustellen, als es tatsächlich war; in seine Gewässer zu gelangen, ging jedoch so schnell, dass die beiden kaum ihre Rettungswesten festgezurrt hatten, als sie bereits in Schwimmnähe kamen. Sokolow nahm versuchsweise die Hände vom Steuerrad und stellte fest, dass das Boot so ausgerichtet war, dass es grundsätzlich weiter geradeaus fahren würde.
    Und so nickte er ihr irgendwann, viel früher, als ihr recht war, plötzlich zu, und sie nickte – da es von ihr erwartet zu werden schien – zurück. Sokolow drehte das Steuerrad so herum, dass das Boot mit dem Bug aufs offene Meer zeigte, nahm Olivias Hand und setzte einen Fuß aufs Dollbord. Mit seiner freien Hand packte er die Tasche, die er einige Zeit zuvor mit einer Rettungsweste versehen hatte. Noch ein wechselseitiges Nicken, und sie sprangen über Bord.
    Obwohl das Wasser für Meeresverhältnisse warm war, hatte Olivia im ersten Moment ein überwältigendes Gefühl von Kälte. Nachdem sie das überwunden hatte, fing sie an zu schwimmen.
    Sie schienen sich im Windschatten von Kinmen zu befinden. Die Wellen waren gar nicht so stark, kamen allerdings aus verschiedenen Richtungen und türmten sich plötzlich zu Wasserpyramiden auf, die ebenso plötzlich wieder in sich zusammenfielen. Sie versuchte einfach, sich am Mond zu orientieren und auf Teufel komm raus zu schwimmen. Ihre Hauptsorge war, dass sie von irgendeiner unsichtbaren Strömung ins Meer hinausgetrieben werden könnte, und tatsächlich gewann sie, als sie den Kopf aus dem Wasser hob, um einen Blick auf die Lichter der Insel zu werfen, den Eindruck, dass sie sich mindestens ebenso schnell seitwärts- wie vorwärtsbewegten. Sie interessierte sich nicht besonders für die Seefahrt, war aber Britin genug, um gleichsam per Osmose gewisse Vokabeln wie zum Beispiel »Stillwasser« aufgesogen zu haben, und sie war sich ziemlich sicher, dass genau dieser Zustand gerade herrschte: Das Wasser war auf seinem Tiefststand, weder auf- noch ablaufend, und bewegte sich kaum. Rund um Xiamen mündeten jedoch große Flüsse ins Meer, deren Wasser die Inseln umfließen musste, und damit gingen bestimmt auch Strömungen einher.
    Nach einigen Gefühlsschwankungen kam sie zu der Erkenntnis, dass sie noch gar nicht so lange im Wasser waren und sie dem Ganzen noch etwas Zeit geben und einfach weiterschwimmen musste. Sie und Sokolow kraulten beide, und wenn sie sich ausruhen wollten, gingen sie zum Rückenschwimmen über. Als sie in dieser Position beobachtete, wie ein Helikopter, während er mit einem Scheinwerfer die Wasseroberfläche absuchte, näher an Kinmen als an Xiang’an einige Runden übers Meer flog, mutmaßte sie, dass man ihr Boot auf dem Radar entdeckt hatte. Da war es normal, sich verletzlich, weithin sichtbar und schutzlos zu fühlen. Doch sie versuchte, sich vorzustellen, wie es sein musste, im Cockpit dieses Hubschraubers zu sitzen, mit vielen Quadratkilometern dunklem Wasser unter sich und einem gerade mal stecknadeldünnen Lichtstrahl. Wenn sie eine Schiffbrüchige wäre, die verzweifelt darauf hoffte, gesehen und gerettet zu werden, hätte sie längst den Glauben an diese Möglichkeit verloren; warum sich also darüber den Kopf zerbrechen?
    Sokolow streifte seine Rettungsweste ab und verschwand für etwa eine halbe Minute unter Wasser, dann kam er nach Luft schnappend wieder hoch. »Drei Meter, vielleicht«, sagte er, offenbar eine Schätzung der Wassertiefe. Das war Musik in ihren Ohren.
    Ungefähr eine halbe Stunde später streifte bei einem tiefen Kraulschlag etwas ihre Fingerspitze, und sie begriff, dass sie stehen konnte. Wahrscheinlich hätte sie schon vor einer Weile aufstehen können.
    Kurze Zeit später blickte sie auf das erstaunte Gesicht von Sokolow hinab, der auf dem Rücken schwamm. Er zog die Beine unter sich und machte mit einer Hand eine Geste, die eindeutig so viel hieß wie: Runter, Sie Idiotin!
    Nur die Köpfe über Wasser, kauerten sie sich hin und betrachteten, so gut es im schwachen Mondlicht ging, die Küste vor ihnen. Olivia hatte den Eindruck, als blickte sie durch die Zähne eines kaputten Kamms.
    »Panzersperren«, sagte

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